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Bundesgesundheitsministerin Fischer: Stopp der Festbeträge ist Pyrrhussieg der

BERLIN (im). Die Bundesgesundheitsministerin hat die Positivliste erneut als Instrument der Qualitätssicherung und nicht als Sparmaßnahme bezeichnet. Da die Liste bis zum Inkrafttreten Zeit benötige, plane die Regierung jetzt die Aktualisierung der egativliste. Auf der Mitgliederversammlung des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) am 22. Februar in Berlin signalisierte Andrea Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) erstmals vorsichtig, über die Verbesserung der Einnahmesituation der gesetzlichen Krankenversicherung zu diskutieren.

In Berlin gab es einen Seitenhieb in Richtung Apotheker. Zwischen der theoretischen Forderung nach mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen und der Umsetzung gebe es einen Widerspruch. So sei auf dem Deutschen Apothekertag mehr Wettbewerb gefordert worden, ohne zugleich die schützenden Regulierungen wie feste Preisspannen oder das Fremdund Mehrbesitzverbot infrage zustellen, bemängelte Fischer. Für sie handelt es sich um eine "interessengeleitete Diskussion".

Festbetragsneuregelung kommt nicht freiwillig

Zu der anstehenden Absicherung des Festbetragssystems äußerte die Ministerin, sie habe das Gesetzgebungsverfahren nicht freiwillig begonnen, sondern auf die von den Firmen angestrengten Gerichtsurteile reagieren müssen. Insgesamt müssten die Erstattungshöchstgrenzen für Medikamente bleiben, da ein Solidarsystem - wie die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) - mit begrenzten Mitteln das Recht habe, die Ressourcen zu kontrollieren. Nach Ansicht von Fischer haben die klagenden Unternehmen lediglich einen "Pyrrhussieg" errungen. Ihr Ziel, sagte die Ministerin, sei die Erhaltung der gemeinsamen Selbstverwaltung gewesen, durch die nötige rechtliche Absicherung der Festbeträge führe der Weg derzeit aber in Richtung Anbindung an die Politik.

Stabile Beitragssätze

Wie Fischer sagte, gelten stabile Beitragssätze als Ziel weiter. Für viele Bürger sei die Belastung mit Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen an einer Schallmauer angelangt. Daher sah sie keine Chance für den Weg, "mehr Geld ins System" zu holen. Probleme werde es auch bei einer Verbreiterung der Bemessungsgrenze geben. Allerdings müsse die Gesellschaft diskutieren, ob man alles in der GKV in der gegenwärtigen Form erhalten könne.

Die Politikerin nannte speziell die kostenlose Mitversicherung von Ehepartnern, die weder Kinder großziehen noch Angehörige pflegen. Angesichts des demografischen Wandels dürfe das Solidarsystem nicht überfordert werden. Hier müsse über die grundsätzlichen Fragen wie mögliche Rücklagen in der GKV sorgfältig nachgedacht werden. Fischer betonte jedoch zugleich, zunächst stehe die Verbesserung der Effizienz im Gesundheitswesen an, bevor vordergründig mehr Geld ins System geholt werde. So nämlich werde das Problem der Fehlallokation nicht gelöst. Vielmehr sei die Qualitätssicherung entscheidend für die Mengensteuerung.

Gegen Anbieterdominanz

Nach Ansicht der Bundesgesundheitsministerin herrscht Dominanz der Anbieter im Gesundheitswesen vor. Die Stärkung der Souveränität der Patienten, die die Entscheidungen der Ärzte bisher kaum in Zweifel ziehen könnten, sei unabdingbar. Auch wenn das Ungleichgewicht zwischen Kranken und Medizinern nicht komplett abzubauen sei, müssten die Patienten in die Lage versetzt werden, durch erhöhte Transparenz die Nachfrage nach Leistungen kritisch mitzugestalten. Zur Zeit könnten die Ärzte "stark" Art und Umfang der Nachfrage bestimmen. Ihr gehe es um größere Möglichkeiten der Versicherten, sich über die medizinischen Leistungsangebote und deren Qualität zu informieren. Nötig sei ein "Wegweiser durch das komplexe System".

Integrierte Versorgung

Den ihren Worten zufolge umstrittensten Punkt bei der Gesundheitsreform 2000 verteidigte Fischer engagiert. Integrierte Versorgungsformen seien wegweisend, sowohl zur Stärkung der Nachfragemacht der Patienten, als auch für neue Formen der Leistungserbringung unter den Anbietern. Die Politik habe sich damit gegen Einkaufsmodelle wie in den USA entschlossen, da deren Wettbewerbsordnung mit viel Macht bei den Krankenkassen bedenkliche Effekte nach sich ziehe. Dort seien beispielsweise die freie Wahl des Arztes oder der Wechsel der Krankenkasse eingeschränkt, somit könne es bei schlechter Qualität in der Versorgung keinen Druck auf die Politik der Kasse geben. Die Ablehnung des Globalbudgets während der Debatte um die Reform im vergangen Jahr habe gezeigt, dass sich alle Beteiligten lieber die bekannten Töpfe sichern wollten, als im Zuge von Verhandlungen Verschiebungen hinzunehmen. "Das hatte viel mit Verteilungskämpfen in der GKV zu tun", sagte die Ministerin wörtlich.

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