Feuilleton

Zur Erinnerung: 225. Todestag von John Hill

Einer der fruchtbarsten botanischen Schriftsteller des 18. Jahrhunderts in England war der Apotheker John Hill. Anlässlich seines 225. Todestages am 22. November 2000 soll seiner Verdienste und seines bewegten Lebens gedacht werden.

Als Sohn eines anglikanischen Geistlichen wurde John Hill im November 1714 in Peterborough, einer Stadt im östlichen Mittelengland, geboren. Er erlernte die Apothekerkunst in Westminster und soll sich zeitweise auch als Schauspieler betätigt haben. Als er 1738 heiratete, arbeitete er in einer Londoner Apotheke. Etwa zur gleichen Zeit begann er für Lord Robert Petre und den Herzog von Richmond und Lennox Pflanzen zu sammeln und wurde bald darauf von ihnen angestellt. In ihrem Auftrag bereiste er verschiedene Gebiete Englands. Im privaten Theater des Herzogs spielte Hill kleine Rollen, und 1740 publizierte er sein erstes Werk: "Orpheus, an Opera". Nachdem er sich unglücklich in eine Schauspielerin verliebt hatte, kehrte er 1743 nach Westminster zurück und wurde Teilhaber der Apotheke, in der er früher gearbeitet hatte. Ab 1744 machte Hill sich in den Kreisen der Wissenschaft bekannt und verkehrte mit Mitgliedern der Royal Society. Er nahm die Schriftstellerei wieder auf, die bald zur Vielschreiberei ausarten sollte.

Sein erstes naturkundliches Werk war die kommentierte Übersetzung einer Abhandlung von Theophrast unter dem Titel "History of Stones", 1746 (1754 französische und 1770 deutsche Übersetzung). Im selben Jahr gründete er eine eigene Monatszeitung, "British Magazine", und schrieb bald darauf auch regelmäßige Kolumnen in anderen Zeitungen. 1748 publizierte er "Complete History of Drugs", seine Übersetzung eines pharmazeutischen Standardwerkes von Pierre Pomet (1658-ca. 1700). Nach vergeblichen Bemühungen, in die Royal Society aufgenommen zu werden, verfasste Hill 1750 zwei satirische Schriften, mit denen er die Gesellschaft lächerlich machte. In der unter dem Pseudonym "Abraham Johnson" veröffentlichten Schrift "Lucina sine concubitu" verspottete er die Royal Society, weil sie es für möglich hielt, dass eine Frau durch den Südwind geschwängert wurde. Ebenfalls 1750 erwarb Hill sich bei der schottischen Universität St. Andrews den medizinischen Doktortitel.

1758 freundete Hill sich mit dem britischen Staatsmann John Stuart Earl of Bute (1713-1792) an, der ihm den Auftrag vermittelte, im Park von Kew für die Prinzessin von Wales einen botanischen Garten anzulegen ("Hortus kewensis", 1768, 2. Aufl. 1770). Außerdem war es Hill möglich, unter der Protektion und auf Kosten seines Gönners sein bedeutendes Werk "The vegetable system or a series of experiments and observations trending to explain the internal structure and the life of plants", 1759 bis 1775, mit 2600 gezeichneten Pflanzen in 26 Bänden herauszugeben, wovon die letzten beiden Bände in Hills Todesjahr erschienen (Neuausgabe1824).

Aus der Anzahl der von Hill verfassten Bücher, hier eine kleine Auswahl:

  • "General natural history", 1751;
  • "Essays in natural history and philosophy", 1752, zählt mit zu seinen besten Schriften;
  • "Thoughts concerning God and Nature", 1755. In diesem Werk ging er gegen die Einwürfe von Lord Bolingbroke, die Religion betreffend, vor;
  • "Naval history of Britain", 1756;
  • "Eden, or a compleat body of gardening", 1757 (2. Aufl. 1773). Dieses Werk war eine Art illus-trierter Gartenkalender in 59 Folgen. Er war nach Wochen und Monaten eingeteilt und gab Auskunft darüber, wann die Gewächse blühen und Früchte bringen;
  • "Sleep of plants and cause of motion in the sensitive plant", 1757 (deutsche Ausgabe 1768);
  • "Exotic botany illustrated", 1759;
  • "Herbarium britannicum", 1769;
  • "Construction of timber explained by the microscope", 1770, in welchem er die Schönheit und Kostbarkeit des Papiers, des Druckes und der 48 kolorierten Kupferstiche bis zur Verschwendung übertrieb.

Hill war ein Anhänger des von dem deutschen Botaniker A. Q. Rivinus (1652-1723) aufgestellten botanischen Systems. U.a. befasste er sich mit den Flechten, den Moosen, den Mimosen, der Flora von England und trug auch etwas zur Klärung der Befruchtungsvorgänge in der Pflanzenwelt bei. Die meisten Abbildungen in seinen Werken stammen von ihm selbst, er war ein guter Zeichner und Kupferstecher.

Über Hill heißt es in der "Allgemeinen Encyklopädie der Wissenschaften und Künste" (1831): "Gründliche Gelehrsamkeit besaß Hill nicht, aber viel Talent, mancherlei schätzbare Kenntnisse, eine ungemeine Leichtfertigkeit im Schreiben, und eine besondere Geschicklichkeit, fremde Beobachtungen und Erfahrungen sich anzueignen und zu mancherlei Zwecken zu benutzen. Ob man gleich in den meisten seiner Schriften, in denen er sehr mannigfaltige Gegenstände abhandelte, auf unverkennbare Beweise von Flüchtigkeit und Ungenauigkeit stößt, so enthalten sie doch auch viel Gutes und Besonderes bzw. Brauchbares."

Hill schrieb auch zahlreiche medizinische Werke wie

  • "Construction of the nerves and causes of nervous disorders", 1758;
  • "Virtues of Sage", 1763 (deutsche Übersetzung "Kräfte des Salbey zur Verlängerung des Lebens", 1778);
  • "Centaury, the Great Stomachic: Its Preference to all other Bitters...", 1765.

Ferner hat Hill auch Romane und Schauspiele geschrieben, welche schon längst in Vergessenheit geraten sind. Der Schriftsteller David Garrick (1717-1779) hat Hill diverse satirische Verse gewidmet. In diesen klagt Garrick ihn an, dass er nicht nur in der Heilkunst, sondern auch in der Literatur die Rolle eines Quacksalbers spiele. Mary North Chenoweth schrieb dazu 1937 im American Journal of Pharmacy: "Es ist kennzeichnend für Hill, dass er auf eine an ihn gerichtete poetische Verwünschung, in der die Hoffnung ausgesprochen wird, dass er als Strafe für seine Vergehen dazu verdammt sein werde, seine Arzneien selbst zu schlucken und seine Verse selbst zu lesen, zynisch erwiderte, dass die Arbeitsteilung eben darin bestehe, dass die anderen seine Erzeugnisse und er ihr Geld nehme."

Am 22. November 1775 starb John Hill in London, nachdem er in seinem letzten Lebensjahrzehnt schwer an Gicht und Ödemen gelitten hatte. Er ließ seine zweite Ehefrau, die er 1753 geheiratet hatte, in wirtschaftlich schlechten Verhältnissen zurück, da er sein ganzes Geld in sein "Vegetable system" gesteckt hatte. Ihm zu Ehren benannte N. J. von Jacquin (1727-1817) die in Mittel- und Südamerika heimische Pflanzengattung Hillia (Rubiaceae). König Gustav III. von Schweden, dem Hill eine Auswahl seiner bedeutendsten Werke geschickt hatte, nahm ihn 1774 in den Wasa-Orden auf. Seit dieser Zeit nannte der englische Botaniker sich Sir John Hill.

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