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Gesetzliche Krankenversicherung: Krankenkassen in Finanznot

Berlin (ks). Das Defizit der gesetzlichen Krankenkassen hat sich im ersten Halbjahr 2001 auf über fünf Milliarden Mark erhöht. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt bestätigte diese Zahl vergangenen Donnerstag in Berlin. Eine Möglichkeit, höhere Beiträge kurzfristig zu verhindern, sieht die Ministerin derzeit nicht.

Rechnerisch bedeute das Defizit einen Anstieg der Beiträge um 0,2 bis 0,3 Punkte. Schmidt erwartet jedoch, dass sich die Situation im zweiten Halbjahr entspannt und sich das Defizit zum Jahresende nicht weiter erhöhen wird. Verantwortlich für den Anstieg sei vor allem die flaue Entwicklung am Arbeitsmarkt. Zudem hätten die Kassen schon länger erforderliche Beitragserhöhungen aus Wettbewerbsgründen zurückgehalten. Aber auch die Ausgaben für Medikamente seien weiter in die Höhe geschnellt. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete vergangene Woche, dass sie bei den Ersatzkassen in den alten Bundesländern um 15 Prozent, in den neuen Bundesländern gar um 19 Prozent angestiegen seien. Die gestiegenen Arzneimittelausgaben führt die Ministerin nicht auf die Abschaffung des Arzneimittelbudgets zurück: "Das klassische Budget hat nicht zu einer Senkung der Arzneimittelausgaben geführt." Die Regierung habe in den vergangenen Monaten gegensteuernde Maßnahmen ergriffen, die sich allerdings jetzt noch nicht in den Zahlen der Kassen niederschlagen könnten. So verwies Schmidt auf die neue Festbetragsregelung und die Arzneimittelvereinbarungen zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen.

Schmidt lehnt kurzfristige Steuerspritze ab

Schnell wirksame Maßnahmen gegen den Kostenanstieg könne sie derzeit nicht leisten, sagte die Ministerin. Zwar sei es durch den Einsatz von Steuermitteln kurzfristig möglich, die Kosten der Kassen zu reduzieren. Schmidt erklärte jedoch, sie "denke zur Zeit nicht über mehr Geld im System nach". Dies löse die strukturellen Probleme im Gesundheitswesen nicht. Zudem seien noch Wirtschaftlichkeitsreserven vorhanden, die zunächst ausgeschöpft werden müssten. Auch Leistungseinschnitte zum Zwecke der Kostenersparnis lehnt Schmidt ab. Eine weitergehende Stellungnahme behielt sich die Ministerin vor. Sie wartet zunächst auf die vollständigen Zahlen aller gesetzlichen Krankenkassen, die ihr in dieser Woche vorliegen werden.

Besonders hohes Defizit bei den Ersatzkassen

Das Defizit trifft im besonderen Maße die Ersatzkassen, deren Verlust sich auf ca. 2,9 Milliarden Mark beläuft. Allein die Barmer Ersatzkasse (BEK) muss ein Defizit von 975 Millionen Mark wegstecken. Dennoch zeigt man sich bei der BEK zuversichtlich, dass sich diese Zahl im Jahresverlauf nicht weiter erhöhen wird: Ein Pressesprecher sagte der AZ, die hohen Ausgaben seien auch darauf zurückzuführen, dass die BEK als Zahlerkasse beim Risikostrukturausgleich Abschlagszahlungen leisten musste. Man rechnet daher zum Jahresabschluss mit einer gewissen Relativierung.

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