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Weil die Arzneimittelausgaben auch bei den privaten Krankenversicherern klettern, zerbrechen diese sich den Kopf, wie sie steuernd eingreifen können. Dazu müssen sie jedoch Kontrollmöglichkeiten haben, denn zur Zeit wissen die privaten Krankenversicherungen nicht genau, was sich zwischen Arzt und Patient abspielt. Wird das verordnete Arzneimittel in der Apotheke abgegeben oder verlangt der Patient dort etwas anderes? Sind die Verschreibungen unter pharmakotherapeutischen Gesichtspunkten logisch oder erhält eine 80-Jährige womöglich etwas, was auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar ist - und sich auf den zweiten Blick womöglich als Versorgung von Familienangehörigen entpuppt?

Dass sich das Augenmerk des Verbands der privaten Krankenversicherung (PKV) auf die Medikamente richtet, ist angesichts einer zehnprozentigen Steigerung bei den Arzneiausgaben 1999 verständlich. Jetzt wird wieder ein Versuch gestartet, die blauen Rezepte zu pushen. Vor wenigen Jahren hatte der PKV den Ärzten einmal die Vordrucke zugesandt mit der Bitte, diese und nicht die der Industrie zu verwenden. Die standardisierten Vordrucke sind aber nur das eine. Viel wichtiger ist die Pharmazentralnummer (PZN), um zu wissen, was in den Apotheken abgegeben wird. Deren korrekte Auftragung hätte der Verband gern - aber bitteschön kostenlos! Nicht anders ist es zu verstehen, wenn der PKV meint, mit dem Kauf des PZN-Verzeichnisses seinerzeit sei die Auftragung der Nummer abgegolten. Das sind mit Verlaub schon zwei Paar Schuhe. Denn in der Praxis wird es ab und an zu Störungen im Routineablauf und zu einem gewissen Zeitaufwand kommen, etwa wenn in der Apotheke ein Rezept nicht reibungslos durchrutscht oder auch im Rechenzentrum, wo die Nachbehandlung zu Fuß immer Kosten verursacht. Der PKV sollte einen Vertrag mit dem Apothekerverband über die Honorierung dieser Tätigkeit schließen, dem steht ein erheblicher Transparenzgewinn für den PKV gegenüber. Der sollte ihnen etwas wert sein.

In der rot-grünen Koalition knirscht es. Erst gab es neue Eckpunkte grüner Gesundheitspolitik (siehe auch AZ Nr. 46 vom 13. November), dann versuchten die Bündnisgrünen konkret, Milliardenbelastungen von den gesetzlichen Krankenkassen abzuwenden.

Offenkundig ist der Partei klar geworden, dass sie ihre grüne Ministerin allein im Regen stehen ließ, Rückendeckung ist angesagt. Im Positionspapier steht einiges Bekanntes (die Positivliste), aber auch Erstaunliches. So sieht jetzt auch der kleinere Koalitionspartner die Lücke auf der Einnahmenseite im Solidarsystem gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Glückwunsch, diese Erkenntnis, die die Fachleute unterschiedlichster Richtungen bereits seit längerem thematisieren, ist nun bei den Grünen angelangt. Da eine große Gesundheitsreform nicht mehr in dieser Legislaturperiode kommen soll, ist klar, dass die GKV-Einnahmen 2001, spätestens 2002 auf der Tagesordnung stehen.

Bis dahin läuft das Tagesgeschäft. Hier haben sich SPD und Grüne wegen der Rentenreform in die Haare bekommen. Um den Haushalt des Arbeits- und des Finanzministers zu schonen, werden kräftig Milliarden auf die GKV überwälzt.

Zumindest bei der Reform der Invalidenrente wurde am Montagabend ein Kompromiss erzielt. Dabei wurden die Belastungen für die GKV nicht gestrichen, aber begrenzt. Andere Zusatzbelastungen bleiben (Kürzung bei Kassenbeiträgen für Arbeitslose durch den Bund). Dabei haben die Grünen zu Recht diese klassischen Verschiebebahnhöfe kritisiert. Der Krankenversicherung und damit dem Gesundheitswesen Milliarden zu entziehen, um Löcher in der Rentenkasse oder Arbeitslosenversicherung zu stopfen - damit sollte Schluss sein. Die Beiträge, deren Zahlung sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen, sind zur Versorgung von Kranken gedacht. Das sollten die SPD-Politiker bedenken.

Susanne Imhoff-Hasse

Erneuter Versuch zu blauen Rezepten

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