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Deutsche Arzneimittelversorgung in europäischer Perspektive (Neuausgabe der Pha

BERLIN (sw). Bei der Suche nach Möglichkeiten der Kostensenkung im Gesundheitswesen schaut die Politik auch ins benachbarte Ausland in der Hoffnung, dort bessere Möglichkeiten zu entdecken. Der Präsident der ABDA Ų Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Hans-Günter Friese, und der Geschäftsführer Wirtschaft und Soziales der ABDA, Dr. Frank Diener, stellten auf einer Pressekonferenz in Berlin am 6. April die Neuausgabe der "Pharma-Länder-Dossiers" vor, eine Untersuchung, die wesentliche Daten und Fakten der Arzneimittelversorgung sowie der Preisbildungs- und Erstattungsregelungen in den Ländern der Europäischen Union zusammenstellt.

Alle Länder Europas stehen vor dem Problem, dass die Kosten der Gesundheitsversorgung schneller als von ihnen politisch gewollt steigen. Das mag man dem pharmazeutischen und medizinischen Fortschritt zuschreiben. Trotzdem wird natürlich nach Möglichkeiten der Kostensenkung gesucht. Der Blick ins benachbarte Ausland geschieht auf der Suche nach niedrigeren Preisen, geringeren Distributionskosten, geringeren Ausgaben des Gesundheitssystems für Arzneimittel etc. – bei gleichbleibender Sicherheit und zunehmendem Service. Die vorgestellte Untersuchung fasst Fakten über die tatsächliche Situation der Arzneimittelversorgung in europäischen Ländern zusammen und räumt mit einigen Vorurteilen über die deutsche Arzneimittelversorgung auf.

Deutschland oft im Mittelfeld oder darunter

So zeigt sich, dass der Anteil der Arzneimittelausgaben an den gesamten Gesundheitsausgaben im europäischen Vergleich in Deutschland nicht, wie oft behauptet, ungewöhnlich hoch ist, sondern nur 12,2 % beträgt (nur drei EU-Mitgliedsländer liegen noch niedriger). Auch dem Vorurteil, die Preise von Arzneimitteln seien in Deutschland hoch, wird widersprochen – bei sorgfältiger Untersuchung des Gesamtmarktes sind sie keinesfalls überdurchschnittlich. Auch die Verteilungskosten für Arzneimittel liegen im EU-Mittel.

Es ist übrigens auch nicht zutreffend, dass Deutschland mit seinem Verbot des Versandhandels mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln rückständig sei, und dass die Kosten in Ländern mit Ketten- und/oder Versandapotheken geringer sind. Nur Großbritannien und die Niederlande erlauben den Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Schweden folgt demnächst.

Deutschland will am Versandhandelsverbot aus verschiedenen Gründen festhalten. Bei Zulassung des Versandhandels wären Arzneimittel laut E-commerce-Richtlinie Produkte wie jedes andere und würden nach dem Recht des Ursprungslandes versandt. Es bestünde die Gefahr der Unterlaufung der Verschreibungspflicht, die Arzneimittelsicherheit könnte nicht nach deutschem Recht gewährleistet werden, und der Versandhandel wäre auch nicht preiswerter. Hinzu kämen Probleme bei der Notdienstversorgung – der Versandhandel brauche länger, eine Versorgung wie beim Wochenenddienst der Apotheken sei unschlagbar und die Mehrheit der EU-Mitgliedsländer spreche sich für die Abgabe von Medikamenten durch den Fachmann an den Endverbraucher mit der entsprechenden Beratung aus.

Angemessenes Einkommen muss sein

Weiterhin wurde darauf verwiesen, dass der deutsche Staat zwar eine kostengünstige Arzneimittelversorgung der Bevölkerung will, gleichzeitig aber die Mehrwertsteuer bei Arzneimitteln im oberen Bereich liege, wenngleich Deutschland bei der allgemeinen Umsatzsteuer relativ weit unten angesiedelt sei.

Zum Vorwurf, die ABDA versuche durch Festhalten an bewährten Strukturen nur die Einkommen der heutigen Apothekenbesitzer zu schützen, betonte der Präsident, dass eine sichere, effiziente und schnelle Arzneimitteldistribution nur bei angemessenem Einkommen der daran Beteiligten gewährleistet werden kann. Im übrigen gebe es nur in zwei EU-Ländern (eines davon ist Deutschland) keine demografischen oder geografischen Niederlassungsbeschränkungen für die Neugründung einer Apotheke.

Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass das europäische Gesundheitssystem vielfältig ist, wobei das deutsche Apothekensystem mit seiner heilberuflich-freiberuflichen Ausprägung eher den Regel- als den Ausnahmefall darstellt. Die Verteilungssysteme der Nachbarn sind teilweise anders, aber häufig nicht kostengünstiger. Das deutsche System ist beispiellos sicher, schnell und auch kostengünstig.

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