DAZ aktuell

Schleswig-Holstein: Ärzte als Generikaunternehmer

FLENSBURG (tmb). Ideen für neue, ungewöhnliche und aus Apothekersicht meist unerfreuliche Gestaltungsformen der Arzneimittelversorgung gibt es immer häufiger zu verzeichnen. In Schleswig-Holstein wurde in den zurückliegenden Monaten - vom übrigen Bundesgebiet weitgehend unbemerkt - eine weitere Vorgehensweise realisiert, die vielen Apothekern äußerst problematisch erscheint.

Im nördlichsten Bundesland sind Ärzte indirekt in das Generikageschäft eingestiegen. Die Ärztegenossenschaft Schleswig-Holstein hält die Geschäftsanteile an der Generika-Vertriebsgesellschaft Q-Pharm AG. Diese wiederum vertreibt die Produkte der Generikahersteller juta-Pharm GmbH, anto-Pharm GmbH und mw-Pharm GmbH. Alle diese Gesellschaften haben ihren Sitz in Flensburg und sollen dänischen Eignern gehören. Der überwiegende Teil der vertriebenen Produkte stammt von der juta-Pharm.

Wie die Ärzte Zeitung schon im November 2000 aus Anlass der Gründung der Q-Pharm berichtete, wolle die Genossenschaft damit an den Gewinnen im Pharmasektor partizipieren und zugleich den Vertragsärzten Luft im Arzneimittelbudget verschaffen. Denn die Preise der Generika sollen stets im unteren Preisdrittel liegen. Gemäß Ärzte Zeitung soll auch geplant sein, dass sich Ärztenetze aus Schleswig-Holstein ohne den Umweg über die Genossenschaft an der Q-Pharm beteiligen können.

Rechtlich unangreifbares Konzept

Die Gewinne der Genossenschaft sollen dazu dienen, die Arbeit der in Schleswig-Holstein sehr zahlreichen Ärztenetze zu unterstützen. Doch wie bei jeder Genossenschaft sind natürlich auch Dividendenzahlungen an die Anteilseigner möglich, sofern Gewinne entstehen. Apotheker sehen in dieser Möglichkeit eine Partizipation der Ärzte an ihren eigenen Verordnungen. Die ärztliche Therapiefreiheit wäre in Hinblick auf eine - wenn auch indirekte - denkbare Gewinnbeteiligung eingeschränkt.

Die juristische Prüfung durch die Apothekerkammer Schleswig-Holstein ergab keine rechtliche Handhabe gegen diese Konstruktion. Denn Ärzte können natürlich auch Aktien großer börsennotierter Pharmaunternehmen kaufen und dann deren Produkte verordnen. So bleibt aus Apothekersicht die ethische Problematik, wenn Ärzte von ihren Verordnungen profitieren können.

Auf einer Kreisversammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein in Kiel am 7. März berichtete Kammerpräsident Ernst-Heinrich Wehle auch von einem Treffen mit dem KV-Vorsitzenden des Landes, Dr. Klaus Bittmann, der zugleich Vorsitzender der Ärztegenossenschaft ist. Dabei soll es jedoch nur zu einem Austausch der gegenseitigen Standpunkte zum Thema juta-Pharm ohne weitere Konsequenzen gekommen sein.

Bundesweite Expansion angestrebt

Allerdings scheint die tatsächliche ökonomische Bedeutung bisher sehr gering zu sein. Gut informierte Kreise sprechen von einem sehr geringen Umsatz der etwa 20 juta-Pharm-Generika in schleswig-holsteinischen Apotheken. Die Pläne des Unternehmens dürften aber weiter gehen. Denn anlässlich der Einführung der Generikapalette berichtete die Ärzte Zeitung im November von geplanten 70 Präparaten und bundesweiten Ambitionen.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.