Arzneimittel und Therapie

Virustatika: Lamivudin bei chronischer Hepatitis B

Bis vor zwei Jahren bestand die einzige antivirale Therapie der chronischen Hepatitis B in der Injektion von Interferon alfa (z.B. Intron®, Roferon®). Seit 1999 ist in der Europäischen Union das oral einzunehmende Virustatikum Lamivudin (Zeffix®) zur Behandlung der Hepatitis B zugelassen. Das Virustatikum hemmt die DNA-Polymerase. Einer neuen amerikanischen Studie zufolge wirkt Lamivudin günstig auf histologische, virologische und biochemische Parameter der chronischen Hepatitis B.

143 Patienten mit bisher unbehandelter chronischer Hepatitis B nahmen an einer prospektiven randomisierten Doppelblindstudie an 34 US-amerikanischen Zentren teil. Alle wiesen typische Charakteristika einer chronischen Hepatitis B auf: Nachweis von HBsAg (Hepatitis- B-Oberflächen-Antigen) im Serum seit mindestens 6 Monaten, Nachweis von HbeAg (einem Abbauprodukt von HbcAg, einem Antigen aus dem Viruskern) im Serum seit mindestens einem Monat, erhöhte Alanin-Transaminase-Serumwerte seit mindestens 3 Monaten, Nachweisbarkeit von Hepatitis-B-Virus(HBV)-DNA im Serum beim Hybridisierungstest, Hinweise auf eine chronische Hepatitis in der Leberbiopsie.

Die Patienten bekamen randomisiert 100 mg des Nukleosidanalogons Lamivudin oder Plazebo zur einmal täglichen Einnahme über 52 Wochen. Anschließend wurden sie 16 Wochen nachbeobachtet. Eine Leberbiopsie wurde zu Beginn, falls sie nicht bereits in den letzten 12 Monaten stattgefunden hatte, und nach 52 Behandlungswochen durchgeführt. Haupt-Wirksamkeitskriterium war eine Verbesserung des histologischen Aktivitätsindex um mindestens 2 Punkte. Dieser Index reicht von 0 für den normalen histologischen Befund bis 22 für schwerste Anomalien.

Weitere Wirksamkeitskriterien waren: Nicht-mehr-Nachweisbarkeit von HBeAg bzw. HBsAg im Serum, dauerhafte Suppression von HBV-DNA im Serum, sog. HBeAg-Serokonversion (der Verlust der Nachweisbarkeit von HBeAg und HBV-DNA im Serum sowie das Auftauchen von HBeAg-Antikörpern im Serum), anhaltende Normalisierung der Alanin-Transaminase im Serum, Verschlechterung der Fibrose im Biopsie-Vergleich. Sechs Patienten wurden wegen eines fehlenden HBsAg-Nachweises von der Wirksamkeitsanalyse ausgeschlossen. Von den übrigen 137 Patienten bekamen 66 Lamivudin und 71 Plazebo.

Lamivudin gut wirksam

Nach 52 Wochen hatten mit Lamivudin mehr Patienten einen verbesserten Gewebebefund als mit Plazebo (52% gegenüber 23%). 44% gegenüber 16% der Patienten wiesen eine dauerhafte Suppression der Virus-DNA im Serum auf. Bei 32% gegenüber 11% war HBeAg nicht mehr nachzuweisen. Eine HBe-Ag-Serokonversion hatte bei 17% gegenüber 6% der Behandelten stattgefunden. Bei 41% gegenüber 7% war die Alanin-Transaminase im Serum anhaltend normalisiert. Die Leberfibrose verschlechterte sich mit Lamivudin bei 5% und mit Plazebo bei 20% der Patienten. 16 Wochen nach dem Behandlungsende hatte bei 17% der Lamivudin-Empfänger und bei 9% der Plazebo-Empfänger eine HBeAg-Serokonversion stattgefunden, war also in den meisten Fällen über das Behandlungsende hinaus erhalten geblieben.

Der klinische Zustand aller Patienten blieb stabil. Lamivudin wurde gut vertragen. Als häufigste Nebenwirkungen traten Unwohlsein/Müdigkeit sowie Übelkeit/ Erbrechen auf. Die Alanin-Transaminase-Serumkonzentration war während der Behandlung bei etwa gleich vielen Lamivudin und Plazebo-Empfängern erhöht. In der Nachbeobachtungszeit war das Enzym jedoch vermehrt bei ehemaligen Lamivudin-Empfängern erhöht (bei 25% gegenüber 8%). Bei keinem Patienten kam es dadurch zur Leberdekompensation. Bei einem Teil der Lamivudin-Patienten (n = 44) wurde die HBV-DNA auf Mutationen im YMDD-Motiv der HBV-Polymerase untersucht. Solche Mutationen können zu Resistenzen gegen das Virustatikum führen. 32% wiesen YMDD-Mutationen auf. Dennoch sprachen sie nicht schlechter auf die Behandlung an als die übrigen Lamivudin-Empfänger.

Hemmung der Virus-Replikation

Ziel der antiviralen Behandlung ist es, die fortschreitende Virusassoziierte Leberschädigung zu stoppen oder zu verlangsamen. Durch die Hemmung der Virus-Replikation soll es zu histologischen Verbesserungen kommen. Praktisch alle Lamivudin-Empfänger, unabhängig vom HBeAg-Status, hatten deutliche Senkungen der Viruslast (HBV-DNA). Diese Tatsache, aber auch die gute Verträglichkeit und der einfache Einnahmemodus sind Vorteile gegenüber der Interferon-Therapie.

Literatur Dienstag, J. L.: Lamivudine as initial treatment for chronic hepatitis B in the United States. N. Engl. J. Med. 341, 1256–1263 (1999).

Bis vor zwei Jahren bestand die einzige antivirale Therapie der chronischen Hepatitis B in der Injektion von Interferon alfa (z. B. Intron, Roferon). Seit 1999 ist in der Europäischen Union das oral einzunehmende Virustatikum Lamivudin (Zeffix) zur Behandlung der Hepatitis B zugelassen. Einer neuen amerikanischen Studie zufolge wirkt Lamivudin günstig auf histologische, virologische und biochemische Parameter der chronischen Hepatitis B.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.