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Qualitätsmanagement: Qualitätsstandards – umstrittener Schlüssel zum er

WÜRZBURG (tmb). Die Qualitätsstandards der Bundesapothekerkammer entwickeln sich zum entscheidenden Schlüssel für die Zukunft des Qualitätsmanagementsystems (QMS) in deutschen Apotheken. In DAZ 5 wiesen wir bereits auf die Hint ergründe zu diesem Instrument hin. Auf einer Tagung der Fachgruppe Allgemeinpharmazie der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) am 19. und 20. Februar in Würzburg wurden erstmals Details zu deren Inhalten in der Öffentlichkeit vorgestellt. Über den Entwicklungsprozess der Standards und mögliche Konsequenzen wurde zum Teil kontrovers diskutiert.

Dr. Christiane Eckert-Lill, ABDA, erinnerte an die Beschlusslage der ABDA von 1997 zur QMS-Thematik. Danach ist das QMS für Apotheken freiwillig. Es fällt in die Verantwortlichkeit der Berufsorganisationen, die ein apothekenspezifisches System gestalten sollen, um der Fremdbestimmung vorzubeugen. Außerdem wurde damals die ABDA beauftragt, bundesweit gültige Qualitätsstandards zu entwickeln.

In der Folge wurden Modellversuche gestartet, von denen das Projekt der Kammer Niedersachsen den weitaus größten Erfolg hatte. Hieran lehnen sich jüngere Entwicklungen wie in Westfalen-Lippe und Bayern an, die sich inzwischen auf eine ABDA-Mustersatzung stützen können.

Geplante Qualitätsstandards

Doch werden dort nur Minimalbedingungen für die Zertifizierung vorgeschrieben. Ein Anspruch auf "Exzellenz" wie im Rahmen der EFQM-Kriterien oder ähnliche Maßstäbe für die Ergebnisqualität sind damit nicht verbunden. Daher sollen die Qualitätsstandards der ABDA ein inhaltliches Mindestniveau beschreiben und sicherstellen. Deren Inhalte sollen praktikabel sein und den Stand der Wissenschaft und Technik bzw. der rechtlichen Regeln zusammentragen und beschreiben. Sie sind damit als Hilfestellung für die Gestaltung von individuellen Prozessen in der Apotheke gedacht.

Derzeit arbeite die ABDA an Qualitätsstandards zu folgenden Themen:

  • Beschaffung und Wareneingang von Ausgangsstoffen und Primärpackmitteln
  • Prüfung und Lagerung von Ausgangsstoffen
  • Prüfung und Lagerung von Primärpackmitteln
  • Herstellung und Prüfung nichtsteriler Rezeptur- und Defekturarzneimittel
  • Prüfung von Fertigarzneimitteln
  • Abgabe von Arzneimitteln in der Selbstmedikation
  • Abgabe von Arzneimitteln auf ärztliche Verordnung
  • Pharmazeutische Betreuung (speziell bei Asthma)
  • Verfahren bei Arzneimittelrisiken
  • Physiologisch-chemische Untersuchungen
  • Herstellung und Prüfung steriler parenteraler Zubereitungen.

    Den konzeptionellen Aufbau solcher Standards beschrieb Rosemarie Eifler-Bollen, ZL. Demnach gliedert sich ein Standard in Abschnitte über Zweckbestimmung und Geltungsbereich, regulatorische Anforderungen, Zuständigkeiten und den eigentlichen Qualitätsstandard, der in Form eines Flussdiagrammes dargestellt wird. Ein Anhang kann zusätzliche Erläuterungen und eine Liste mit Empfehlungen für mögliche Arbeitsanweisungen enthalten. Erst auf dieser Ebene werden Details der Arbeitsabläufe beschrieben, so dass hierzu nur Empfehlungen ausgesprochen werden. Hier wird ggf. auch auf Leitlinien von Fachgesellschaften verwiesen.

    Struktur für den Rezepturprozess

    Als Beispiel stellte Eifler-Bollen den Entwurf für den Rezepturstandard vor, der sich grob in zehn Schritte gliedert. Neben der eigentlichen Zubereitung gehören hierzu beispielsweise die Beurteilung des therapeutischen Konzeptes auf Plausibilität und Anwendungsdauer, Hygiene- und Arbeitsschutzmaßnahmen, In-Prozess- und Endkontrolle, Abfüllung und Kennzeichnung.

    Jeder dieser Schritte wird inhaltlich weiter präzisiert. So gehören zur Beurteilung des Rezepturkonzeptes beispielsweise die Prüfung der Dosierung und der Applikationsform sowie Überlegungen zu bedenklichen Arzneimitteln. Außerdem sind mögliche Inkompatibilitäten und die Konservierung zu beachten. Zur Kennzeichnung gehören neben den Kriterien gemäß Apothekenbetriebsordnung präzisere Angaben zur Aufbrauchfrist nach NRF, die Angaben zu Konservierungsstoffen gemäß Europäischem Arzneibuch sowie eine Gebrauchsanweisung für den Patienten.

    Dynamik ist unverzichtbar

    Eifler-Bollen betonte, dass ein QMS ein dynamisches System sein soll, das sich ständig weiterentwickeln muss. Standards seien daher keine starren Musterprozesse, sondern lieferten Mindestangaben für die individuelle Umsetzung. Dr. Hans-Ulrich Plener, Tuttlingen, plädierte für "elastische Standards". Neben wenigen stabilen Standards für klassische Funktionen müsse das QMS flexibel sein. Arbeitsabläufe müssten differenziert und kritisch betrachtet werden. Außerdem sollten anderswo praktizierte Standards berücksichtigt werden. Externe Standards betrachtet Plener als gute Orientierung, doch müsse die einzelne Apotheke ihre Ziele im Konsens mit den Mitarbeitern finden. Nur dann würden die getroffenen Regelungen tatsächlich umgesetzt.

    Pflicht oder Kür?

    Doch war die Bedeutung der Standards im Rahmen der Tagung Gegenstand einer intensiven Diskussion. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob die Standards für alle zertifizierten Apotheken oder sogar für alle Apotheken verpflichtend werden. Die ABDA strebt an, dass die einzelnen Länderkammern die Standards als verpflichtende Bedingungen in ihre jeweiligen QMS übernehmen.

    Darüber hinaus setzen solche Standards nach Auffassung vieler Diskussionsteilnehmer einen Maßstab für den allgemeinen Stand der fachlichen Entwicklung. Diesen muss jede Apotheke beachten, da sie zur Qualitätssicherung verpflichtet ist. Insofern würden die Standards letztlich für alle Apotheken verpflichtend. Allein durch den Begriff des Standards werde dieser nach Auffassung von Dr. Frank Runkel, Niederdorfelden, justiziabel. Prof. Dr. Marion Schaefer, Berlin, bestätigte dies in Hinblick auf die Bedeutung des Begriffes in der Nomenklatur der EU. Sie schlug daher eine Bezeichnung als "standardisierte Empfehlung" vor.

    Transparenz schafft Vertrauen

    Gegen die inhaltliche Kritik führten ABDA-Vertreter an, dass die Standards ohnehin nur die geltende Gesetzeslage zusammentragen und konkretisieren und damit keine zusätzlichen inhaltlichen Vorgaben schaffen. Sie wehrten sich entschieden gegen den Vorwurf, die Standards würden ohne Rücksicht auf die Praxis "am grünen Tisch" entwickelt.

    Als naheliegende Ursache für manche Ängste gegenüber den Standards erwies sich in der Diskussion auch die Unkenntnis über die Standards, die erst nach der Verabschiedung vollständig veröffentlicht werden sollen. Hierzu verwies Prof. Dr. Richard Süverkrüp, Bonn, auf gängige Verfahren der Normung in anderen Bereichen. Üblich sei, Normentwürfe zu publizieren, in der Fachöffentlichkeit zu diskutieren und dann erst zu verabschieden. So sei im Sinne des QMS mehr Transparenz zu fordern.

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