Arzneimittel und Therapie

Fortgeschrittenes Mammakarzinom: Anastrozol gefolgt von Tamoxifen

Für den ersten Behandlungsschritt des fortgeschrittenen, inoperablen Mammakarzinoms war bisher Tamoxifen der Goldstandard. Wenn nach anfänglichem Ansprechen eine Progression eintrat, wurde mit Aromatasehemmern (z. B. Anastrozol), danach mit Gestagenen behandelt. Im direkten Vergleich hat sich Anastrozol im Rahmen eines internationalen Phase-II-Studienprogramms bei rezeptorpositiven Patientinnen als wirksamer und verträglicher als Tamoxifen erwiesen und wurde daher im April in Deutschland für die First-line-Behandlung zugelassen. Es stellt sich nun die Frage, ob Tamoxifen nach der Anwendung von Anastrozol noch wirkt, sodass man erstmals die Therapiesequenz umkehren und die wirksamere und verträglichere Therapie für den ersten Behandlungsschritt wählen kann. Diese Frage konnte nach einer Mitteilung von AstraZeneca mit Hilfe von Daten beantwortet werden, die im Rahmen der European Breast Cancer Conference im September in Brüssel vorgestellt wurden.

Die Studienergebnisse bestätigen die Bedeutung von Anastrozol als Therapie der ersten Wahl für den ersten Behandlungsschritt bei der postmenopausalen Frau mit hormonrezeptorpositivem fortgeschrittenem Mammakarzinom. Die neuen Daten zeigen, dass der Einsatz von Anastrozol im ersten Behandlungsschritt (First-line) die Wirksamkeit von Tamoxifen im zweiten Behandlungsschritt (Second-line) nicht beeinträchtigt.

In einer prospektiven gemeinsamen Auswertung von 1021 Patientinnen aus zwei randomisierten doppelblinden Studien mit identischem Design wurden die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Anastrozol (1 mg/Tag) und Tamoxifen (20 mg/Tag) als First-line-Behandlung bei der postmenopausalen Frau mit fortgeschrittenem Mammakarzinom miteinander verglichen. Primäre Endpunkte waren die Zeit bis zur Progression, das objektive Ansprechen und die Verträglichkeit.

Nach einer medianen Beobachtungszeit von 18,2 Monaten zeigte die Auswertung der Daten von 611 Frauen mit nachgewiesenem positivem Hormonrezeptorstatus, dass Anastrozol Tamoxifen im Hinblick auf die Zeit bis zur Progression klinisch signifikant überlegen war (Medianwerte: 10,7 und 6,4 Monate für Anastrozol bzw. Tamoxifen, p= 0,022). Beide Behandlungen wurden gut vertragen, jedoch waren unter Anastrozol weniger Fälle von Thromboembolien und Vaginalblutungen zu verzeichnen (4,5 vs. 7,6% bzw. 1,0 vs. 2,2%).

Second-line-Behandlung mit Tamoxifen

Nach einem Follow up von 18,2Monaten wurden die Daten von 137 Patientinnen ausgewertet, die nach Anastrozol Tamoxifen als zweiten Behandlungsschritt erhielten. Die vorläufigen Daten von 98 dieser Patientinnen zeigten, dass 56 Patientinnen von der Second-line-Behandlung mit Tamoxifen profitierten (komplette oder partielle Remission oder langanhaltende Stabilisierung, d.h. über mehr als 24 Wochen).

Professor John Robertson, Edinburgh, einer der verantwortlichen Prüfärzte, sagt: "Diese Studie ist nicht allein nur deswegen wichtig, weil sie zeigt, dass Anastrozol bei Patientinnen mit rezeptorpositiven Tumoren als erster Behandlungsschritt eingesetzt werden sollte, sondern auch, weil sie darauf hinweist, dass Tamoxifen weiterhin eine wirksame Behandlungsalternative ist, wenn es nach Anastrozol als zweiter Behandlungsschritt verabreicht wird. Das stärkt das Vertrauen der Patientin, aber auch des Arztes, der sich entscheiden muss, welches Mittel er als ersten Behandlungsschritt wählen soll."

Wenig Kreuzresistenzen

Die aktuellen Studien haben gezeigt, dass Anastrozol bei fortgeschrittenem Mammakarzinom wirksamer und verträglicher als Tamoxifen ist. Ob sich diese Ergebnisse auf frühere Stadien des Mammakarzinoms übertragen lassen, ist noch nicht geklärt. Anastrozol und Tamoxifen unterscheiden sich in ihrem Wirkmechanismus, wodurch sich die geringe Rate von Kreuzresistenzen erklärt, die in diesen neuen Studien bei sequenzieller Verabreichung beobachtet wurde.

Ist Kombination wirksamer?

Daraus ergibt sich die wichtige Frage, ob eine Kombination beider Substanzen wirksamer ist. Die Antworten auf diese Frage werden nächstes Jahr von der ATAC-(Arimidex, Tamoxifen, Alone or in Combination)-Studie, der bisher umfangreichsten adjuvanten Brustkrebsstudie, erwartet. In der ATAC-Studie werden Anastrozol und Tamoxifen im Hinblick auf die Wirksamkeit und Verträglichkeit beim frühen Mammakarzinom verglichen. Sie wird auch zeigen, ob eine Kombination von Anastrozol und Tamoxifen die Wirksamkeit erhöht.

Anastrozol

Anastrozol ist ein wirksamer, selektiver, nichtsteroidaler Aromatasehemmer, der über die Hemmung einer entscheidenden Stufe der Östrogenproduktion wirkt: Anastrozol hemmt die Umwandlung von Androgenen in Östrogene durch das Enzym Aromatase. Auf diese Weise senkt Anastrozol bei der postmenopausalen Frau die zirkulierenden Östrogene im Blut auf nicht nachweisbare Werte.

Anastrozol ist derzeit als erster Behandlungsschritt für das fortgeschrittene Mammakarzinom bei der postmenopausalen Frau in den USA, Großbritannien, Italien, Frankreich, Deutschland, Kanada, Spanien, Österreich, Belgien, Brasilien, Dänemark, Finnland, Irland, Luxemburg, Mexiko, den Niederlanden, Neuseeland, Südafrika, der Slowakei und der Schweiz zugelassen.

Anastrozol ist auch zugelassen für die Behandlung des fortgeschrittenen Mammakarzinoms der postmenopausalen Frau, wenn es nach der Behandlung mit Tamoxifen oder anderen Antiöstrogenen zur Progression kam.

Zitat

"Während die Rolle von Tamoxifen als Monotherapie für das Mammakarzinom bereits etabliert ist, bewegen wir uns jetzt auf neue Möglichkeiten zu und stehen vor der interessanten Frage, wo wir die neuen Aromatasehemmer in der Therapiesequenz einsetzen sollen und ob die Kombinationstherapie eine Alternative darstellt. Es bestehen Möglichkeiten zur Verbesserung der Behandlungsergebnisse und zur Erweiterung der Behandlungsalternativen. Das nächste Jahr wird entscheidend sein und uns sehr wichtige Erkenntnisse auf diesem Gebiet bringen." Michael Baum, Professor der Chirurgie am University, College Hospital in London und Vorsitzender des ATAC Steering Committee

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