Arzneimittel und Therapie

Metastasierendes Kolonkarzinom: Oral applizierbares Capecitabin – gut wi

Capecitabin (Xeloda) ist ein orales Chemotherapeutikum zur Firstline-Therapie von metastasierendem Dickdarmkrebs. Die Vorteile der neuen Therapiemöglichkeit sind ein besseres Ansprechen des Tumors, eine verbesserte Verträglichkeit und eine erleichterte Einnahme.

Seit mehr als 40 Jahren werden zur medikamentösen Therapie von Dickdarmkrebs Fluoropyrimidine wie 5-Fluorouracil (5-FU) eingesetzt. Jetzt kommt mit Capecitabin ein oral zu verabreichendes Fluoropyrimidin-Carbamat auf den Markt, das innerhalb des Tumors auf enzymatischem Weg in seine Wirkform 5-Fluorouracil umgewandelt wird.

Im Vergleich zur Standardtherapie mit 5-FU und Calciumfolinat (Leucovorin) ist Capecitabin besser verträglich. Da Capecitabin in Tablettenform verabreicht wird, müssen die Patientinnen und Patienten im Vergleich zu einer intravenösen Therapie mit 5-FU die Klinik seltener aufsuchen und können mehr Zeit zuhause verbringen. Die Kombination mit Calciumfolinat ist nicht notwendig.

Wirkungsmechanismus: enzymatische Umwandlung in 5-FU

Das selbst nicht toxische Chemotherapeutikum Capecitabin ist ein oral applizierbares Prodrug, das nach seiner Aufnahme durch die Darmschleimhaut als intaktes Molekül auf enzymatischem Weg in drei Schritten aktiviert wird. Zuerst wird es in der Leber zu 5'-Desoxy-Fluorocytidin metabolisiert, dann durch das Enzym Cytidin-Desaminase, das vor allem in der Leber und im Tumorgewebe vorkommt, zu 5'-Desoxy-5-Fluorouridin umgewandelt. In einem letzten Schritt wird die Substanz zum zelltoxischen Zytostatikum 5-Fluorouracil abgebaut. An dieser Umwandlung ist vor allem das Enzym Thymidin-Phosphorylase beteiligt, das im Tumorgewebe in höherer Konzentration vorliegt als in gesunden Geweben. Dieses Enzym findet sich vor allem bei aggressiv wachsenden Tumoren mit einer schlechten Prognose.

Durch den spezifischen Abbau entsteht 5-FU in hoher Konzentration vor allem im Tumorgewebe, und die systemische Belastung bleibt gering. Die Konzentration im Tumor ist zehnfach höher als die im Plasma. Dadurch kommt es zu einer höheren Tumoransprechrate (Abnahme der Tumorgröße) und zu einem verbesserten Sicherheitsprofil im Vergleich zur Standardbehandlung mit einer hohen intravenösen Dosis 5-FU/Calciumfolinat.

Der Tumor spricht besser an

Capecitabin wurde aufgrund der Resultate aus zwei großen Studien, an denen weltweit mehr als 1200 Patientinnen und Patienten teilnahmen, zur Behandlung von metastasierendem Dickdarmkrebs zugelassen. In diesen Phase-III-Studien wurden Verträglichkeit und Wirksamkeit von oral verabreichtem Capecitabin mit der intravenösen Therapie aus 5-Fluoruracil und Calciumfolinat als Behandlung der ersten Wahl bei metastasierendem Dickdarmkrebs verglichen. Die Daten zeigen, dass unter der Therapie mit Capecitabin der Tumor im Vergleich zur derzeit angewendeten Standardtherapie (5-FU/Calciumfolinat) besser anspricht.

In der Capecitabin-Gruppe verkleinerte sich der Tumor bei 26% der Patienten, unter der herkömmlichen Kombinationstherapie nur bei 17%. Dabei ist Capecitabin hinsichtlich Fortschreiten der Krankheit und Gesamtüberleben der Standardtherapie mindestens gleichwertig.

Bei Patientinnen und Patienten, die zuvor eine begleitende Chemotherapie erhalten hatten, war die Verbesserung der Tumoransprechrate mit Capecitabin noch ausgeprägter (21% mit Capecitabin versus 9% mit 5-FU/Calciumfolinat). Bei 74% aller Patienten, die mit Capecitabin behandelt wurden, konnte der Tumor kontrolliert werden; das heißt, die Tumorgröße nahm ab oder das Tumorwachstum wurde aufgehalten, wobei bei 48% dieser Patienten die Krankheit stabilisiert, also das Tumorwachstum aufgehalten werden konnte. Die Zeitspanne bis zum Fortschreiten der Krankheit sowie die Überlebenschancen waren mit Capecitabin mindestens ebenso gut wie mit der 5-FU-Calciumfolinat-Standardtherapie.

Haarverlust und Stomatitis sind seltener

Die Daten zeigten auch, dass Capecitabin im Vergleich zur intravenösen Behandlung mit 5-FU und Calciumfolinat deutlich besser verträglich ist. Als einzige Nebenwirkung trat das Hand-Fuß-Syndrom, eine nicht bedrohliche Rötung und Schwellung der Handinnenflächen und Fußsohlen, häufiger auf als in der Chemotherapie-Vergleichsgruppe. Andere besonders problematische Nebenwirkungen, wie Diarrhö, Erbrechen, Haarverlust, Neutropenie und vor allem Stomatitis, waren seltener. Insgesamt mussten die Patienten mit Capecitabin auch seltener wegen der Nebenwirkungen stationär aufgenommen werden.

Es gibt eine Heilungschance

Capecitabin verbessert die Lebensqualität der Patienten, und Remissionen treten öfter auf. Das bedeutet, dass es den Patienten besser geht - allerdings leben sie nicht länger. Die vorübergehende Zurückdrängung des Tumors ist für diese Patienten bereits als großer Gewinn zu werten, besonders, wenn Häufigkeit und Schweregrad der Therapie-Nebenwirkungen reduziert werden können.

Aber es gibt auch Hoffnung für ein längeres Leben: In neuen Studien mit einer Kombinationstherapie aus 5-FU/Calciumfolinat und Oxaliplatin konnte etwa ein Drittel der Patienten mit metastasiertem Kolonkarzinom geheilt werden. Möglicherweise verbessern sich die Heilungschancen bei dieser Krebsart auch durch den Einsatz von Kombinationstherapien mit Capecitabin, beispielsweise mit Oxaliplatin oder Irinotecan.

EU-Zulassung zur Behandlung von metastasierendem Brustkrebs beantragt

Nebst der EU wurde Capecitabin kürzlich auch in Kanada, Australien, der Schweiz sowie in vielen weiteren Ländern für die Behandlung von metastasierendem Dickdarmkrebs zugelassen. Das Zytostatikum ist außerdem weltweit bereits in mehr als 50 Ländern für die Behandlung von Patientinnen mit metastasierendem Brustkrebs zugelassen. In der EU soll die Zulassung für diese Indikation demnächst beantragt werden. Möglicherweise kann Capecitabin auch bei anderen Tumoren eingesetzt werden, die auf Fluoropyrimidine empfindlich reagieren. Dazu gehören Magen- und Speiseröhrenkarzinom, Pankreas-, Leber und Gallengangkarzinome sowie Krebsformen des Zervix und der Prostata.

Kastentext: Kurz zusammengefasst - Capecitabin

Das oral verabreichbare Chemotherapeutikum Capecitabin wird auf enzymatischem Weg in drei Schritten aktiviert: Die Substanz wird vorwiegend innerhalb von Tumoren in das Zytostatikum 5-Fluorouracil (5-FU) umgewandelt. Hierbei wird die Aktivität des Enzyms Thymidinphosphorylase genutzt, die im Tumorgewebe höher ist als in gesunden Geweben. Dieser Wirkungsmechanismus soll zu der höheren Tumoransprechrate (Abnahme der Tumorgröße) und zum verbesserten Sicherheitsprofil im Vergleich zur Standardbehandlung mit einer hohen intravenösen Dosis 5-FU/Calciumfolinat beitragen. Die Studiendaten zeigen, dass unter der Therapie mit Capecitabin der Tumor im Vergleich zur derzeit angewendeten Standardtherapie (5-FU/Calciumfolinat) besser anspricht und dass Capecitabin hinsichtlich Fortschreiten der Krankheit und gesamthafter Überlebenschancen der Standardtherapie mindestens gleichwertig ist.

Kastentext: Dickdarmkrebs

Dickdarmkrebs (Kolonkarzinom) ist weltweit die vierthäufigste Krebsart und die dritthäufigste krebsbedingte Todesursache. Bei insgesamt 50% bis 60% der Patientinnen und Patienten mit Dickdarmkrebs führt die Krankheit schließlich zum Tod. Eine Heilung ist nur bei frühzeitiger Operation möglich. Die Prognose hängt vom Ausmaß der Metastasierung ab. Fast 20% der Patienten mit Dickdarmkrebs weisen zur Zeit der Diagnose bereits Metastasen auf.

Metastasierender Dickdarmkrebs gehört zu den aggressivsten und äußerst entkräftenden Krebsformen. Nach der Diagnose lebt der Patient im Durchschnitt noch ein halbes Jahr.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO litten 1997 mehr als 890000 Menschen an Dickdarmkrebs, und mehr als 525000 starben im selben Jahr daran. Allein in Europa kommen jährlich 190000 neue Fälle von Dickdarmkrebs dazu; und man geht davon aus, dass mehr als 100000 Patientinnen und Patienten im Jahr 2000 daran gestorben sind. In Deutschland muss man jährlich mit 55000 Neuerkrankungen pro Jahr rechnen, hier sterben jedes Jahr 29800 Menschen an diesem Krebs.

Quelle: Dr. Karl H. Schlingensief, Grenzach-Wyhlen, Dr. Bruno Osterwalder, Basel, Prof. Dr. Hans-Joachim Schmoll, Halle-Wittenberg; Pressekonferenz "Neue Therapiechancen bei Darmkrebs. Xeloda - das erste orale und tumorselektive Zytostatikum", Frankfurt/M., 20. Februar 2001, veranstaltet von Hoffmann-La Roche AG, Grenzach-Wyhlen.

Capecitabin (Xeloda) ist ein oral applizierbares Chemotherapeutikum zur Behandlung von metastasierendem Dickdarmkrebs. Die Vorteile der neuen Therapiemöglichkeit sind ein besseres Ansprechen des Tumors, eine verbesserte Verträglichkeit und eine erleichterte Einnahme.

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