Berichte

Kongress: Phytopharmaka in Lateinamerika

Vom 18. bis 21. Oktober 1999 fand in Santiago de Chile ein internationaler Kongress zum Thema "International Standards for Registration and Marketing Authorization of Herbal Medicinal Products, Medicinal Plants and Natural Products" statt, an dem auch zahlreiche Experten aus Europa teilnahmen. Veranstalter war die Fundación Chile, eine Organisation, die, 1976 mit Geldern der amerikanischen Industrie und des chilenischen Staates gegründet, die technologische Entwicklung Chiles in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft sowie Fischereiwesen gezielt fördert, um das technologische Knowhow und die Exportkraft des Landes in diesen Wirtschaftszweigen zu entwickeln.

Internationale Projekte

Prof. Dr. M. Gupta, Universität Panama, stellte das CYTED-Teilprogramm X vor, das sich mit der technologischen Entwicklung auf dem Gebiet der Pharmazeutischen Chemie beschäftigt. CYTED wurde 1984 gegründet und ist ein iberoamerikanisches Wissenschafts- und Technologie-Projekt, in dem 21 Staaten dieser Region zusammengeschlossen sind. Mehr als 5700 Wissenschaftler beschäftigen sich mit den unterschiedlichsten Fragestellungen, u. a. im Bereich der Pharmazie und Chemie. Einen Überblick über die Funktion und Aktivität des Mercosur gab Dr. Ines Rizzo, Instituto National de Medicamentos, Buenos Aires.

Der Mercosur besteht aus den südamerikanischen Staaten Argentinien, Paraguay, Uruguay und Brasilien und bildet eine Wirtschaftsgemeinschaft, in der ca. 190 Millionen Menschen leben. Ziel ist die Schaffung einer Wirtschaftszone mit freiem Warenverkehr sowie die Koordination in verschiedenen Wirtschaftsbereichen der Mitgliedstaaten einschließlich einer Harmonisierung auf dem Gebiet der Gesetzgebung. Dies schließt die Harmonisierung und Abstimmung im Bereich des Gesundheitswesens, z. B. hinsichtlich der Zulassung von Arzneimitteln und der formalen Anforderungen an diese Produktgruppe, mit ein. Der Mercosur ist in gewisser Weise vergleichbar mit der Europäischen Union, ohne jedoch deren politische Institutionen zu besitzen.

Workshops

Die Ergebnisse einiger Workshops sind im Folgenden kurz zusammengefasst. Formale Einteilung, Qualität und Produktion Ein künftiges, harmonisiertes System in Chile und den Mercosur-Mitgliedstaaten sollte folgende Aspekte berücksichtigen: Pflanzliche Produkte, die ein arzneiliches Anwendungsgebiet (Indikation) ausloben, sollen mit dem Status eines Arzneimitttels registriert werden. Für folgende drei Produktgruppen wurde ein Konsens erzielt, wobei die Einteilung auf dem unterschiedlichen Grad des Wirksamkeitsbeleges beruht:

1. "Rational Herbal Medicinal Products": Wirksamkeit des Produktes ist durch kontrollierte klinische Prüfung belegt. 2. "Herbal Medicinal Products": Produkte mit bibliographisch dokumentierter Anwendung sowie belegter Wirksamkeit und Unbedenklichkeit ("well established use"). Ggf. Vorhandensein nicht kontrollierter Studien. 3. "Health Products": Wirksamkeit ist nicht experimentell nachgewiesen, aber vermutlich vorhanden. Deklaration darf nur allgemeine Aussagen zur Gesunderhaltung enthalten. Zulässige Pflanzen und "Indikationen" in Form von "Health claims" werden von den zuständigen Gesundheitsbehörden in Form von Listen festgelegt. Durch diese Health Products wird ein "grauer Markt" so genannter "Nutraceuticals" vermieden. Denn ihre Qualität und Sicherheit muss gewährleistet sein.

Die GMP-Richtlinien müssen bei der Herstellung der Präparate aller drei Gruppen beachtet werden. Es muss eine Chargendokumentation vorliegen.

Wirksamkeitsnachweise

Die Anforderungen an die klinischen Untersuchungen pflanzlicher Arzneimittel müssen sich in erster Linie an der Art und dem Anspruch der Indikation orientieren. Der Grad an notwendigem Wirksamkeitsbeleg kann sich an den Vorgaben des EMEA-Entwurfs HMPWG/23/99 (Draft Points to Consider on the Evidence of Safety and Efficacy Required for Well-established Herbal Medicinal Products in Bibliographic Applications) orientieren, in dem Kriterien für die Einstufung der unterschiedlichen Wirksamkeits- und Unbedenklichkeitsbelege (Levels of evidence) in sechs Gruppen eingeteilt sind.

Für die Beurteilung von pflanzlichen Arzneimittel, die bereits seit längerem angewendet werden (well-established herbal medicinal products), sollten insbesondere auch Literaturangaben ausgewertet werden. So ist zum Beispiel für die Behandlung von leichteren gesundheitlichen Beschwerden ein Wirksamkeitsbeleg ausreichend, der auf der therapeutischen Erfahrung mit dem entsprechenden pflanzlichen Arzneimittel über einen längeren Zeitraum oder auf Anwendungsbeobachtungen etc. beruht. Dies gilt insbesondere, wenn die pharmakologischen Daten zu den verwendeten Pflanzen bzw. Zubereitungen die postulierte Anwendung stützen.

Die Anforderungen an die Qualität klinischer Studien mit pflanzlichen Arzneimitteln müssen sich an den GCP Guidelines orientieren. Dies trifft insbesondere für die Präparate der o. g. Gruppe 1 zu ("Rational Herbal Medicinal Products"). Für die Präparate der Gruppe 3 ("Health Products") sind keine Daten zur Wirksamkeit, jedoch Unterlagen zur Qualität und Unbedenklichkeit der jeweiligen Zubereitung erforderlich. Indikation, Dosierung sowie die Art der Anwendung wird von den Behörden in den entsprechenden Listen festgelegt.

In Bezug auf pflanzliche Kombinationspräparate wurden die bereits verabschiedeten Leitlinien der EMEA zu dieser Thematik (HMPWG 15/99: Note for Guidance on Fixed Combinations of Herbal Medicinal Products with Long-Term Marketing Experience – Guidance to Facilitate Mutual Recognition and Use of Bibliographic Data) von den Teilnehmern des Workshops als ausreichend angesehen.

Faszinierende Landschaft

Am letzten Tag des Symposiums konnten die Teilnehmer im Rahmen einer Exkursion einen kurzen Eindruck von der landschaftlichen Vielfalt Chiles gewinnen. Ausgehend von Santiago de Chile führte der Weg zuerst in Richtung Nordosten in die Anden. Dank der Jahreszeit und des guten Wetters bot sich ein geradezu ideales Bild der Flora: blühende und tief grüne Berghänge mit sehr schönen und interessanten Pflanzen, die durch den begleitenden Botaniker der Universität Santiago präzise und eindrucksvoll erläutert wurden.

Ziel der ersten Zwischenetappe waren Anbauflächen von Thymian und Melisse in verschiedenen Andentälern. Dort konnte in der Praxis erlebt werden, welchen Standard der Arzneipflanzenanbau unter der fachlichen Leitung der Fundación Chile erreicht hat. Weiter ging es dann Richtung Pazifikküste und an dieser entlang Richtung Süden zur Hafenstadt Valparaíso, die nach einem langen Tag den Abschluss einer sehr faszinierenden Reise bildete.

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