Berichte

25 Jahre Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie in Erlangen

Am 1. November 1975 begann der Unterricht am neu errichteten Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie der Universität Erlangen-Nürnberg. Vor zehn Jahren bezog der Lehrstuhl ein neues Institut. Dieses Doppeljubiläum ist Anlass zu einem kleinen Rückblick.

Anfänge des Pharmaziestudiums

An der 1743 gegründeten Universität Erlangen hat die Pharmazie eine alte Tradition. Im ausgehenden 18.Jahrhundert lehrte J. Christian Schreber Pharmazie, Botanik und Naturgeschichte und ab 1778 Wendt über Pharmakopöen, Physiologie und Rezeptierkunst. 1818 erhielt Ernst Wilhelm Martius einen Lehrauftrag, den 1824 sein Sohn Theodor Martius übernahm. Ein Schüler Liebigs, Philipp Hugo Zöller, wurde 1865 zum ersten Ordentlichen Professor für Angewandte Chemie, Pharmazie und Pharmakognosie an die "Friderico-Alexandrina" berufen. Rezeptierkunst und Galenik spielten eine untergeordnete Rolle im Unterricht. Erst in den 60er-Jahren des 20.Jahrhunderts erhielt die Galenik, die inzwischen "Pharmazeutische Technologie" hieß, einen festen Platz in Forschung und Lehre.

Verselbstständigung der Technologie

Auch an der Universität Erlangen nahm dieses Fach einen seiner Bedeutung entsprechenden Rang ein. Prof. Dr. Otto Dann, der seit 1947 Leiter bzw. Direktor des "Instituts für Angewandte Chemie" war, bot ständig Unterrichtsveranstaltungen in galenischer Pharmazie. Bei ihm habilitierte sich 1963 Heinz Sucker, der 1966 als Ordinarius für Pharmazeutische Technologie an die Universität Hamburg (1966 bis 1972) berufen wurde. Eine Besonderheit des Erlanger Instituts war die Bezeichnung "Institut für Angewandte Chemie". Von 1914 bis 1920 wurde es als imposanter Bau errichtet und beherbergte nicht nur die Pharmazie, sondern auch die Lebensmittelchemie und andere chemisch orientierte Fächer mit Ausnahme der Anorganischen und Organischen Chemie.

Die Einrichtung selbstständiger Lehrstühle für Pharmazeutische Technologie steht im Zusammenhang mit den Fortschritten im industriellen Bereich. Wenn man die 50er- und 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts als Sternstunden der Arzneimittelforschung und -entwicklung ansieht, so hat auch die Pharmazeutische Technologie daran ihren Anteil. Die stürmische Entwicklung beruhte nicht zuletzt auf der Tatsache, dass neue Hilfsstoffe und modernere Maschinen und Geräte zur Verfügung standen.

Der Lehrstuhl ab 1975

Am 5. August 1975 erfolgte die offizielle Einrichtung des Lehrstuhls unter der Leitung von Prof. Dr. E. Nürnberg, sodass im Wintersemester 1975/76 die Lehrveranstaltungen regelmäßig durchgeführt werden konnten. Da die räumlichen Verhältnisse im Pharmazeutischen Institut sehr begrenzt waren, wurde sofort mit der Planung eines Institutsneubaus in einem gemeinsamen Komplex mit der Technischen Fakultät begonnen. Es dauerte dann jedoch insgesamt 15 Jahre, bis der Umzug in ein Institut erfolgte, das Ansprüche an moderne Forschung und Lehre erfüllte. Der 15. November 1990 war der Tag der feierlichen Einweihung.

Außer dem Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie gehören folgende Lehrstühle dem Komplex der Verfahrenstechnik an: Strömungsmechanik, Mechanische Verfahrenstechnik, Elektrische Energieversorgung, Prozessmaschinen und Anlagetechnik. Die sinnvolle Verflechtung zwischen Pharmazeutischer Technologie bzw. Pharmazeutischer Verfahrenstechnik mit den Chemie-Ingenieurwissenschaften wird u.a. durch die Tatsache sichtbar, dass die Pharmazeutische Technologie ein Nebenprüfungsfach für Chemie-Ingenieure wurde.

Unter Leitung von Prof. Dr. Nürnberg erstreckten sich die Forschungsaktivitäten auf verschiedene Gebiete der Pharmazeutischen Technologie, nämlich die wissenschaftliche Kennzeichnung von Wirk- und Hilfsstoffen sowie die biopharmazeutisch orientierte Entwicklung von ausgewählten Arzneiformen und -zubereitungen. Außer konventionellen Darreichungsformen wie Tabletten, Salben und Cremes wurde die Erforschung neuartiger Transportsysteme für die systemische und lokale Applikation bearbeitet. Der Lehrstuhl war von Anfang an großzügig ausgestattet. So wurde unter anderem bereits 1976 eine Dielektrizitätsthermoanalyse bzw. Differential Scanning Calorimetry-Apparatur sowie ein Röntgendiffraktometer beschafft. Im Rahmen der experimentellen Arbeiten wurden auch neuartige Hilfsstoffe, insbesondere hochpolymere Substanzen und Tenside, nach eingehender physikalisch-chemischer und galenischer Kennzeichnung bearbeitet. An modernen Maschinen und Geräten wurden beispielsweise Hochleistungsschnellläuferpressen eingesetzt. Fünf Forschungsschwerpunkte standen im Mittelpunkt der Aktivitäten in Erlangen:

  • Darstellung und Kennzeichnung von tensidhaltigen Systemen;
  • Balneologische Systeme/Liposomen;
  • Konservierung von peroralen Liquida- und Cremesystemen;
  • Darstellung und Kennzeichnung von festen Arzneizubereitungen sowie von Parenteralia.

Bei den Hilfsstoffen waren es vorwiegend Polymere, die als Trägersubstanzen oder Stabilisatoren im Rahmen der Tablettierung, Sprühtrocknung und Stabilisierung unterschiedlicher Darreichungsformen Verwendung fanden. Auf dem Tensidsektor waren es zahlreiche (vorwiegend polyoxyethylierte) Fettsäureester oder -ether, die später auch in der Ph.Eur. als Monographien aufgeführt wurden, sowie verschiedene Poloxamertypen. Insgesamt arbeiteten 45 Doktoranden unter der Leitung von Prof. Dr. Nürnberg.

Der Lehrstuhl ab 1993

Im Oktober 1993 übernahm Prof. Dr. Geoffrey Lee die Leitung des Erlanger Lehrstuhls für Pharmazeutische Technologie. Dabei wurde die hervorragende instrumentelle Ausstattung des Lehrstuhls um die Fourier Transformations Infraspektroskopie und unterschiedliche chromatographische Analysentechniken erweitert. Darüber hinaus konnten ein neues Röntgendiffraktometer (Weit- und Engwinkelbereiche) sowie ein modulierendes Differential Scanning Calorimeter angeschafft werden. Die aktuellen Projekte am Lehrstuhl befassen sich mit

  • der Formulierung und Stabilisierung von Proteinen mittels Gefrier- oder Sprühtrocknung,
  • der Verabreichung von Proteinen mit einer nadellosen Spritze,
  • Wechselwirkungen zwischen Proteinen und Tensiden in wässriger Lösung,
  • der verzögerten Freisetzung von Peptiden aus EDTA-Komplexen sowie
  • der topischen Applikation von Arzneistoffen.

Es wurden beispielsweise neuartige Pflastersysteme entwickelt, mit deren Hilfe Photosensibilisatoren während der photodynamischen Therapie von Hautkrebs topisch verabreicht werden können.

In Fortsetzung der erfolgreichen Arbeiten auf dem Gebiet der halbfesten Systeme durch Professor Nürnberg werden aktuell neuartige Grundlagen auf Basis von Naturstoffen entwickelt. Diese Projekte werden teils durch Drittmittel finanziert, wobei viel Wert auf die erfolgreiche Kooperation mit der pharmazeutischen Industrie gelegt wird.

In den letzten acht Jahren wurden zwei Habilitationsverfahren in der Pharmazeutischen Technologie erfolgreich abgeschlossen. Dr. Achim Göpferich fertigte eine Habilitationsschrift mit dem Titel "Erosion-Controlled Drug Release - Erosionskontrollierte Arzneistofffreigabe" an und wurde gleich nach seiner Habilitation auf den Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie der Universität Regensburg berufen. Dr. Wolfgang Frieß veröffentlichte in diesem Jahr seine Habilitationsschrift über "Drug Delivery Systems Based on Collagen".

In der Lehre werden aktuelle Konzepte, ausgehend von der Approbationsordnung für Apotheker, vermittelt. So werden Seminare über das therapeutische Drug Monitoring in Zusammenarbeit mit dem Klinikum Nürnberg Süd angeboten, und eine neue interdisziplinäre Vorlesung "Peptid- und Proteinarzneistoffe für Pharmazeuten" wurde initiiert. Dieser Erfolg des Lehrstuhls hängt in wesentlichem Maße vom Einsatz der Mitarbeiter ab. Der Dank gilt den sowohl für Forschung als auch im Bereich der Lehre ausgezeichnet motivierten Doktoranden, dem äußerst engagierten Verwaltungs- und technischen Personal und allen anderen, die uns in diesen 25 Jahren unterstützt haben.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.