Kommentar

Sachverständigenrat: Das Gesundheitssystem liegt im Argen

Berlin (ks). Der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen hat dem deutschen Gesundheitssystem massive Strukturmängel attestiert. Insbesondere die Versorgung chronisch Kranker sei unzureichend. Gründe hierfür seien langfristig gewachsene Fehlanpassungen des Systems sowie "partielle Fehlsteuerung durch die zuständigen Verbände der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen".

Der Sachverständigenrat hat Gesundheitsministerin Ulla Schmidt vergangenen Donnerstag den dritten Teil des Gutachtens zu "Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit" vorgelegt. Dieser beschäftigt sich mit Über-, Unter- und Fehlversorgung. Anhand von zehn beispielhaften Volkskrankheiten - darunter Diabetes, Koronarerkrankungen, Krebsleiden und Rückenschmerzen - wird die konkrete deutsche Vorsorgesituation analysiert. Diese zehn Krankheitsgruppen verursachen nahezu zwei Drittel der Krankheitskosten.

"Reparatur" des Patienten steht im Zentrum

Das gegenwärtige System werde dominiert durch eine "auf akute, episodenhafte und eindimensionale Krankheitsformen ausgerichtete Versorgung" bemängelte der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Prof. Dr. Friedrich W. Schwartz. Im Vordergrund stehe die "Reparatur". Soziale, psychische und biographische Bezüge chronisch Kranker fänden keine ausreichende Berücksichtigung. Zudem mahnte Schwartz Defizite in der Prävention an.

Keine Korrektur durch "Sofort-Reform" möglich

Die Probleme ließen sich jedoch nicht mit einer "Sofort-Reform aus einem Guss" korrigieren. Nötig sei eine "vielschrittige und langfristige Umsteuerung des Systems durch eine in ihren Zielen beständig angelegte Gesundheitspolitik" sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates. Keine Lösung verspricht man sich von kurzfristigen Finanzspritzen. Prof. Dr. Karl Lauterbach vom Sachverständigenrat betonte, die bestehende Ineffizienz dürfe nicht durch mehr Geld gestärkt werden. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt sieht sich durch das Gutachten in ihrer Politik bestätigt. Auch sie setzt auf eine schrittweise Vorgehensweise. Die Gesundheitsreform 2000 habe bereits Voraussetzungen für wesentliche Verbesserungen geschaffen. Zudem verspricht sie sich durch die rasche Einführung der Disease-Management-Programme eine gezielte und verbesserte Versorgung chronisch Kranker.

Mangelnde Kapazitäten in Ost-Deutschland

Besonderes Augenmerk legt die Ministerin auf die Feststellung des Sachverständigenrates, dass auch nach elf Jahren deutscher Einheit erhebliche Unterschiede in Ost- und West-Deutschland bestehen. Nach wie vor sei in den neuen Bundesländern die Versorgungsdichte bei den Gesundheitsberufen vergleichsweise gering.

Gutachten zum Arzneimittelmarkt folgt im November

Als "Addendum" zum vorgelegten Gutachten wird der Sachverständigenrat voraussichtlich im November Vorschläge zur Neuordnung des deutschen Arzneimittel-Marktes präsentieren. Hierbei wird es unter anderem um Fragen der Preisbildung, der Distributionswege und auch um den von der Gesundheitsministerin geplanten Arzneimittelpass gehen.

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