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Großbritannien: Die ersten Internet-Apotheken gehen online

LEEDS (nkh). Pharmacy2U (gesprochen Pharmacy to you, also etwa "Apotheke für dich"), die erste britische Internet-Apotheke, hat vor kurzem zumindest für Privatpatienten ihre Pforten geöffnet. Ein zweites Internet-Unternehmen, Allcures.com, kündigte unterdessen an, dass man in Kürze Rezepte für genetisch Krankenversicherte abgeben werde Ų ein festes Datum gibt es hierfür jedoch nicht. Neben verschreibungspflichtigen Medikamenten bietet Pharmacy2U auch OTC-Präparate, Gesundheits- und Schönheitspflege-Artikel, sowie spezielle Geräte für Behinderte an.

Vorbild USA

Nach acht Monaten intensiver Planung zeigt sich der Leiter von Pharmacy2U Daniel Lee begeistert, das Rennen gewonnen zu haben, die erste englische Apotheke auf dem "Information Superhighway" zu sein. "Das Konzept kommt aus den USA, wo Internet-Apotheken ein großer Erfolg sind", sagt Mr. Lee. "Natürlich mussten wir das amerikanische Prinzip modifizieren, vor allem im Umgang mit apothekenpflichtigen Medikamenten, einer Kategorie die es in den Vereinigten Staaten nicht gibt."

Wie Daniel Lee erklärt. ist die Möglichkeit für den Apotheker, auch bei der Abgabe von apothekenpflichtigen Medikamenten zu intervenieren, eine wichtige Änderung im Gegensatz zum Vorbild USA; so ist die Abgabe des gewünschten Präparates keineswegs garantiert. Der Kunde, vorausgesetzt er hat die Pharmacy2U-Registrierungskarte ausgefüllt, kann das Medikament entweder über seinen Namen oder durch Auswahl von einer Produktliste anfordern. Anhand eines elektronischen Fragebogens trifft jedoch der Apotheker die Entscheidung, ob das Medikament bedenkenlos abgegeben werden kann, oder ob dem Kunden per E-Mail der Gang zu einer traditionellen Apotheke oder Arztpraxis geraten wird.

Zustellung durch firmeneigene Boten

Die Arzneimittel werden von firmeneigenen Fahrzeugen ausgefahren, denn der "Code of Ethics" der Royal Society legt fest, dass Arzneimittel nicht von dritter Seite ausgeliefert werden dürfen. Sowohl Pharmacy2U als auch Allcures haben bei der Ausarbeitung ihrer Arbeitsprotokolle eng mit der Royal Pharmaceutical Society zusammengearbeitet und deren IT Direktor Ian Shepherd versicherte der DAZ, dass man von Seiten der Society einen sehr strengen Standard für Internet-Apotheken im Bezug auf Sicherheit und Vertraulichkeit sowie Verschlüsselung der über das Internet gesendeten Informationen ausgearbeitet hat.

Noch zu früh fürs elektronische Rezept

Doch auch moderne Technologie kann das Rezept nicht voll ersetzen. Der Kunde kann zwar per E-Mail die verschriebenen Medikamente abrufen, doch die online-Komponente der Transaktion beschränkt sich momentan auf die Vereinbarung eines Preises zu dem das Rezept abgegeben wird. Das ausgestellte Rezept muss immer noch an Pharmacy2U geschickt werden. Ian Shepherd ist der Meinung dass es für eine elektronische Rezeptabgabe noch zu früh ist. "Das Problem liegt in der Verifizierung der Unterschrift des Arztes. Das Arzneimittelgesetz (Medicines Act) schreibt ganz klar vor, dass der Apotheker vor der Medikamentenabgabe davon überzeugt sein muss, dass die Unterschrift des Arztes authentisch ist. Die technischen Normen hierfür sind zwar etabliert, doch noch fehlt uns die Infrastruktur."

Mr. Shepherd fügt hinzu, dass im Gegensatz zu vielen EU-Ländern, u.a. auch Deutschland, die hierzu nötigen Rahmenbedingungen in Großbritannien noch nicht gegeben sind. Die britische Regierung muss noch entscheiden, welche Behörde oder Organisation das Bescheinigungsrecht für digitale Unterschriften bekommen wird. "Die Frage hierbei ist, ob die Regierung als eine große Authorisierungsstelle für alle digitale Unterschriften verantwortlich sein wird, oder ob jede Berufsgruppe ihre eigene Behörde bekommt", erklärt der IT Direktor. Seiner Meinung nach macht es durchaus Sinn, das Bescheinigungsrecht in den Händen der betroffenen Berufsverbände zu lassen. In diesem Falle könnte das Bescheinigungsrecht für Apotheker in Zukunft durchaus bei der Royal Pharmaceutical Society liegen. Mr. Shepherd erwartet jedoch, dass dies in den nächsten zwei bis drei Monaten im Zuge des e-Commerce geregelt werden wird.

Die Internet-Apotheke im Kommen

"Wir sind uns darüber durchaus im Klaren, dass die Internet-Apotheke kommen wird. Wir sind daran interessiert, dass es auf eine Art und Weise geschieht, die im Interesse der Patienten ist." Shepherd gibt jedoch zu bedenken, ob es von kaufmännischer Seite her eine ausreichenden Basis für die Internet-Apotheke gibt. "Die Frage ist doch die, ob der Markt groß genug ist, um mehrere Unternehmen zu unterhalten. Ehrlich gesagt, ich bezweifele es", so Shepherd.

Daniel Lee macht unterdessen schon Pläne für die Zukunft. Eine seiner Visionen ist ein an Pharmacy2U gebundenes Netz von unabhängigen Apotheken in einem Einzugsgebiet. Der Patient könnte dann seine Medikamente elektronisch bestellen und anschließend bei der am nächsten gelegenen Apotheke abholen. Zusätzlich will er in den nächsten sechs Monaten auch NHS-Patienten (gesetzlich Versicherte) den Zugang zu Pharmacy2U ermöglichen und in den europäischen Markt einsteigen. Eine Expansion nach Deutschland ist jedoch zur Zeit nicht geplant - Holland und Skandinavien sind die ersten Ziele des Pharmacy2U's Direktor.

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