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Schmerzhafte Lücke (Gastkommentar)

Fama fert - es geht ein Gerücht. Es geht das Gerücht, dass Aventis vormals Hoechst, den Vertrieb von Metamizol (Novalgin) einzustellen gedenkt.

Metamizol ist ein Analgetikum. Wie es wirkt, ist unbekannt, dass es wirkt, dagegen gut, und dies u.a. bei so schweren Schmerzen, wie sie bei Koliken auftreten. Metamizol hat in deutschen Landen eine abwechslungsreiche Geschichte. 1926 in den Markt eingeführt, wurde in den 60er- und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts der Verdacht geäußert, die Anwendung von Metamizol könne zu einer Beschädigung des Blutbildes führen. Dieses Risiko wurde daraufhin in einer vom Hersteller finanzierten Untersuchung (Boston Drug Surveillance Study) quantifiziert. Eine Koinzidenz zwischen Metamizoleinnahme und Agranulozytose wurde festgestellt. Der schier endlose Streit über die absolute Höhe des Risikos soll hier nicht wieder aufgenommen werden, das Risiko ist gering und auf alle Fälle nicht wesentlich höher als das Risiko lebensbedrohlicher Nebenwirkungen bei anderen Analgetika. Am Ende der Diskussion stand die Rezeptpflicht für Metamizol. Jetzt droht diesem Wirkstoff das Aus. Die Gründe sind nicht allzu schwer zu erraten:

  • Ein international operierender Konzern hat kein großes Interesse daran, regionale Bedürfnisse zu befriedigen (Metamizol wurde in den angelsächsischen Ländern nie eingeführt).
  • Mit der Rezeptpflicht sank der Umsatz und möglicherweise rechnet sich das Produkt für die Kaufleute nicht mehr. Metamizol ist kein "block-buster".
  • Metamizol harrt noch immer der Nachzulassung. Der Nachweis der Wirksamkeit mittels klinischer Studien steht aus. Das Arzneimittelgesetz fordert diesen ebenso wie die Richtlinien der Europäischen Union. Die Gründe für das Versäumnis, solche klinischen Untersuchungen nicht schon vor Jahr und Tag begonnen zu haben, liegen offen zu Tage. Hätte Aventis vormals Hoechst die Investition - und wir wissen alle, dass es immer gleich um Millionenbeträge geht - getätigt, sie würde sich schwerlich amortisiert haben, lauern die Zweitanbieter doch nur darauf, den ungeschützten Wirkstoff zu vermarkten, ohne selbst investieren zu müssen.

Jeder Apotheker, der sich als Arzneimittelfachmann begreift, der seine Funktion als Verwalter des Arzneimittelschatzes akzeptiert, muss versuchen, den sich abzeichnenden Verlust zu verhindern. Von den Forderungen des AMG nach einem soliden Wirksamkeitsnachweis können wir nicht abrücken und nach wie vor gilt die G. Kuschinsky zugeordnete Aussage, dass auch ein jahrhundertelanger Gebrauch kein Ersatz für den Wirksamkeitsnachweis sein kann.

Da wir von im Markt operierenden Unternehmen nicht erwarten können, dass sie aus vielleicht karitativ zu nennenden Gründen kostspielige Untersuchungen in Auftrag geben, bleibt eigentlich nur die Forderung, dass jenen alleine, die den Wirksamkeitsnachweis für Wirkstoffe wie Metamizol führen, erlaubt werden muss, die gewonnene Erkenntnis dann über einen angemessenen Zeitraum wirtschaftlich zu nutzen. Wir müssen rasch und deutlich vernehmbar unsere Stimme erheben, um Schaden abzuwenden. Metamizol ist ein analgetisches Wirkprinzip sui generis. Sein Verlust würde eine "schmerzhafte" Lücke in das Instrumentarium des Schmerztherapeuten reißen. Apotheker wissen, dass wir im Bereich der Analgetika nichts zuzusetzen haben.

Prof. Dr. Albrecht Ziegler, Kiel

In einem Gastkommentar befasst sich der Pharmakologe Professor Albrecht Ziegler, Kiel, mit dem Ansinnen der Herstellerfirma Aventis, den Wirkstoff Metamizol vom Markt zu nehmen. Ziegler würde diesen Schritt aus pharmakologischen Gründen bedauern, da Metamizol mit einem eigenen Wirkprinzip eine gute Wirkung und Wirksamkeit zeigt z. B. auch bei kolikartigen Schmerzen.

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