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Johanniskrautpräparate: Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln

BONN (diz). Nachdem bereits mehrere Fachzeitschriften über mögliche Wechselwirkungen von Johanniskrautpräparaten mit anderen Arzneimitteln berichteten (siehe auch DAZ 1999, Nr. 49, S. 24), und selbst in der Tagespresse auf diese Interaktion hingewiesen wurde, veröffentlichte nun das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) am 18. Februar eine Pressemitteilung, in der zusammenfassend auf diese Wechselwirkungen eingegangen wird. Das BfArM wolle, so heißt es hier, sicherstellen, dass die Packungsbeilagen von Johanniskrautzubereitungen entsprechend den neuen Erkenntnissen ergänzt werden. Die Firma Lichtwer Pharma AG teilte mit, dass die Produktinformationen ihrer Präparate bereits vor einem Jahr geändert worden seien. Als Reaktion auf die aktuellen Meldungen habe man für Apotheker und Ärzte ein Infotelefon eingerichtet.

Pflanzliche Arzneimittel aus Johanniskraut können die Konzentration einer Reihe von Wirkstoffen anderer Arzneimittel im Blut herabsetzen und damit deren Wirkungen abschwächen. Wie das BfArM in seiner Pressemitteilung ausführt, habe eine neue Untersuchung an gesunden Versuchspersonen, denen der in der Therapie der HIV-Infektion verwendete Wirkstoff Indinavir verabreicht verabreicht wurde, gezeigt, dass bei gleichzeitiger Einnahme eines Extraktes aus Johanniskraut die Konzentration von Indinavir im Blut deutlich erniedrigt gewesen sei. Patienten, die einen gegen HIV gerichteten Wirkstoff aus der Gruppe der Proteasehemmstoffe einnehmen, rät das BfArM deshalb davon ab, gleichzeitig pflanzliche Arzneimittel mit Johanniskraut anzuwenden.

Die gleiche Empfehlung richtet sich an Patienten, die nach einer Organtransplantation Arzneimittel mit dem Wirkstoff Ciclosporin oder Arzneimittel vom Cumarin-Typ (Phenprocoumon) zur Hemmung der Blutgerinnung einnehmen. Darüber hinaus gebe es allerdings, so das BfArM, noch weitere Wirkstoffe, deren Konzentration durch Johanniskrautpräparate beeinflusst werde, dies ergebe sich aus Berichten, die dem BfArM vorlägen. Pflanzliche Präparate aus Johanniskraut können offenbar die Wirkungen von Digoxin, Warfarin, Theophyllin und bestimmten Antidepressiva abschwächen.

Möglicherweise wird auch die Wirksamkeit von Arzneimitteln zur Empfängnisverhütung beeinträchtigt. Die betroffenen pharmazeutischen Unternehmer sind vom BfArM über erste Erkenntnisse zu derartigen Wechselwirkungen bereits im vergangenen Jahr informiert worden. Das BfArM wird sicherstellen, so heißt es weiter, dass die Produktinformationen (Packungsbeilagen) von Johanniskrautzubereitungen für die Phytotherapie entsprechend den neuen Erkenntnissen ergänzt werden. Es sollen Angaben zu den möglichen Wechselwirkungen, zu Gegenanzeigen und zu Vorsichtsmaßnahmen bei der Anwendung gemacht werden. Da Johanniskraut vermutlich über eine Aktivierung des körpereigenen Enzymsystems Cytochrom P 450 die Konzentration der genannten Wirkstoffe senkt und zusätzlich auch noch andere Wirkmechanismen in Betracht gezogen werden müssen, ist laut BfArM-Presseinfo nicht ausgeschlossen, dass bei weiteren Arzneimitteln Wirkungsabschwächungen durch Johanniskraut eintreten können.

Das BfArM rät Patienten, die Johanniskrautpräparate zusammen mit anderen Medikamenten einnehmen wollen, auf jeden Fall die Gegenanzeigen zu beachten oder solche Arzneimittel nur nach vorheriger Beratung durch ihren behandelnden Arzt oder einen Apotheker einnehmen. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMEA) wird die Öffentlichkeit in allen Mitgliedstaaten über die Wechselwirkungen mit Indinavir informieren. Indinavir-haltige Arzneimittel haben eine zentrale europäische Zulassung der EMEA.

Infotelefon von Lichtwer

Zahlreiche Rückfragen bei der Firma Lichtwer Pharma AG, dem Hersteller zweier umsatzstarker Johanniskrautpräparate, veranlassten diese Firma, darauf hinzuweisen, man wolle der Verunsicherung, die auf Grund der Umsetzung der BfArM-Meldung in den Medien entstanden sei, entgegen treten. Bis zur behördlichen Klärung der offenen Fragen und der zu treffenden Maßnahmen wolle man Patienten, Apotheker und Ärzte mit den zur Verfügung stehenden Informationen unterstützen, so Dr. Dierck Schwartländer, Generalbevollmächtigter der Lichtwer Pharma. Die Firma habe bereits im Januar und im Mai 1999 die Produktinformation ihrer Präparate Jarsin und Kira geändert. Man habe darauf hingewiesen, dass diese Präparate die Blutkonzentrationen von Phenprocoumon und Ciclosporin erniedrigen könnten.

Auch die Sachinformationen wurden um folgenden Abschnitt ergänzt: "Da nicht auszuschließen ist, dass den genannten Interaktionen ein gemeinsamer Mechanismus im Sinne einer Induktion des Cytochrom-P 450-Systems zu Grunde liegt, könnte auch der Metabolismus anderer Stoffe, die ebenfalls über dieses Enzymsystem verstoffwechselt werden, beeinflusst werden." Wie Lichtwer weiter mitteilt, konnten experimentelle Untersuchungen jedoch bislang keine eindeutigen Belege für die Beteiligung des Cytochrom-P 450-Systems liefern. Man habe deshalb weitere Studien zur Aufklärung möglicher Mechanismen in Auftrag gegeben.

In von Lichtwer Pharma initiierten Interaktionsstudien mit gesunden Probanden an der Charité in Berlin wurden bei gleichzeitiger Einnahme von Johanniskraut die Blutplasmakonzentrationen von Phenprocoumon, Digoxin sowie des Antidepressivums Amitriptylin gesenkt. Hinweise auf eine Dosisabhängigkeit der beobachteten Interaktionen liegen Lichtwer Pharma nicht vor. Zwischenzeitlich sind in der Literatur auch mögliche Interaktionen mit Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRI; Antidepressiva), dem Asthmamittel Theophyllin sowie den zur Behandlung der HIV-Infektion eingesetzten Proteasehemmer Indinavir publiziert worden, heißt es in der Lichtwer-Pressemitteilung weiter.

Das Auftreten von Zwischenblutungen unter gleichzeitiger Einnahme von Johanniskrautpräparaten und oralen Kontrazeptiva (Antibabypille) wurde berichtet. Ein Zusammenhang mit der Einnahme von Johanniskrautpräparaten wird diskutiert. Um Arzt und Apotheker in ihrer fachkundigen Beratung zu unterstützen, hat Lichtwer Pharma auf die aktuelle Situation reagiert und unter der Telefonnummer (030) 40 37 04 39 eine Infoline eingerichtet.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) veröffentlichte am 18. Februar eine Pressemitteilung, in der zusammenfassend auf Wechselwirkungen von Johanniskrautpräparaten mit bestimmten anderen Arzneimitteln eingegangen wird.

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