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Wolf zu Arzneimittelbudgets: Budget nach oben anpassen

BONN (im). Arzneimittelbudgets sind untauglich für die Versorgung der Bevölkerung, da die Gefahr der "Medizin nach Kassenlage" entsteht. Wenn diese Ausgabenbegrenzungen jedoch blieben, müssten sie zumindest an die Realität angepasst werden. Dies hat Heinz-Günter Wolf vom niedersächsischen Apothekerverband am 22. November in Düsseldorf vertreten.

Auf der gemeinsamen Veranstaltung der Pharmazeutischen Zeitung und des Deutschen Ärzteblatts im Rahmen der diesjährigen Medizinermesse Medica kritisierte Wolf, die Weiterentwicklung der Budgets werde nur unzureichend genutzt. Ihm fehle ein Stück Ehrlichkeit in der Diskussion. Es gehe nicht an, die Ausgaben mit einem Deckel zu begrenzen, aber zugleich evidenzbasierte Medizin zu fordern. Wenn die Budgets blieben, müsse über Leistungsbegrenzung geredet werden. Der niedersächsische LAV-Chef hob darüber hinaus hervor, wenn künftig mehr als bisher vormals stationär erbrachte Leistungen in den ambulanten Bereich wanderten, müssten die Budgets auch daran angepasst werden. Es sei unmöglich, die vorhandene Geldmenge im niedergelassenen Sektor nur leitlinienorientiert umverteilen zu wollen. An die Adresse der Betriebskrankenkassen, die die "atomistische" Struktur der Apotheken beklagt hatten, appellierte er, diese sollten ihre Vorschläge zu Ende denken. Zum einen sei es widersinnig, auf Kassenseite selbst den Anachronismus (Körperschaften öffentlichen Rechts) nicht zu beheben, aber bei Ärzten und Apothekern neue Organisationen (außerhalb von Kammern und Verbänden) etwa wie in den USA zu fordern. Zum anderen ergebe sich gerade für die Kassen als Folge daraus eine schlechtere Verhandlungsposition. Denn derzeit organisierten sich etwa in Niedersachsen 2000 Apothekenleiter freiwillig als Einzelunternehmer im LAV. Bei einem Verband (mit 2000 "Filialen") jedoch entstünde ein viel mächtigerer Verhandlungspartner für die Krankenkassen

Keine moderne Medizin mit Budgets

Auch Dr. Michael Späth kritisierte die Arzneibudgets, denen er keine Zukunft prognostizierte. Es sei kaum möglich, besonders den schwer chronisch Erkrankten oder den Patienten mit einer der großen Volkskrankheit moderne, recht teure Präparate, die vor kurzem auf den Markt kamen, unter den Ausgabenbegrenzungen zukommen zu lassen, sagte der Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Seinen Worten zufolge wurde noch nie überprüft, ob die Arzneiversorgung mit dem Bedarf in einer Region übereinstimmte, auch nicht in den Kassenärztlichen Vereinigungen, die ihr Budget einhalten konnten. So sei bekannt, dass es auch in der als sparsam geltenden KV Südwürttemberg Überschreitungen bei den Arzneimitteln gegeben habe, die aber durch einen großen Rückgang bei den Heilleistungen im gemeinsamen Topf kompensiert wurden. Sinnvoll seien Diabetesverträge, etwa wie in Südwürttemberg, in denen bestimmte Überschreitungen als Folge der intensiveren Betreuung der Patienten nicht dem Budget angerechnet würden.

Gemeinsam gegen "Verschiebebahnhöfe"

Herbert Rebscher von den Ersatzkassenverbänden VdAK appellierte an Apotheker und Ärzte, gemeinsam mit den Kassen "ein Bollwerk gegen politische Verschiebebahnhöfe" zu bilden. Gemeint ist hier die Sanierung etwa des Etats des Arbeitsministers zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die Politik habe so in den vergangenen Jahren bis heute zweistellige Milliardenbeträge aus dem GKV-System genommen, kritisierte Rebscher. Dies sei parteiübergreifend vorgekommen, sowohl beim damaligen Bundesgesundheitsminister Seehofer (CSU) als auch bei der jetzigen Ministerin Fischer (Bündnis 90/Die Grünen). Der Kassenverbandschef hielt die Budgets für nötig. Die Ärzte sollten mit ihrer "Verelendungsdebatte" aufhören, es gebe keine Unterversorgung, aber häufig Fehl- und Überversorgung. Ein Problem in Deutschland seien die Überkapazitäten wie die zu hohe Zahl an Klinikbetten oder die doppelte Facharztebene im Krankenhaus und ambulanten Bereich.

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