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Für "Verbraucher" muss das ungeheuer hilfreich klingen: eine Positivliste empfehlenswerter Naturarzneimittel ist erschienen, veröffentlicht von der Verbraucherzentrale Hamburg, von der Zeitschrift Öko-Test und dem Geschäftsführer der "Securvita Gesellschaft zur Entwicklung alternativer Versicherungskonzepte" und früheren Präsidenten der Berliner Ärztekammer, Ellis Huber.

Die beteiligten Unternehmen und Institutionen rühmen sich, so auch der Chefredakteur von Öko-Test in einem Editorial seiner Zeitschrift, mit dieser 60-seitigen Liste "zum ersten Mal die Spreu vom Weizen" zu trennen. Die Liste mit über 600 empfehlenswerten Medikamenten aus der Pflanzenheilkunde, Homöopathie und anthroposophischen Medizin will eine "Orientierungshilfe für Ärzte und Patienten im nüberschaubaren Pharma-Dschungel" sein. Sie soll ein Beitrag sein zu mehr Transparenz und Autonomie für Patienten. Und diese Naturarzneiliste soll schließlich die "schulmedizinische" Kieler Liste notwendiger Arzneimittel von 1998 ergänzen, eine Liste, die damals für Aufsehen sorgte, sich aber nicht durchsetzen konnte.

Erstellt von einem Projektteam der Beratungsgesellschaft Securvita unter Hubers Leitung reklamiert die "grüne Positivliste" für sich, Ärzten und Patienten einen Überblick zu geben, "welche Mittel wirklich sinnvoll sind". Stark, nicht? Was hochkarätig zusammengesetzte Kommissionen und der Bundesverband der Ärzte und Krankenkassen nicht schaffen, erledigt das Projektteam der Securvita GmbH quasi mit links.

Ehrlich gesagt, bei soviel "Sachverstand" und Eigenlob bin ich immer skeptisch. Der Deutsche Zentralverein Homöopathischer Ärzte hat sich bereits kritisch zu Wort gemeldet. Er wirft der Liste Ungenauigkeit vor, da sie z. B. nur die nach dem Homöopathischen Arzneibuch hergestellten Komplexmittel enthält, nicht aber homöopathische Einzelmittel. Schon vor diesem Hintergrund könne diese Positivliste keine "Orientierungshilfe" für Patienten und Ärzte sein. An solchen Listen und den sie begleitenden PR-Aktionen stört mich auch, dass sie so tun, als seien sie der Weisheit letzter Schluss. Eine etwas vorsichtigere Ausdrucksweise etwa in die Richtung, dass man den Versuch unternommen habe, eine Orientierungshilfe zu sein, stünde solchen Publikationen besser an.

Schade auch, dass Apotheker, die Arzneimittelfachleute, nicht mit einbezogen wurden. Da drängt sich die Frage auf, warum Apotheker noch nie selbst den Versuch unternommen haben, Orientierungshilfen im Pharmadschungel zu erstellen. Jedenfalls fast nie; der Versuch der Hessischen Apothekerkammer vor ein paar Jahren, ein Arzneimittelinstitut ins Leben zu rufen, das Präparate, insbesondere Nahrungsergänzungsmittel, bewerten sollte, ging sang- und klanglos unter.

Die heutige Situation: Bewertungen des Arzneimittelmarkts nehmen in Deutschland der Bundesverband der Ärzte und Krankenkassen vor, die Stiftung Warentest und Öko-Test. Und wir Apotheker sehen zu und lassen uns ins Abseits stellen. Immerhin, hinterm HV-Tisch können wir zur Aufklärung unserer Kunden über den Pharmamarkt beitragen. Beispielsweise zum Thema Johanniskraut und Nebenwirkungen (hierzu ist die Meldung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte in "DAZ aktuell" lesenswert).

Spannend auch: die Fortsetzungsstory des Stange-Krimis, Folge drei. Und bemerkenswert: In Großbritannien ging offiziell die erste Internet-Apotheke online. Die DAZ berichtet.

Peter Ditzel

Hilfe im Dschungel?

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