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W. Caesar:Pharmazeutische Biologie – Zukunft v

Die Ausbildung der Apotheker macht ebenso wie die ungewisse Zukunft einzelner pharmazeutischer Institute immer wieder Schlagzeilen in der pharmazeutischen Fachpresse. Dabei geht es sowohl um die Rolle einzelner Fächer innerhalb der Pharmazie als auch um die Stellung der Pharmazie insgesamt an den Universitäten. Um den gegenwärtigen Standort zu reflektieren und die Perspektiven ihres Faches zu erörtern, trafen sich Hochschullehrer aus Österreich, Deutschland und einigen Nachbarländern am 18. Februar im Pharmaziezentrum der Universität Wien. Unmittelbarer Anlass des Workshops war der 65. Geburtstag von Prof. Dr. Wolfgang Kubelka, dem Vorstand des Instituts für Pharmakognosie der Universität Wien.

Zwei Bezeichnungen, eine Bedeutung Das Thema des von der Gesellschaft für Arzneipflanzenforschung (GA) mit organisierten Workshops lautete: "Pharmakognosie/Pharmazeutische Biologie - Anforderungen an Forschung und Lehre in der Zukunft". Dabei haben die beiden Bezeichnungen des Faches keine unterschiedliche Bedeutung, was mehrere Referenten ausdrücklich betonten. Während die Österreicher aus Traditionsbewusstsein an dem älteren Terminus "Pharmakognosie" festhalten, setzte sich in Deutschland (teilweise auch in der Schweiz) seit den 70er-Jahren die Bezeichnung "Pharmazeutische Biologie" durch. So legte Prof. Dr. Johann Jurenitsch, Wien, dar, dass schon der Altmeister Alexander Tschirch vor etwa 100 Jahren unter dem Begriff "Pharmakognosie" die verschiedensten Aspekte der Wissenschaft von den Arzneidrogen natürlichen Ursprungs zusammenfasste und dass sich das Fach bis in die Gegenwart vor allem durch die Anwendung neuer Methoden weiter entwickelt habe, ohne sich dabei inhaltlich von seiner grundsätzlich Zielsetzung entfernt zu haben. In Deutschland dagegen versteht man Pharmakognosie einschränkend als einen Teil der Pharmazeutischen Biologie, der im wesentlichen die klassischen botanischen Methoden umfasst und insofern ein Komplement zur Phytochemie darstellt. Heute sind Biologie und Biochemie zwar in allen EU-Mitgliedstaaten innerhalb der Pharmazie etabliert, sie nehmen dabei aber einen sehr unterschiedlichen Stellenwert ein. Prof. Dr. Rudolf Bauer, Düsseldorf, skizzierte die Lage mit nackten Zahlen: Im Curriculum des Pharmaziestudiums schwankt der Anteil der biologischen Fächer zwischen 12 und 32%. Im Hinblick auf die angestrebte Harmonisierung der Ausbildung, die sich logischerweise aus der gegenseitigen Anerkennung der Approbationen ergibt, liegt in dieser Spannbreite ein erhebliches Konfliktpotenzial. Ferner wies Bauer darauf hin, dass die Biologie in einigen Ländern nur als Aufbaustudium für Pharmazeuten wirkliche Bedeutung habe und kaum als grundlegender Bestandteil der Pharmazie angesehen werde. In solchen Aufbaustudiengängen finde sich die Pharmazeutische Biologie mit Humanbiologie und Klinischer Biologie vereint, dagegen fehle die klassische Pharmakognosie.

Überlebensstrategie für ein gefährdetes Fach Prof. Dr. J. D. Phillipson, Emeritus für Pharmazeutische Biologie aus London, schilderte, wie seinem Fach in den 70er-Jahren der völlige Untergang drohte und wie es ihm und seinen Kollegen gelang, wenigstens an einigen pharmazeutischen Fakultäten dem Fach eine Nische zu erhalten ("survival") und es darüber hinaus wieder zu neuer Blüte mit internationaler Reputation zu führen ("revival"). Dass diesem Engagement einzelner Personen Erfolg beschieden war, liegt auch in dem britischen Ausbildungssystem für Pharmazeuten begründet. Die Lehrpläne für das Pharmaziestudium unterscheiden sich an einzelnen britischen Universitäten recht erheblich voneinander, weil sie dort individuell von der Fakultät erstellt und von der Universität gebilligt werden. Folglich schließt der Studierende auch mit einer akademischen Prüfung, nicht mit einem Staatsexamen ab. Erst nach der sich anschließenden praktischen Ausbildung unterziehen ich die angehenden Apotheker einer landeseinheitlichen Prüfung. Innerhalb des britischen Pharmaziestudiums sind biologische Themen gewöhnlich auf die Fächer Pharmacology, Biochemistry und Pharmaceutics verteilt. Ein Angebot von Pharmacognosy besteht nur an einzelnen Fakultäten. Wo dies der Fall ist, liegen die Schwerpunkte während des Grundstudiums auf folgenden Teilbereichen:  Wirkstoffe pflanzlichen Ursprungs,  Phytotherapie und traditionelle Arzneimittel,  moderne biogene Substanzen. Da die Stundenzahl sehr begrenzt ist (am King's College in London z.B. 69 Stunden), musste der Stoff auf das Allernotwendigste eingeschränkt werden, oder positiv ausgedrückt: Man hat auch manchen Ballast abgeworfen. Im vierten Studienjahr besteht die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Kursen zu wählen. Die Pharmazeutische Biologie am King's College bietet z.B. die Kurse Community Practice (Offizinpharmazie, Beratung über Phytopharmaka) und Drug Discovery (Industriepharmazie, Forschung) an. Dort entscheiden sich immerhin 25% der Studierenden für einen der beiden Kurse. Bemerkenswert ist, dass die Professoren auch einzelne Absolventen als Doktoranden für ihre Arbeitsgruppen gewinnen in der Forschung aktiv sind. So ist die britische Pharmazeutische Biologie auch auf internationaler Ebene immer präsent geblieben.

Pharmaforschung braucht die Kooperation Prof. Dr. Angelika Vollmar, die im letzten Jahr als Nachfolgerin von Prof.Dr. Hildebert Wagner den Lehrstuhl für Pharmazeutische Biologie an der Universität München übernommen hatte, stellte ihr Konzept zur Modernisierung des Faches Pharmazeutische Biologie vor. Nachdem sie ihre Stelle angetreten hatte, hatte sie erst einmal eine Umfrage unter den Kollegen anderer Fächer gemacht, was diese mit dem Begriff "Pharmazie" verbinden. Das Ergebnis sei niederschmetternd gewesen: Die Kollegen nehmen das Fach nicht als wissenschaftliche Disziplin, die Forschung betreibt, wahr, sondern nur als Unterrichtsfach zur Ausbildung von Apothekern. Das bedeutet: Die Existenz der Pharmazie an der Universität ist in Frage gestellt. Was die Pharmazeutische Biologie im Besonderen betrifft, so gab Frau Vollmar eine umfassende Bestandsaufnahme, die u.a. folgende Punkte enthielt:  Biogene Arzneistoffe werden immer wichtiger; innerhalb der Organismen können aber nur die Pflanzen als Domäne der Pharmazeuten gelten. In den Bereichen Mensch/Tier und Mikroorganismen geben Biochemiker und Pharmakologen den Ton an.  Die Pharmazeutische Biologie kann mit anderen biomedizinischen Fächern in der Forschung nicht konkurrieren; sie ist auf Kooperationspartner aus den Fächern Chemie, Mikrobiologie, Pharmazeutische Technologie, Biotechnologie, Botanik, Molekularbiologie, Pharmakologie und Klinische Medizin.  Die Herausforderungen dieser Forschung liegen sowohl in dem Gebiet der rationalen Phytopharmaka wie in der Aufgabe, die neuen Disziplinen der Genomik und Proteomik für die Entwicklung von Arzneimitteln einzusetzen. Phytopharmaka sollten die Domäne der Apotheker bleiben, während moderne "biologische Arzneimittel (z.B. rekombinante Proteine) erst noch eine Domäne der Apotheker werden sollten.  Pharmaziestudenten haben "kein Gefühl für Biologie". Das Wissen z.B. über Transkriptionsfaktoren und Vorgänge in der Zelle sei unzureichend. Bei allem Verständnis für die Erfordernisse der Lehre müsse sich die Pharmazie durch ihre Forschungen definieren, wenn sie ihren Platz an der Universität behaupten will. Dabei können die Forschungsinhalte von Ort zu Ort durchaus unterschiedlich sein. Schon mit einzelnen thematischen Schwerpunkten, die intensiv betrieben werden, werde man dem Anspruch einer Wissenschaft gerecht. Molekulare

Biotechnologie rettet die Pharmazie Das Kuriosum, dass die Pharmazie zunächst an der Universität gestrichen wurde und dann doch überlebt hat, berichtete Prof. Dr. Michael Wink von Heidelberg. Und zwar sicherte allein die Intensivierung der Forschung das Überleben. Die beiden Kriterien, die dafür in der Universitätsverwaltung anerkannt werden (ob zu Recht oder zur Unrecht, steht hier nicht zur Diskussion), sind  hoher Citation Impact, das heißt: hohe Resonanz von wissenschaftlichen Publikationen, gemessen an ihrer Zitierung in anderen Publikationen, und  die Höhe der Drittmittel; Wink nannte als Norm jährlich 0,5 bis 1 Million DM pro Lehrstuhl. Ohne interdisziplinäre Kooperation lassen sich diese Ziele nicht erreichen. Dazu gehöre auch, dass man gemeinsame Forschungsanträge stellt, um die gewünschten Mittel zu erhalten. Losgelöst von allem traditionellen "Kasteldenken" (Schubladendenken), skizzierte Wink, wie heute neue Therapeutika und - von zunehmend größerer Bedeutung – neue Diagnostika gewonnen werden (s. Abb. 1). Ausgangspunkte sind einerseits natürliche oder synthetische Substanzen (oder Substanzgemische), andererseits pathogenetisch relevante Zielstrukturen (Targets) für den Einsatz der Wirkstoffe. Der letztere Ansatzpunkt ist noch recht jung und bietet daher einen enormen Forschungsbedarf. Neue Targets lassen sich mit Hilfe von Genomik, funktionaler Genomik und Proteomik finden. Da die vollständigen Entschlüsselung des menschlichen Genoms absehbar ist, gewinnen neben der Genomik an sich die funktionale Genomik und die Proteomik an Bedeutung, das heißt: Es gilt herauszufinden, welche DNA-Abschnitte eine Funktion ausüben (man schätzt ihren Anteil auf nur 2%) und welche Rolle sie bei der Proteinsynthese spielen. Um die zukunftsträchtige Pharmaforschung mit den Erfordernissen der Ausbildung gemäß der Approbationsordnung in Einklang zu bringen, hat Wink in Heidelberg dem herkömmlichen Studiengang Pharmazie den neuen Studiengang Biochemie/Molekulare Biotechnologie an die Seite gestellt, der im Sommersemester 2000 startet und als modulares System strukturiert ist. Man kann diesen Studiengang sowohl als eigenständiges Fach studieren, in dem man das Grundstudium mit dem Titel "Bachelor of Science (BA)", das Hauptstudium als "Master of Science (MA)" abschließt, oder man kann ihn nach der Approbation als zweijähriges Aufbaustudium absolvieren, um auf diese Weise ebenfalls den Titel "Master of Science" zu erhalten. Während des Aufbaustudiums könne der Apotheker eventuell sogar schon mit der Promotion beginnen. Jedenfalls sei anzustreben, dass die Promotion vor Vollendung des 30. Lebensjahres erfolgt, weil danach die Chancen für eine Anstellung in der pharmazeutischen sinken. Für beide Studiengänge sind neun Lehrstühle eingeplant, von denen derzeit nur zwei besetzt sind. Es versteht sich, dass die freien Lehrstühle auf Grund des interdisziplinären Konzeptes nur teilweise mit Pharmazeuten besetzt werden. Die neun Lehrstühle verteilen sich auf vier Bereiche, die in Abbildung 2 wiedergegeben sind. Abschließend bemerkte Wink, dass die chemisch-pharmazeutische Industrie im Rhein-Neckar-Raum zumindest in den Bereichen Forschung und Entwicklung kaum Bedarf an Apothekern herkömmlichen Profils hat, dass dagegen ihre Nachfrage nach Wissenschaftlern, wie sie mit dem neuen Studiengang ausgebildet werden sollen, sehr groß sei. Es sei eine Kooperation vereinbart, die es den Studierenden ermögliche, schon während des Studiums Praktika in der Industrie zu absolvieren.

Rosige Zukunftsaussichten für die Phytochemie Als international bekannter Vertreter der Gesellschaft für Arzneipflanzenforschung entwarf Prof. Dr. A. J. Vlietinck, Antwerpen, ein Szenario "Phytochemistry in the era 2000". Als Schwerpunkte der pharmazeutisch ausgerichteten Phytochemie, die sich auch im Curriculum der Pharmazie widerspiegeln müssen, nannte er:  Ökologische Chemie, das heißt: Interaktionen zwischen Pflanzen und Pflanzen, zwischen Pflanzen und Insekten usw., immer im Hinblick auf die Produktion oder die Funktion von Sekundärstoffen.  Biotechnologie zur Optimierung der Wirkstoffproduktion in Zellkulturen.  Chemotaxonomie zur besseren Chrakterisierung und Identifizierung von Arzneipflanzen und anderer Drogenlieferanten.  Automatisierung von Prozessen, z.B. der Strukturaufklärung von Pflanzeninhaltsstoffen mit Hilfe von Substanzbibliotheken ("Library of natural products"). Da die Grenze zwischen Arzneimitteln und Lebensmitteln einer breiten Übergangszone gleicht, habe die Phytochemie auch für diese speziellen Bereiche eigene Schwerpunkte gebildet. So wurde in Antwerpen für "Nutraceuticals" und "Functional Food" ein Lehrstuhl für Bromatologie errichtet. Im Hinblick auf die Rahmenbedingungen für Phytopharmaka in der Europäischen Union äußerte sich Vlietinck befriedigt, dass die "Ad-hoc working group on Herbal Medicinal Products" bei der Zulassungsbehörde EMEA in London nun in eine "permanent working group" umgewandelt worden sei. Er schloss sein Statement mit einem optimistischen Blick in die Zukunft: Solange Pflanzenprodukte als Arzneimittel registriert oder zugelassen sind, werde die Pharmakognosie auch an den Universitäten fortbestehen.

Großer Forschungsbedarf für traditionelle Phytopharmaka Im Zentrum der Pharmazie steht der Arzneistoff, der individuell durch Herkunft, stoffliche Beschaffenheit und biochemische Eigenschaften charakterisiert ist und entsprechend zu analysieren ist. Dieses überkommene Bild der Pharmazie unterliegt jedoch einem aktuellen Wandel. Neben den Arzneistoff ist der Patient in den Fokus getreten. Die Patienten-orientierte Pharmazie zeigt sich an Begriffen wie Sozialpharmazie, Klinische Pharmazie und Pharmaceutical Care. Auch die Tatsache, dass in der anstehenden Neufassung der Approbationsordnung erstmals das Fach Humanbiologie in das Curriculum aufgenommen werden soll, kennzeichnet den Trend. Darauf wies Prof. Dr. Adolf Nahrstedt, Münster, in seinem Referat hin. Nahrstedt sprach offen die schon von den Vorrednern angedeutete Befürchtung aus, der Pharmazieprofessor könne zu einer Art Oberstudienrat im Hochschuldienst verkommen, um sich sachlich mit diesem Schreckgespenst auseinanderzusetzen. Er befürwortete einerseits ein modulares Ausbildungskonzept mit verschiedenen Qualifikationsstufen, die wiederum zu unterschiedlichen pharmazeutischen Berufen von der PTA bis zum Industrieapotheker führen (Tab. 1); andererseits sah er aber nicht die Gefahr, dass der Hochschulpharmazie die Forschungsthemen ausgehen könnten. Für die Pharmazeutische Biologie gelte: Solange die Patienten den Wunsch haben, Naturheilmittel zu verwenden, sei die Universität indirekt beauftragt, durch unabhängige Forschung die Qualität der Phytopharmaka sicherzustellen; diese Aufgabe dürfe man nicht allein den Herstellern überlassen. Innerhalb der Pharmazeutische Biologie solle man in Zukunft zweispurig fahren. An jedem Institut solle  sowohl die traditionelle Phytopharmakaforschung, die sich auf Morphologie/Anatomie, Physiologie, Systematik und Phytochemie stützt,  als auch die moderne Forschung an Mikroorganismen und transgenen Organismen, für die z.B. Proteinchemie, Genetik und Gentechnik vorrangig sind, präsent sein. Es gehe nicht an, dass das eine Gebiet zugunsten des anderen völlig vernachlässigt werde. Nahrstedt kritisierte, dass die Pharmaziestudierenden in Zukunft eine weniger gründliche Ausbildung in Chemie erhalten sollen, denn diese sei eine gute Basis für die gesamte Pharmazie. Er teilte nicht die Einschätzung vieler Biomediziner (seine Vorredner eingeschlossen), dass Makromoleküle die Arzneistoffe der Zukunft seien. Kleine Moleküle hätten auf Grund ihrer chemischen Eigenschaften viele Vorteile, z. B. bei der Applikation. So seien (kleine) Peptidomimetika für die Therapie aussichtsreicher als originale Peptide. Nahrstedt stellte fest, dass auf dem Gebiet der traditionellen Phytopharmaka noch ein beachtlicher Forschungsbedarf bestehe. Vor allem gelte es, die Stoffinteraktionen und die Pharmakokinetik stärker zu erforschen. Auch in klinische Studien von pflanzlichen Zubereitungen sollten in Zukunft Pharmazeutische Biologen mit einbezogen werden. Denn nur diese können gewährleisten, dass bei den komplexen Vielstoffgemischen über den gesamten Prüfzeitraum hinweg immer das gleiche Präparat verabreicht werde. Umfrage unter Professoren Prof. Dr. Brigitte Kopp, Wien, stellte die Ergebnisse einer europaweiten Umfrage unter Universitätslehrern im Fach Pharmakognosie/Pharmazeutische Biologie vor. Ausgewertet wurden 120 Fragebogen, darunter 84 aus Westeuropa im weiteren Sinne (EU-Mitgliedstaaten, Norwegen, Schweiz, Kroatien) und 34 ostmittelund südosteuropäischen Staaten von Polen bis zur Türkei. Deutschland war mit 25 Fragebogen (21%) vertreten. Gegenstand der Umfrage war sowohl eine Bestandsaufnahme der Lehre als auch eine Einschätzung der zukünftigen Entwicklung. Insgesamt wurde nach 56 Themen gefragt, die folgenden Gebieten zuzuordnen sind (Anzahl in Klammern):  Biologie für Pharmazeuten (7),  Allgemeine Biochemie (15),  Mikrobiologie (4),  Biogene Drogen (12),  Phytopharmaka (2),  Qualität biogener Drogen (2),  Weitere Themen (14). Obwohl von Land zu Land die Curricula im Umfang erheblich voneinander abweichen, fallen die Unterschiede bei der Präsenz der Themen eher gering aus. Auch teilt die große Mehrheit der Professoren (oft 80%) die Einschätzung, dass die betreffenden Themen auch in Zukunft wichtig sein werden. Deutschland setzt einen gewissen Akzent bei den Themen Molekularbiologie und Gentechnologie. In den östlichen Staaten sind die Kultivierung von Arzneipflanzen sowie Zell- und Gewebekulturen von relativ großer Bedeutung. In der anschließenden Diskussion wurde angeregt, entsprechende Umfragen auch in der Industrie und bei den Apothekerkammern durchzuführen. Arzneibücher als Basis der Pharmazie Die amtlichen Arzneibücher sind gesetzlich vorgeschriebene, in der Apotheke präsente Regelwerke. Als Mitglied der DAB- und EuABKommissionen stellte Prof. Dr. Gerhard Franz, Regensburg, klar, dass schon allein auf Grund der Existenz dieser Arzneibücher bestimmte Anforderungen an die Ausbildung des Apothekers in Pharmazeutischer Biologie zu stellen sind. Er unterteilte die Geschichte des DAB in drei Abschnitte:  ab 1872 frühgeschichtliche Periode (DAB 1 bis 5),  ab 1926 historische Periode (DAB 6 bis 9),  ab 1991 gegenwärtige Periode (DAB 10 ff.). Erst seit dem DAB 10 bzw. dem EuAB 1 sind die Drogenmonographien deutlich strukturiert mit den Kapiteln "Definition", "Eigenschaften", "Prüfung auf Identität", "Prüfung auf Reinheit", "Gehaltsbestimmung" und "Lagerung". Aus den Monographien ist abzuleiten, dass der Apotheker u.a.  die Termini technici der Botanik beherrschen,  mikroskopische Untersuchungen durchführen können und  und die Dünnschichtchromatographie routinemäßig einsetzen können muss. Der Apotheker muss aber auch die Grundlagen der Gaschromatographie erlernen, obwohl diese in der Offizinapotheke keine Rolle spielt. Franz sagte voraus, dass in Zukunft neben den pflanzlichen Rohdrogen auch definierte pflanzliche Extrakte mit Mindest- und Maximalgehalten bestimmter Inhaltsstoffe offizinell sein werden - als Entwurf einer europäischen Monographie liegt z.B. "Ginkgo extractum siccum normatum" vor. Auf diesem Gebiet wird also ein Schwerpunkt der analytischen Tätigkeit des Apothekers liegen.

Partnerschaft von Pharmazie und Medizin Der als langjähriger Vorsitzender der Gesellschaft für Phytotherapie bekannte Prof. Dr. Dr. Fritz H. Kemper, Münster, gab ein Statement für den europäischen Dachverband ESCOP (European Scientific Cooperative on Phytotherapy) ab. Kemper sprach den Pharmazeutischen Biologen seinen Dank dafür aus, dass sie mit ihren Forschungen die Phytotherapie zunehmend auf eine rationale Grundlage stellen. Es sei das Ziel der ESCOP, auch die Zusammenarbeit mit Pharmakologen und Klinikern, die der Phytotherapie meist mit Ignoranz begegnen (wie z.B. die Verfasser des Arzneiverordnungs-Reports), zu verbessern. Zudem schätze die ESCOP die Forschung bestimmter Arzneimittelhersteller; die drei obersten Prinzipien der Forschung – "excellence, independence, transparancy" – seien jedoch in dieser Kombination am ehesten an den Universitäten anzutreffen. Kemper grenzte die rationale ("allopathische") Phytotherapie von der Homöopathie und Anthroposophie ab. Auch mit Pharmaka könne man eine evidence-based medicine betreiben, wenn die Angaben zur Indikation und Dosierung entsprechend begründet sind. Zu diesem Zweck erstellt die ESCOP Monographien von Arzneidrogen, die sich formal an den Monographien der Kommission E beim ehemaligen Bundesgesundheitsamt orientieren. Bezüglich der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses forderte Kemper, schon im Studium die Weichen für eine gleichberechtigte Partnerschaft von Pharmazeuten und Medizinern zu stellen. In beiden Fächern gelte es, Schlamperei und Opportunismus zu verhüten. Apotheker als Arzneimittelfachmann Für die österreichischen Apotheker sprach Dr. Christiane Körner, Vizepräsidentin der Apothekerkammer. Ihrer Meinung nach benötigt der Offizinapotheker ein breites Grundwissen und dementsprechend eine vielfältige Ausbildung. Er sei kein Spezialist, ebensowenig wie der praktische Arzt; Spezialkennntnisse, die in der Industrie oder der Forschung erforderlich sind, sollten nach dem Regelstudium erworben werden. Der Apotheker sei im Bereich der Phytopharmaka der Arzneimittelfachmann schlechthin, weil Phytotherapie und Phytopharmakologie kein Bestandteil des Medizinstudiums sind. Er müsse dem Informationsbedürfnis Informationsbedürfnis der Bevölkerung gerecht werden und dürfe das Vertrauen, das der Kunde gerade bei Phytopharmaka in ihn setzt, nicht enttäuschen. Auch bei viel beworbenen Modedrogen (z.B. Pu-Erh-Tee), die nicht der Apothekenpflicht unterliegen, sei das sachliche, unabhängige Urteil des Apothekers gefragt. Um seinen gesellschaftlichen Auftrag erfüllen können, müsse der Apotheker auch nach dem Studium den Kontakt zur Universität pflegen. Die österreichische Apothekerkammer plant deshalb den Aufbau eines "Intranet", in dem neueste Forschungsergebnisse direkt von den Universitäten zu dem Apotheker "an der Tara" (in der Offizin) fließen. Forschung muss sich lohnen Aus der Sicht der Phytopharmakahersteller gaben Prof. Dr. Michael Popp, Neumarkt, und Dr. Klaus Peter Schwabe, Karlsruhe, ihre Statements ab. Generell erfreuen sich Phytopharmaka einer guten Akzeptanz, die auch international zunimmt, doch reagiert der Markt sensibel auf Störungen oder auf dirigistische Eingriffe. So stagnierte 1999 der Phytopharmakamarkt der USA, nachdem er seinen Umsatz von 1993 bis 1998 verdoppelt hatte, weil (großenteils berechtigte) Warnungen vor schlechter Qualität der Präparate die Verbraucher verunsicherten. In Deutschland wiederum kann die geringere Verordnung so genannter umstrittener Arzneimittel nur zum Teil durch größeren OTC-Verkauf ausgeglichen werden. Die Etikettierung als "umstritten" sei umso mehr abzulehnen, als gerade hochpreisige Synthetika oft unkritisch verschrieben werden. Erfreulicherweise ist bei den Krankenkassen jedoch in jüngster ein gewisser Gesinnungswandel festzustellen, der dazu geführt hat, dass ein Modellversuch der Therapie mit Phytopharmaka konzipiert wurde (siehe DAZ 8, S. 21). Der Forschungsbedarf ist auch nach Meinung der forschenden Phytopharmakahersteller sehr groß. Sie bearbeiten insbesondere die Themen Arzneipflanzenanbau (auch Entwicklung und Patentierung neuer Sorten),  Analytik der Arzneidrogen (auch qualitative und quantitative Auswirkungen von Ernte und Trocknung auf die Inhaltsstoffe),  präklinische Forschung mit Extrakten bzw. Wirkstoffgemischen. Da neuerdings in den USA, in Hongkong und Taiwan neue Technologieparks zur Produktion hochwertiger Phytopharmaka entstehen, sei der Vorsprung Deutschlands auf diesem Gebiet möglicherweise gefährdet. Schwabe bat um Verständnis dafür, dass ein Hersteller in erster Linie Ökonom ist und erwartet, dass sich seine Investitionen auszahlen. Wenn die innovative Forschung keinen Gewinn bringt, sei es für das Unternehmen besser, das Geld in das Marketing zu investieren. Es ist daher ein großes Anliegen der forschenden von der Gesellschaft honoriert werden. Zwar ist es nicht möglich, Naturstoffe zu patentieren, aber wer für einen Naturstoff einen erfolgreichen Wirksamkeitsnachweis geführt hat, müsste irgendwie die Möglichkeit erhalten, aus diesem der Allgemeinheit mitgeteilten Wissen einen adäquaten Gewinn zu ziehen. Konkrete Vorschläge dazu hat die Industrie freilich noch nicht vorgelegt. Kontinuität im Wandel Prof. Dr. Johann Jurenitsch, Wien, zog abschließend aus den vielen Beiträgen folgenden "Extrakt". Die Pharmakognosie/Pharmazeutische Biologie werde Bestand haben und sich weiter entwickeln wie seit jeher. Unbeständig seien dagegen die Strukturen an den Universitäten. Nicht zuletzt wegen der schnellen Entwicklung immer neuer Methoden gerate das Fach schnell an seine Kapazitätsgrenze. Wann immer es nicht möglich ist, sich eine wichtige neue Methode anzueignen, müsse man die Kooperation suchen. Sofern noch nicht geschehen, müsse das Fach seine Isolation in der "scientific community" aufgeben. Andernfalls gehöre es in Zukunft nicht mehr dazu.

Um den gegenwärtigen Standort der pharmazeutischen Biologie zu reflektieren und die Perspektiven des Faches zu erörtern, trafen sich Hochschullehrer aus Österreich, Deutschland und einigen Nachbarländern am 18. Februar im Pharmaziezentrum der Universität Wien zu einem Workshop. Fazit: Das Fach hat seine Daseinsberechtigung an der Universität, aber es bedarf einer strukturellen Erneuerung.

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