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Betreibt die Internetapotheke 0800DocMorris Rosinenpickerei? Ja, ihre Macher geben es auch unumwunden zu. Sie picken sich nur lukrative Präparate - und ausschließlich für den planbaren Bedarf - aus dem Arzneiangebot für ihren Versandhandel heraus. Der niederländische Apotheker Jacques Waterval macht gar keinen Hehl aus der Tatsache, dass der Versand rein aus ökonomischen Gesichtspunkten betrieben wird. Völlige Unbefangenheit herrscht auch bei anderen brisanten Fragen wie den Zuzahlungen. Die Selbstbehalte der Patienten fallen unter den Tisch. Und die fünf einstweiligen Verfügungen gegen den - nach deutschem Recht - illegalen Versand? Denen sehe man gelassen entgegen. Die DAZ sprach mit Jacques Waterval und Jens Apermann von DocMorris. Lesen Sie das Interview in dieser Ausgabe.

In Sachen Versand reist Dr. Johannes Pieck vom Apothekendachverband ABDA zurzeit durchs Land, um die dahinter stehenden Dimensionen zu verdeutlichen. Die geltende Rechtslage muss beachtet werden, und zwar unabhängig davon, ob man diese für obsolet hält.

Das ist der springende Punkt. Eine solche Meinung ist nämlich bei den selbsternannten Pionieren heraus zu hören. In wenigen Tagen, wenn womöglich eine erste Gerichtsentscheidung gesprochen wird, werden wir wissen, ob man derlei illegales Tun nicht stoppen kann. Da macht sich Goldgräberstimmung breit, bei der Cowboys das letzte große Abenteuer packen wollen.

Offenkundig wird die Notwendigkeit einer klaren Position der Bundesgesundheitsministerin. Sie sollte ihre bisherige butterweiche Haltung zum Internethandel aufgeben und aktiv werden. Sonst heißt es weiterhin: Es gibt ein Gesetz - aber keiner hält sich daran. Jetzt kommt es auch darauf an, wie die gesetzlichen Krankenkassen reagieren. Sie haben alle das Angebot der Internetapotheke auf dem Tisch. Das werde jetzt geprüft, meint beispielsweise Dr. Hans Jürgen Ahrens vom AOK-Bundesverband. Er macht aus seiner Sympathie für den Versandhandel keinen Hehl. Immerhin kritisiert er den Wegfall der Arzneizuzahlungen als Ungleichbehandlung. Das ist das Mindeste, was man bemängeln kann! Die Krankenkassen dürfen hier daran erinnert werden, dass die "normalen" deutschen Offizinen die Inkassopflicht für sie bisher anstandslos wahrnahmen.

Ein anderes Bild ergibt sich bei den privaten Assekuranzen. Erlaubt ihre Systematik einen freieren Umgang mit DocMorris? Die PKV selbst glaubt ja. Ob es rechtmäßig ist, in so großem Stil den Versandhandel über die niederländische Apotheke zu pushen, wird sich zeigen.

Unbill droht den Offizinen noch von einer anderen Seite. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft möchte gern mit ihren Klinikapotheken in den ambulanten Bereich vordringen. In ihrem überarbeiteten Positionspapier fordert sie etwa "perspektivisch" das Mitmischen der Krankenhausapotheken bei der neuen Netzversorgung. Die DKG marschiert gemeinsam mit den Ortskrankenkassen. Zwar beteuert AOK-Chef Ahrens, die Kassen wollten keine "Super-Apotheken" neben den öffentlichen etablieren, genau das wäre bei Realisierung der DKG-AOK-Pläne aber der Fall. Perspektive hin - Vision her: Es steht ein völlig anderes System dahinter.

Ein groß angelegter Versuch gegen das jetzige System mittels einer illegalen Kette, fand am Montag dieser Woche zunächst ein Ende. In der ersten Instanz hat das Landgericht Bielefeld Günter Stange zu einer einjährigen Freiheitsstrafe (auf Bewährung) und zu einer Geldstrafe verurteilt. Dem Mindener Apotheker konnten zahlreiche Verstöße nachgewiesen werden. Lesen Sie die Begründung der Richter in dieser Ausgabe.

Susanne Imhoff-Hasse

Versand - und kein Ende?

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