Arzneimittel und Therapie

Galavit gegen Krebs: Russisches Wundermittel aus der Weltraumforschung

Derzeit geistert wieder einmal die Nachfrage nach einem neuen "Wundermittel" gegen Krebs durch die Arztpraxen: nach Galavit, einem Präparat, das aus der russischen Raumfahrtforschung stammen soll. Diese Therapie ist bei uns weder zugelassen noch besonders preisgünstig: Sie kostet zwischen 6000 und 20000 DM.

Galavit wird im "Zentrum für moderne Medizin Medikor" in Moskau entwickelt. Dieses Zentrum ist der Exklusivhersteller und Besitzer der Handelsbezeichnung. Galavit enthält 2-Amino-1,2,3,4-Tetrahydrophthalazin-1,4-Dion-Natriumsalz, Dehydrat. Es wird intramuskulär in Dosen von 0,1 bis 0,2g ein- bis zweimal täglich angewendet.

Das Gesundheitsministerium der Russischen Föderation soll mit Datum vom 31. März 1997 Galavit als Arzneimittel zur Behandlung von akuten und chronischen Entzündungen des Magen-Darm-Traktes zugelassen haben. Es wird außerdem in Russland bei Infektionskrankheiten, Entzündungen, chronischen Erkrankungen, Immundefekten und zur "Immunkorrektur bei onkologischen Krankheiten" erprobt. Galavit ist weder in Deutschland noch in Österreich oder der Schweiz zugelassen. Klinische Studien wurden bisher nicht veröffentlicht.

Wirkung: ja, wie denn nun?

Die Angaben zur Wirkung sind vage und nicht nachvollziehbar. Galavit soll auf veränderte Makrophagen einwirken, wobei die normalen Zellen unberührt bleiben sollen. Unter anderem soll die Substanz die Funktion hyperaktivierter Makrophagen, beispielsweise bei Magen- und Duodenalulzera, hemmen. Außerdem soll das Präparat "das Mikrobizid-System der neutrophilen Granulozyten" stimulieren, "indem es die Phagozytose verstärkt". Demnach werden hyperaktive Makrophagen gehemmt und normale Makrophagen, deren Funktion ja die Phagozytose ist, stimuliert.

Im Internet findet sich unter der Überschrift "Den Krankheiten ist der Eintritt verboten" eine ausführliche Beschreibung des "unikalen" Präparates, "das einen neuen Weg zur Überwindung schwerer Krankheiten bahnt" und das Schutzsystem des menschlichen Organismus "mit einer Wunderkraft" ausrüstet.

Die wundersame Wandlung vom Entzündungshemmer zum Krebsmittel

Warum sich aus diesen vagen Angaben schließen lässt, Galavit wirke "tumorhemmend, metastasenhemmend und tumorimmunstimulierend", wie dies die "Fachklinik Carolinum" aus Bad Karlshafen im Internet tut, ist noch viel unklarer. Auch ein so genannter Arbeitskreis "Krebs-Immun-Therapie" unter Adressen in Zürich und Kitzbühel ("Mission Pharma AG") schwärmt von dem Mittel: "Neue Hoffnung für Krebskranke durch Forschung aus dem Weltall" wird da auf ansprechend gestalteten Internetseiten versprochen.

Die "Fachklinik Carolinum" bietet eine ganzheitliche Krebs-Immun-Therapie an, in der Galavit eine zentrale Rolle spielt. Hier wird versprochen, dass das Mittel "über eine Aktivierung des Immunsystems eine spezifische, zielgerichtete Wirkung gegen Krebs und dessen Tochteransiedlungen (Metastasen) entfaltet".

Seriöse Stellen raten ab

Der Arbeitskreis Komplementäre Onkologie Deutscher Heilpraktiker e.V. (AKODH) rät vom Einsatz von Galavit "dringend ab, zumal die mangelhaften Unterlagen eine Gefährdung des Betroffenen durch die Einnahme/Applikation von Galavit nicht ausschließen. Die bisher vorliegenden Unterlagen reichen bei weitem nicht aus, um eine sachgerechte Einschätzung zur Wirksamkeit abzugeben."

Auch das "arznei-telegramm" warnt in einem "blitz-a-t" vom 25. Oktober vor dem "Wundermittel": "Die Kosten, die nicht von den Kassen übernommen werden, sind beträchtlich. Die Versprechungen, die Betroffene zum letzten Strohhalm Galavit greifen lassen (stoppt Wachstum des Primärtumors, verhindert Neubildung von Metastasen, verlängert die [Über-]Lebenszeit), empfinden wir angesichts nicht vorhandener Daten als zynisch. Wir raten von dieser ungesicherten Therapie ab."

Derzeit geistert wieder einmal die Nachfrage nach einem neuen "Wundermittel" gegen den Krebs durch die Arztpraxen: Nach Galavit, einem Präparat, das aus der russischen Raumfahrtforschung stammen soll. Diese Therapie ist bei uns weder zugelassen noch besonders preisgünstig: Sie kostet zwischen 6000 und 20 000 DM. 

Teures Geheimnis

Besonders spannend - vor allem für Star-Trek-Fans- ist die Geschichte des "Arzneimittels". Nach Angaben der "Fachklinik Carolinum" im Internet wurde Galavit "in den geheimen radiologischen Forschungslabors von Obninsk bei Moskau" entwickelt, um "die russischen Kosmonauten mit ihren langen Aufenthalten im Orbit wirksam gegen die Entstehung von Tumoren durch die hohe Strahlenbelastung zu schützen". Angeblich ist der Immunmodulator "bei knapp 300 Kosmonauten und rund 30000 Krebspatienten erfolgreich eingesetzt worden - in der Mehrzahl der Fälle zur Unterstützung der Strahlen- und Chemotherapie". Leider gibt es keine Veröffentlichungen dieser Untersuchungen, die dem Mittel internationale Anerkennung verschaffen würden, wenn es denn wirksam wäre.

Bei so viel Geheimnis muss der Patient dann natürlich tief in die Tasche greifen, denn "Galavit ist eine Reinsubstanz und kein Derivat heute bekannter Produkte, was die hohen Entwicklungs- und Herstellkosten des Medikamentes erklärt". Diese Aussage einer deutschen Fachklinik zeugt nicht gerade von tiefem Verständnis für die Art, wie moderne Arzneistoffe entwickelt werden und ist auch in dieser stark verkürzten Form schlicht und einfach falsch.

Adressen im Internet

Ausführlichere Informationen kann man im Internet unter folgenden Adressen erhalten: www.galavit.com www.galavitum.de www.institut-harz.de

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