DAZ aktuell

Ohne Skrupel (Kommentar)

So fassungslos und uneinsichtig sich Günter Stange nach seiner Verurteilung zu einer einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung und zur Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von DM 180.000,- auch gab, so glasklar und ernüchternd waren die Feststellungen des Landgerichts Bielefeld. Dank hartnäckiger und detailgenauer Ermittlungen konnten dem Mindener Ketten-Guru zahlreiche strafbare Handlungen bei Dutzenden von Apothekengründungen nachgewiesen werden. Auch seine dreisten Einlassungen vor Gericht änderten daran nichts. Dass es für ihn nicht noch schlimmer kam, war ausschließlich der "Prozessökonomie" geschuldet: das Strafverfahren sollte nicht weiter in die Länge gezogen werden.

Während des monatelangen Verhandlungsmarathons im Schwurgerichtssaal des Bielefelder Landgerichts wich schon bald das von Stange und seinen Verteidigern gepflegte Bild des visionären und selbstlosen Apotheken-Robin-Hood, der heldenhaft gegen verkrustete Standesstrukturen ankämpft, der realistischeren Fratze eines dem bloßen Profit verpflichteten Hasardeurs. Ohne Skrupel missbrauchte Stange junge Kolleginnen und Kollegen für seine Zwecke und ließ sie dabei mit viel krimineller Energie ins Verderben rennen. Schritt für Schritt zeigten die Bielefelder Strafrichter die weit verzweigten Verästelungen des Apotheken-Imperiums Stanges auf, das letzten Endes nur mit einer Mischung aus Dreistigkeit, Täuschung und Druck nach innen aufrecht erhalten bleiben konnte. Stange und seine Statthalter stehen nun vor einem Scherbenhaufen. Ihnen drohen weitere verwaltungs-, zivil- und standesrechtliche Verfahren und der Entzug der Apothekenbetriebserlaubnis. Seinen letzten Hoffnungsanker wirft Stange jetzt gen Karlsruhe zum Bundesgerichtshof. Dort geht es freilich ausschließlich um rechtliche Fragen. In Bielefeld haben Stange & Co. mit ihrer interessengeleiteten These von der Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit des Fremd- und Mehrbesitzverbotes regelmäßig auf Granit gebissen. Die Chancen stehen gut, dass dies auch in Karlsruhe der Fall sein wird.

Christian Rotta

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