Pharmakognosie

W. SchierVerfälschung von Arnika durch Alant-Arten:

Nicht zu Unrecht gelten die gelb blühenden Kompositen als "Crux Botanicorum". Sie auseinander zu halten und sicher zu erkennen, erfordert neben guten botanischen Kenntnissen auch ein genaues Hinsehen. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass diese leicht verwechselt werden. Arzneipflanzenbücher aus der Mitte des 19. Jahrhunderts nennen bereits dieselben Pflanzen, die auch heute noch als Verfälschung von Arnika nachgewiesen werden. An erster Stelle stehen immer wieder Alant-Arten, die darum auch zuerst besprochen werden sollen [1-10, 12-13].

Die Gründe für derartige Verwechslungen und Verfälschungen sind bekannt. In erster Linie ist es unzureichende Pflanzenkenntnis, durch die es beim Sammeln von Wildpflanzen dazu kommt. Aber auch bewusste Unterschiebungen und Beimengungen sind häufiger, als man denkt, besonders wenn Drogen selten oder schwer zu sammeln sind. Ansonsten gilt: Die meisten Sammler kennen die Pflanzen ihrer Umgebung sehr gut und wissen sie mit Erfolg therapeutisch einzusetzen [11].

Mikroskopie als Ergänzung zur DC

Leider werden heute Drogenuntersuchungen vielfach auf die leichte Schulter genommen. Man glaubt, durch ein schnell anzufertigendes DC der Vorschrift des Arzneibuches nach Prüfung auf Identität und Reinheit Genüge getan zu haben und auf eine mikroskopische Untersuchung verzichten zu können. Man sollte aber bedenken, dass eine Identfizierung einer Beimengung oder Verfälschung ausschließlich mit chromatographischen Methoden nur in den seltensten Fällen möglich ist. Vielmehr ist eine mikroskopische Untersuchung unverzichtbar.

Aus der Schweiz wurde ein Vorfall gemeldet, dass eine Frau einen "Gesundheitstee" getrunken hat und daraufhin Vergiftungserscheinungen auftraten. Es stellte sich heraus, dass der Tee, der angeblich nur aus Brennnesselblättern bestand, eine Verunreinigung aus Tollkirschblättern enthielt, was zu einer Atropin-Vergiftung geführt hatte [14].

Zubereitungen auch aus dem Kraut

Bei den Verfälschungen von Arnika, die im Folgenden besprochen werden, handelt es sich im Wesentlichen um Pflanzen, die Arnika sehr ähnlich sind und auch an den gleichen Standorten vorkommen. Da das Homöopathische Arzneibuch auch die Zubereitungen "Arnica montana ex planta tota" und "Arnica montana ex herba ad usum externum" aufführt [16], wurden auch das Arnikakraut und das Kraut der Alant-Arten in die Untersuchung mit einbezogen.

Ein Sonderfall ist die Aufnahme des Schwertblättrigen Alants (Inula ensifolia). Unter der Bezeichnung "Arnica montana" wurden solche Pflanzen in einem Supermarkt angeboten (Abb. 5 u. Abb. 6). Der Verfasser kaufte zwei solche Pflanzen und konnte sie als Inula ensifolia bestimmen. Nun mag es einem Hobbygärtner gleichgültig sein, ob der Name einer Pflanze in seinem Garten richtig ist oder nicht, er freut sich ganz einfach an der schönen Blüte. Bei einem Pharmazeuten aber schrillen die Alarmglocken. Wenn der Pflanzengroßhandel, also ein Fachbetrieb, eine Pflanze mit falschem Namen in den Handel bringt, dann ist der Weg zur Drogen-Verfälschung nicht mehr weit.

Vorkommen und Standorte der untersuchten Pflanzen

Arnica montana L. (Abb. 1):

Europa, nach Osten zu seltener werdend. Früher verbreitet, jetzt in weiten Gebieten erloschen. Daher unter Naturschutz gestellt [20]. Alpen bis Mittelgebirge. Frische Silicatmagerrasen, wechseltrockene Moorwiesen, kalkmeidend. Die schwierige Kultur ist zwar in den letzten Jahren gelungen, jedoch bleibt abzuwarten, ob sie sich auf Dauer bewährt.

Arnica chamissonis Less. (Abb. 2):

Vorkommen in fast ganz Nordamerika. An Bachufern. In Deutschland kultiviert. Im Deutschen Arzneibuch (Monographie "Arnikablüten") war die ssp. foliosa neben Arnica montana zugelassen [15], da die Inhaltsstoffe dieser Unterart denen von A. montana nahe stehen [21]. Seit dem Jahr 2000 ist diese Monographie von einer Monographie des Europäischen Arzneibuchs abgelöst worden, das als einzige Stammpflanze für Arnikablüten Arnica montana nennt [48].

Inula britannica L. (Abb. 3 u. 4):

Südskandinavien bis Südeuropa, Westasien. Verbreitet bis zerstreut, bes. in den großen Stromtälern. Mancherorts als "Arnika" bezeichnet und als solche in den Handel gebracht [31].

Inula ensifolia L. (Abb. 5):

In Deutschland erloschen, nur noch als Kulturpflanze (s. o.). Jetzt noch in Österreich, SO- und O-Europa bis Oberitalien, bis Mittel- und Südrussland. Trockenrasen, Abhänge, Gebüsche, Heiden. Meist trockene, warme ± steinige, kalkhaltige Böden.

Inula hirta L. (Abb. 7):

Elsass, Süd-, Mittel- und Osteuropa, bis Westsibirien, Kaukasus. Gebüsche, Waldränder, Heiden, trockene, warme und kalkhaltige, waldnahe Trocken- und Halbtrockenrasen, Trockengebüsche und ihre Säume, kalkhold. Verbreitet bis zerstreut.

Inula salicina L. (Abb. 8):

Vorkommen fast ganz Europa bis Kaukasus, Kleinasien. Wechselfrische, kalkhaltige Moorwiesen, Halbtrockenrasen, Gebüsche, Waldsäume. Zerstreut bis selten. Alle vorstehenden Angaben nach [26-39].

Vergleich der Blüten

Die Blütenstände der beiden Arnica-Arten und der vier Inula-Arten, die in diese Untersuchung einbezogen worden sind, werden in der Tabelle 1 mit ihren charakteristischen Unterscheidungsmerkmalen beschrieben. Tabelle 2 listet entsprechend die morphologischen Merkmale der Stängel und Blätter auf.

Danksagung: Der herzliche Dank des Verfassers gilt Herrn Dr. Buschbom, Botanischer Garten Würzburg, der Arnica chamissonis für die Untersuchung zur Verfügung stellte, sowie Herrn Priv.-Doz. Dr. Schultze, Hamburg, und Herrn Dr. Wedler, Bad Sachsa, die bei der Beschaffung der Literatur behilflich waren. Dank gebührt auch der Stadtbibliothek Bad Sachsa, Frau Bierwisch-Heise und Frau Böhm, für ihre Mühe bei der Beschaffung der alten Literatur.

Literatur [1] Chevallier, M. A.: Wörterbuch der Verunreinigungen und Verfälschungen der Nahrungsmittel, Arzneikörper und Handelswaren nebst Angabe der Erkennungs- und Prüfungsmittel. Frei nach dem Französischen von Dr. A. H. L. Westrumb. 1. Band. Vandenhoeck und Ruprecht's Verlag, Göttingen 1856, S. 54. [2] Wiggers, A.: Handbuch der Pharmacognosie. 5. Auflage, Vandenhoek und Ruprecht's Verlag, Göttingen 1864, S. 265-266. [3] Wigand, A.: Lehrbuch der Pharmakognosie. 2. Auflage, Verlag von August Hirschwald, Berlin 1874, S. 243-244. [4] Köhler's Medizinal-Pflanzen Atlas. Verlag von Fr. Eugen Köhler, 1887; Reprint Weltbild-Verlag, Augsburg 1997, S. 73-75. [5] Moeller J.: Lehrbuch der Pharmakognosie. Alfred Hölder, Wien 1889, S. 77. [6] Zörnig, H.: Arzneidrogen. I. Teil: Die in Deutschland, Österreich und der Schweiz offizinellen Drogen. Dr. Werner Klinkhardt Verlag, Leipzig 1909, S. 111-113. [7] Gilg, E.: Lehrbuch der Pharmakognosie, 1. 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