Kommentar

Jahresgutachten der Sachverständigenrats: Wirtschaftweise kritisieren Sparpaket

Berlin (ks). Vergangene Woche hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sein neues Jahresgutachten vorgelegt. Auch dem Gesundheitswesen widmen die fünf Wirtschaftsweisen ein Kapitel. Unter der Überschrift "Unbefriedigende Entwicklungen im Gesundheitswesen" setzen sie sich unter anderem kritisch mit dem Arzneimittel-Sparpaket auseinander.

Die Abschaffung des Arznei- und Heilmittelbudgets trifft bei den Wirtschaftweisen im Grundsatz noch auf Zustimmung. Durch die bisherige Politik der sektoralen Budgetierung sei auch die sektorale Zergliederung des deutschen Gesundheitswesens verfestigt worden. Die Folge: Wirtschaftlichkeitsreserven, die durch übergreifende Versorgungsformen realisierbar wären, konnten nicht ausgeschöpft werden. Allerdings ist der Rat auch der Ansicht, dass die Aufgabe der Budgets zum falschen Zeitpunkt erfolgte, da kein besseres Ersatzinstrument geschaffen wurde. Nachdem angekündigt war, dass das Budget rückwirkend für das Jahr 2001 fallen sollte, meldete die Gesetzliche Krankenversicherung plötzlich Ausgabensteigerungen im Arznei- und Heilmittelbereich in Höhe von elf Prozent. Um dem entgegenzusteuern, entwarfen die Regierungskoalitionen rasch das Arzneimittelausgaben Begrenzungsgesetz (AABG).

Dieses Sparpaket, von dem sich Gesundheitsministerin Ulla Schmidt Einsparungen von rund zwei Milliarden DM verspricht, stößt auch bei den Wirtschaftweisen auf Kritik. Insbesondere haben sie wenig Verständnis für den "Freikauf" der forschenden Arzneimittelhersteller, die mit einer Einmalzahlung von 400 Millionen DM den vierprozentigen Preisabschlag auf nicht festbetragsregulierte Arzneimittel abwenden konnten. Wörtlich heißt es im Gutachten: "Die staatlich verordnete Preissenkung wäre wettbewerbsschädlich gewesen und hätte die Forschungstätigkeit im Arzneimittelbereich behindern können. Dass es aber zur Vermeidung einer solchen Regelung gleichsam zu einem Ablasshandel kommt, zeugt nicht von einem guten Politikstil." Insgesamt sei ein nachteiliger Staatseingriff lediglich durch einen anderen ersetzt worden. Statt die Probleme an der Wurzel zu packen, habe man nur die Symptome behandelt.

Auch die für 2003 geplante Positivliste und die damit verbundenen Hoffnungen auf Kosteneinsparungen betrachten die Wirtschaftsexperten skeptisch. Zwar müssten Patienten künftig für zweifelhafte Medikamente, die nicht auf der Liste stehen, selbst bezahlen. Es sei jedoch fraglich, ob diese Arzneimittel tatsächlich verordnet und nicht durch solche der Positivliste ersetzt werden. Etwaige Kostensenkungseffekte seien daher derzeit nicht abzusehen.

Gutachten des Sachverständigenrats

Das vollständige Gutachten ist unter www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de abrufbar.

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