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Gesundheitsökonomie und Onkologie für Apotheker (8. Norddeutscher Zytostatika-

HAMBURG (tmb). Der 8. Norddeutsche Zytostatika Workshop (NZW), der vom 28. bis 30. Januar in Hamburg-Harburg stattfand, bot auch in diesem Jahr ein breitgefächertes Programm. Am Eröffnungstag ging es um ein weitreichendes Problem für das gesamte Gesundheitswesen: die Rationierung von Gesundheitsleistungen. An den beiden übrigen Tagen konnten sich die etwa 450 teilnehmenden Pharmazeutinnen und Pharmazeuten über speziellere onkologisch-pharmazeutische Themen informieren. Diese reichten von therapeutischen Entwicklungen bis zu technischen Aspekten der Zytostatikazubereitung.

In seiner Eröffnungsansprache bezeichnete der Präsident der Apothekerkammer Hamburg, Dr. Hans-Jochen Gelberg, den NZW als gutes Beispiel für die Aufbruchstimmung im Berufsstand. Elemente des notwendigen Wandels seien die patientenorientierte Pharmazie, die Qualitätssicherung pharmazeutischer Dienstleistungen, die Verstärkung der Kooperation zwischen Ärzten und Apothekern sowie spezialisierte Dienstleistungen. Alle diese Aspekte würden vom NZW aufgegriffen, der damit voll im Trend liege. Diese Veranstaltung wende sich zudem gegen eine existenzgefährdende Zersplitterung des Standes. Denn es nahmen onkologisch engagierte Pharmazeuten sowohl aus der Offizin als auch dem Krankenhaus teil. Verbindendes Anliegen sei die qualitativ hochstehende Versorgung der Patienten. Dies erfordere auch die Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen, insbesondere den Ärzten.

Weiterbildung in onkologischer Pharmazie

Die Grundlage für diese Arbeit bilde die Qualifikation, die nach dem Studium durch Fort- und Weiterbildung ausgebaut werde. Speziell für die Onkologie biete die Apothekerkammer Hamburg als erste in Deutschland eine Weiterbildung im Zusatzgebiet "Onkologische Pharmazie" an. Die gesetzliche Grundlage sei erst wenige Tage zuvor in Kraft gesetzt worden. Nun würden Anforderungen an Weiterbildungsstätten und Curricula für Seminare entwickelt, die bereits im Juni beginnen sollen.

Rationierung im Gesundheitswesen

Gelberg begrüßte das gesundheitsökonomische Schwerpunktthema des ersten Veranstaltungstages. Rationierung im Gesundheitswesen sei für viele ein Reizwort, das ungern aufgegriffen werde. Doch finde schon jetzt Rationierung statt. Ein modernes Gesundheitswesen könne nicht ohne Rationierung auskommen. Dies sei auch gar nicht verwerflich. "Verwerflich wäre nur eine Rationierung, die nicht rational, sondern willkürlich wäre," folgerte Gelberg. Als wissenschaftlichen Hintergrund zur anschließenden gesundheitspolitischen Diskussion erläuterte der Philosoph Prof. Dr. Hartmut Kliemt, Duisburg, Ethik und Ökonomik der Rationierung von Gesundheitsleistungen. Er hob den Aspekt des Gebens hervor, der oft übersehen werde. Denn beim Rationieren gehe es darum, ein knappes Gut unter Umgehung marktwirtschaftlicher Mechanismen nach irgendwelchen Gerechtigkeitsvorstellungen zu verteilen. Das primäre Ziel sei dabei nicht das Vorenthalten, sondern das Geben an die ausgewählten Empfänger.

Ein Vorschlag aus den USA ...

Prof. Dr. Günther Wiedemann, Lübeck, stellte den Oregon Health Care Plan vor. Nach diesem Konzept werden in den USA Leistungen von Krankenversicherungen begrenzt. Dazu wird für jede Krankheit ermittelt, wie effektiv sie sich behandeln lässt, d. h. welche therapeutischen Erfolge im Verhältnis zu den eingesetzten Finanzmitteln zu erzielen sind. So entsteht eine Reihenfolge anhand der Effektivität der Therapien. Das vorhandene Budget wird auf die effektivsten Therapien verteilt, die dann vollständig bezahlt werden, auch wenn sie sehr teuer sein sollten. Für wenig erfolgreiche Therapien bleibt letztlich kein Geld übrig.

... und seine Anwendbarkeit in Deutschland

In einer Podiumsdiskussion mit Vertretern der verschiedensten Interessengruppen des Gesundheitswesens wurden neben diesem Konzept weitere Aspekte möglicher Rationierungen kritisch hinterfragt. Für die Apotheker nahm Götz Schütte, Mitglied des geschäftsführenden ABDA-Vorstandes, teil. In der Diskussion wurde herausgearbeitet, dass der Ausschluss ganzer Indikationen, aus welchen Gründen dies auch geschehen mag, in Deutschland vermutlich keine gesellschaftliche Akzeptanz finden würde. Andererseits waren sich die Podiumsteilnehmer einig über die Notwendigkeit einer offenen gesellschaftlichen Diskussion. Die Diskussion sei besser als eine verdeckte Rationierung nach unbekannten Kriterien. Die Methode der Rationierung sollte zudem das Arzt-Patienten-Verhältnis nicht belasten, d. h. die Entscheidung über die Finanzierbarkeit dürfe nicht dem einzelnen Arzt aufgeladen werden. Einen ausführlichen Bericht über die gesundheitsökonomischen Vorträge, die Diskussion und ausgewählte onkologisch-pharmazeutische Themen finden Sie in einer der nächsten Ausgaben der DAZ.

Vom 28. bis 30. Januar fand in Hamburg der 8. Norddeutsche Zytostatika-Workshop statt. Am Eröffnungstag stand die Diskussion über mögliche Rationierungen von Gesundheitsleistungen im Mittelpunkt. Ein Beispiel aus den USA zeigte, wie dort Leistungen von Krankenversicherungen begrenzt werden.

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