Die Seite 3

Wenn wir heute Berichte lesen, wie früher Quacksalber, Wunderdoktoren und Medizinmänner mit Wundermitteln die Menschen hinters Licht geführt und betrogen haben, dann entlockt uns das ein Kopfschütteln und ein mitleidiges Lächeln - sie wussten es einfach nicht besser und mussten darauf hereinfallen. Wenn wir heute Berichte lesen, wie Menschen mit falschen Versprechungen und nicht haltbaren Aussagen zu bestimmten "Präparaten" auch in unseren Tagen getäuscht werden, dann sollten wir mehr tun, als nur den Kopf schütteln und mitleidig lächeln - denn wir wissen es heute besser. Und vor allem: wir haben ein Arzneimittelgesetz, das Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit verlangt, wenn ein Präparat zugelassen werden und verkehrsfähig sein soll.

Doch das ist nur die eine Seite. Die andere Seite ist ein kaufmännisches, betrügerisches Potenzial, das unseriöse Präparatehersteller dazu verleitet, die Grauzone unseres Arznei- und Lebensmittelmarktes auszunützen und die Gutgläubigkeit und Naivität vieler Menschen, die ein gesundheitliches Problem haben. Das Ergebnis: selbst (oder gerade) in einer so aufgeklärten und naturwissenschaftlich bestimmten Zeit haben Wundermittel, die das Blaue vom Himmel versprechen, Hochkonjunktur. Kein Jahr vergeht, in dem nicht z. B. gerade im Bereich Gewichtsreduktion eine neue Superpille, eine Fettbremse, ein Fettverbrenner oder Super-Fettlöser zur Traumfigur verhelfen sollen. Die Leute fallen massenweise auf die Versprechungen herein, bescheren den oft in Österreich ansässigen Herstellern Riesen-Umsätze - und lassen auch die verkaufenden Apotheken an dem Erfolg teilhaben.

Selbst Apotheken, die von solchen Präparaten abraten, haben es schwer, ihre Kunden vom Unsinn dieser Mittel zu überzeugen. Geschickt aufgemachte Werbeanzeigen bedienen sich der Seriosität der Apotheke und zitieren vermeintliche Ratschläge aus der Apotheke - wie es beispielsweise Werbeanzeigen für den neuen "Super-Fettlöser Navol" tun. Auch bei diesem Mittel wird es - ähnlich wie bei Vorgängern wie Calix und Co. - dauern, bis die Behörde einschreitet.

Der Marburger Apotheker Gregor Huesmann, der 1995 mit seiner "Der Scheiß-des-Monats-Aktion" für Unruhe in diesem Markt sorgte, hat sich in seinem "Schwarzbuch Wundermittel" (Hirzel Verlag, Stuttgart) mit der Grauzone zwischen Arznei- und Lebensmittel befasst. "Die berechtigte Frage, wieso solcher Schrott überhaupt verkauft werden darf", so schreibt er in einer Vorbemerkung zu seinem Buch, "ist schnell beantwortet: Vermarktet ein Hersteller seine Wunderpillen als Nahrungsergänzung, nutzt er auf clevere Weise die deutsche und europäische Rechtslage aus. Weil Nahrungsergänzungsmittel vom Gesetz als Lebensmittel definiert sind, entfällt die für Arzneien vorgeschriebene Zulassung. Und wo es kein Zulassungsverfahren gibt, fordert natürlich auch niemand einen Nachweis ein, dass das Produkt wirksam und unbedenklich ist - die Firma kann ihrem Mittel die wunderbarsten Eigenschaften andichten. Zumindest solange, bis ein Wettbewerbsverein den Verkauf mittels einer einstweiligen Verfügung stoppen lässt."

Als eine Art Wundermittel werden auch die hochdosierten Vitamin- und Mineralstoffpräparate des Dr. Matthias Rath gehandelt: sie sollen sogar gegen heute unheilbare Erkrankungen bis hin zum Krebs helfen. Mittlerweile liegt eine Stellungnahme des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vor, wonach die Rathschen Wundermittel als zulassungspflichtige Arzneimittel eingestuft werden. Da sie jedoch nicht zugelassen sind, dürfen sie nicht in Verkehr gebracht werden, das Inverkehrbringen kann als Straftat verfolgt werden. Immerhin, endlich eine Stellungnahme dazu. Ebenfalls zu Navol, das vom BfArM auch als zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel eingestuft wird.

Zur Anwendung gegen Krebs macht ein russisches Wundermittel anderer Art zur Zeit von sich Reden: Galavit, eine chemische Substanz, die von der russischen Zulassungsbehörde als Arzneimittel gegen Entzündungen im Magen-Darmtrakt zugelassen worden sein soll. Über eine Aktivierung des Immunsystems soll die 6000 bis 20000 DM teure Therapie sogar gegen Tumore und Metastasen wirksam sein. Bei der Suche nach Beweisen: Fehlanzeige.

Auch wenn es nicht immer einfach ist: versuchen Sie Ihre Kunden und Patienten über Wundermittel aufzuklären und seriös zu informieren. Wir versuchen, Sie dabei mit Informationen zu unterstützen.

Peter Ditzel

Wundermittel

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