Arzneimittel und Therapie

Angiogenese-Hemmung: Antirheumatika gegen Krebs?

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) werden wegen ihrer Fähigkeit, die Prostaglandinsynthese zu hemmen, schon lange bei Schmerzen, Arthritis, Rheuma und anderen entzündlichen Erkrankungen eingesetzt. Neu ist, dass diese Stoffe auch die Angiogenese, die Neubildung von Blutgefäßen, hemmen. Das eröffnet Einsatzmöglichkeiten bei der Behandlung von Tumorerkrankungen.

Unter Angiogenese versteht man die Bildung neuer kapillarer Blutgefäße. Dieser Vorgang spielt bei einer Vielzahl von physiologischen Prozessen eine wichtige Rolle. Die Angiogenese beginnt mit einer Reaktivierung von Endothelzellen der Blutgefäße. Als Folge vermehren sich diese massiv und bilden letztendlich neue Blutgefäße. In erwachsenen Organen dauert dieser Prozess Monate bis Jahre. Nur in wenigen Situationen, wie bei der Wundheilung oder beim Tumorwachstum, läuft die Neubildung von Gefäßen innerhalb von wenigen Tagen bis Wochen ab.

Bei einer Störung der Angiogenese kann es zu Gefäßerkrankungen (z. B. Arteriosklerose), chronisch entzündlichen Erkrankungen (z. B. rheumatoide Arthritis) und Krebs (Metastasierung eines soliden Tumors) kommen. Primäre Tumorzellen produzieren sowohl Stimulatoren als auch Inhibitoren der Angiogenese, um ein Netzwerk aus Blutgefäßen für die Tumorversorgung aufzubauen und das Wachstum von Metastasen zu unterdrücken. Bereits wenige 100 Krebszellen können voll funktionsfähige neue Blutgefäße bilden und sichern sich dadurch ihre Sauerstoff- und Nährstoffversorgung. Um das Krebswachstum zu bremsen, werden derzeit unterschiedliche Angiogenese-Hemmer entwickelt.

Nichtsteroidale Antirheumatika hemmen die Angiogenese

In einer aktuellen Studie wurde nun gezeigt, dass auch nichtsteroidale Antirheumatika die Angiogenese beeinflussen können. In Zellkulturen wurden zwei NSAR in Hinblick auf ihre Effekte auf die Angiogenese untersucht: Indometacin, ein unselektiver Cyclooxygenase(COX)-Hemmer, und NS-398, ein neuerer selektiver COX-2-Inhibitor. Beide führten zu einer Hemmung der Angiogenese, wobei NS-398 in seiner Wirkung potenter war.

Dass nichtsteroidale Antirheumatika beim Kolonkarzinom chemopräventiv wirken können, zeigten verschiedene Studien. Die Untersuchungsergebnisse lassen darauf schließen, dass die NSAR verschiedene Schritte in der Krebsentstehung beeinflussen. Durch die Cyclooxygenase-Hemmung wird sowohl die Prostaglandin-Produktion als auch die Angiogenese behindert. Die Angiogenese wird daneben wahrscheinlich auch unabhängig von der Prostaglandinsynthese-Hemmung beeinflusst.

Quelle: Jones, M. K., et al.: Inhibition of angiogenesis by nonsteroidal anti-inflammatory drugs: Insight into mechanisms and implications for cancer growth and ulcer healing. Nature Medicine 5, 1418–1423 (1999). Aspirin for cancer. Nature Medicine 5, 1348–1349 (1999).

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