Arzneimittel und Therapie

Interferon alfa-2a: Besser wirksam durch Pegylierung

Längst nicht alle Hepatitis-C-Patienten sprechen auf eine Behandlung mit Interferon alfa an. Die Verbindung des Interferons mit Polyethylenglykol könnte die Situation verbessern. In einer randomisierten Studie verdoppelte die Pegylierung die Viruseliminationsrate bei chronischer Hepatitis C. In einer anderen randomisierten Studie sprach sogar ein beachtlicher Teil der schwer behandelbaren Hepatitis-C-Patienten mit Zirrhose oder Fibrose auf hoch dosiertes Peginterferon alfa-2a (Pegasys) an.

Die Hepatitis C ist in den USA die häufigste durch Blut übertragene chronische Erkrankung. Das Hepatitis-C-Virus (HCV) wird meist bei der intravenösen Drogeninjektion übertragen. Durch das Screening von Blut und Blutprodukten ist die Post-Transfusions-Hepatitis viel seltener geworden.

In den meisten Fällen wird die Hepatitis C nie diagnostiziert. Noch seltener wird sie behandelt, obwohl sie doch bei einem Teil der Patienten zu Lebererkrankungen im Endstadium führt. HCV-assoziierte Erkrankungen sind heute einer der Hauptgründe für Lebertransplantationen.

Standardtherapie: drei Injektionen pro Woche

Die Standardtherapie der chronischen Hepatitis C bestand bislang aus drei subkutanen Injektionen von Interferon alfa pro Woche (Interferon alfa-2a als Roferon-A® Interferon alfa-2b als Intron A®). Studien zufolge verdoppelt die Kombination mit Ribavirin (Rebetol®) die Wirksamkeit von Interferon alfa. Aber selbst diese Kombination, die heute als Therapie der Wahl gilt, führt noch nicht einmal bei der Hälfte der Behandelten zu einer dauerhaften Viruselimination.

Ein Grund für die unzureichende Wirksamkeit des Interferons könnte seine kurze Halbwertszeit (etwa acht Stunden) sein, die zu stark schwankenden Plasmakonzentrationen führt. Daher zeigen Patienten, die dreimal pro Woche Interferon alfa erhalten, an den therapiefreien Tagen einen erneuten Anstieg der Viruslast.

Retardierte Form des Interferons

Vorteile verspricht man sich von einer retardierten Form des Interferons: pegyliertem Interferon alfa-2a (Peginterferon alfa-2a, Pegasys®). Es entsteht durch kovalente Bindung eines verzweigten Polyethylenglykol-Moleküls (relative Molekülmasse 40000) an ein Molekül Interferon alfa-2a. In dieser Form wird das Interferon verzögert resorbiert, langsamer ausgeschieden und hat eine längere Halbwertszeit, die eine einmal wöchentliche Gabe erlaubt.

Zwei randomisierte Studien

Die Wirksamkeit und Sicherheit von Peginterferon alfa-2a wurden in zwei randomisierten, multinationalen Studien mit Interferon alfa-2a verglichen:

  • einer Studie an 531 Patienten mit chronischer Hepatitis C,
  • einer Studie an 271 Patienten mit chronischer Hepatitis C und Zirrhose oder brückenbildender Fibrose der Leber.

Alle Patienten hatten zuvor noch kein Interferon erhalten. Die Hauptendpunkte der Studien waren die Viruselimination (kein Nachweis von HCV-RNS bei einer Nachweisgrenze von 100 Kopien/ml) und das biochemische Ansprechen (Normalisierung der Alaninaminotransferase-Serumkonzentration), beide 24 Wochen nach Behandlungsende gemessen.

Gute Wirkung gezeigt

In der ersten Studie litten weniger als 15% der Teilnehmer an Leberzirrhose oder Leberfibrose. Die Patienten bekamen 48 Wochen lang einmal wöchentlich 180 mg Peginterferon alfa-2a subkutan injiziert (n = 267) oder erhielten folgendes Interferon alfa-2a-Behandlungsschema: zwölf Wochen lang 6 Millionen Einheiten dreimal wöchentlich und weitere 36 Wochen 3 Millionen Einheiten dreimal wöchentlich subkutan injiziert (n = 264).

Die Intention-to-treat-Analyse ergab:

  • Am Behandlungsende zeigten mehr Patienten mit pegyliertem Interferon eine Viruselimination als mit unverändertem Interferon (69% gegenüber 28%).
  • Auch die dauerhafte Viruselimination (24 Wochen nach Behandlungsende) gelang mit dem modifizierten Interferon häufiger als mit unverändertem (39% gegenüber 19%).
  • Der biochemische Parameter der Hepatitis C, die Alaninaminotransferase-Serumkonzentration, hatte sich 24 Wochen nach Behandlungsende mit Peginterferon signifikant häufiger normalisiert als mit Standard-Interferon (45% gegenüber 25%).
  • Bei zwei Dritteln aller Patienten wurde 24 Wochen nach dem Behandlungsende eine erneute Leberbiopsie durchgeführt. Der Gewebe-Aktivitätsindex hatte sich bei 63% der mit Peginterferon gegenüber 55% der mit Standard-Interferon Behandelten verbessert.

Selbst in Untergruppen, in denen man mit Interferon alfa erfahrungsgemäß wenig ausrichten kann, zeigte pegyliertes Interferon alfa-2a beachtliche Erfolge: Bei 28% der Patienten mit dem ungünstigen HCV-Genotyp 1 und bei 45% der Patienten mit Leberzirrhose oder brückenbildender Leberfibrose gelang die dauerhafte Viruselimination.

Nebenwirkungen: Kopfschmerzen und Depressionen

Die Nebenwirkungen unterschieden sich nicht zwischen den Behandlungsgruppen. Kopfschmerzen, Müdigkeit, Fieber und Muskelschmerzen traten am häufigsten auf. Bei den schweren Nebenwirkungen dominierten psychische Erkrankungen, wie schwere Depressionen, Psychosen und Persönlichkeitsstörungen. Sie betrafen sechs Patienten mit Peginterferon und vier mit Standard-Interferon.

Wegen Nebenwirkungen oder veränderter Laborwerte musste Peginterferon bei 7% und Standard-Interferon bei 10% der Behandelten abgesetzt werden. Neutropenien und Thrombopenien erforderten in keinem Fall einen Therapieabbruch. Nur bei einem Patienten mit Peginterferon führte eine Anämie zum Therapieabbruch.

Demnach ist bei chronischer Hepatitis C Peginterferon alfa-2a, einmal wöchentlich subkutan injiziert, ebenso verträglich und wirksamer als nicht modifiziertes Interferon alfa-2a, dreimal wöchentlich subkutan injiziert.

Dauerhafte Erreger-Elimination bei 30% möglich

Die zweite Studie erfasste 271 Patienten, die zusätzlich zur Hepatitis C bereits eine Zirrhose (knapp 80%) oder eine brückenbildende Fibrose (gut 20%) hatten. Patienten mit solchen fortgeschrittenen Lebererkrankungen sprechen meist nur schlecht auf Interferon alfa an. Bei ihnen verschlimmert die Interferon-Behandlung oft die bereits vorhandenen Symptome und Laborwert-Veränderungen, wie Müdigkeit, Depressionen, Thrombopenie und Neutropenie.

In der Studie erhielten die Patienten randomisiert 48 Wochen lang subkutane Injektionen von:

  • 3 Millionen Einheiten Interferon alfa-2a dreimal wöchentlich (n = 88),
  • 90 mg Peginterferon alfa-2a einmal wöchentlich (n = 96) oder
  • 180 mg Peginterferon alfa-2a einmal wöchentlich (n = 87)

Die Intention-to-treat-Analyse ergab:

  • Die dauerhafte Viruselimination gelang bei 8% der mit Standard-Interferon Behandelten, bei 15% der niedrig dosiert und bei 30% der hoch dosiert mit Peginterferon Behandelten.
  • Die Alaninaminotransferase-Serumkonzentration normalisierte sich bei 15%, 20% bzw. 30% der Patienten.
  • Bei zwei Dritteln der Patienten wurde eine zweite Leberbiopsie durchgeführt. Der Gewebe-Aktivitäts-Index besserte sich bei 31%, 44% bzw. 54% der Patienten.

Der Unterschied zwischen Standard-Interferon und der hohen Peginterferon-Dosis war jeweils signifikant.

Alle drei Behandlungen wurden ähnlich gut vertragen. Lediglich Muskelschmerzen und Entzündungen an der Injektionsstelle traten unter der hohen Peginterferon-Dosis häufiger auf. Neutropenien erforderten bei keinem Patienten einen Therapieabbruch, Thrombopenien bei zwei Patienten mit Standard-Interferon, vier Patienten mit der niedrigen und zwei Patienten mit der hohen Peginterferon-Dosis.

Demnach kann pegyliertes Interferon auch bei Patienten mit chronischer Hepatitis C und fortgeschrittener Lebererkrankung mit gutem Erfolg eingesetzt werden. Einmal wöchentlich 180 mg Peginterferon alfa-2a erzielt höhere Ansprechraten als dreimal wöchentlich 3 Millionen Einheiten unverändertes Interferon alfa-2a. In weiteren Studien muss jetzt pegyliertes Interferon plus Ribavirin mit Standard-Interferon plus Ribavirin direkt verglichen werden.

Literatur: Zeuzem, S., et al.: Peginterferon alfa-2a in patients with chronic hepatitis. N. Engl. J. Med. 343, 1666-1672 (2000). Heathcote, E. J., et al.: Peginterferon alfa-2a in patients with chronic hepatitis C and cirrhosis. N. Engl. J. Med. 343, 1673-1680 (2000). Schafer, D. F., M. F. Sorrell: Conquering hepatitis C, step by step. N. Engl. J. Med. 343, 1723-1724 (2000).

Längst nicht alle Hepatitis-C-Patienten sprechen auf eine Behandlung mit Interferon alfa an. Die Umhüllung des Interferons mit Polyethylenglykol könnte die Situation verbessern. In einer randomisierten Studie verdoppelte die Pegylierung die Viruseliminationsrate bei chronischer Hepatitis C. In einer anderen randomisierten Studie sprach sogar ein beachtlicher Teil der schwer behandelbaren Hepatitis-C-Patienten mit Zirrhose oder Fibrose auf hoch dosiertes Peginterferon alfa-2a an.

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