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NDR-Magazin "Panorama": Tod durch Tabletten

HAMBURG/MÜNCHEN (lub). Grosse Zweifel an der Arzneimittelsicherheit in Deutschland hat wieder einmal das Fernsehen gesät: das NDR-Magazin "Panorama" berichtete in der vergangenen Woche von bis zu 16 000 Patienten, die durch Medikamente gestorben seien. Demgegenüber fordere der Straßenverkehr "nur" 7700 Menschenleben. Außerdem gingen jährlich etwa 300 000 Krankenhauseinweisungen auf das Konto von Arzneimitteln - Folgekosten nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände bis zu 1,5 Milliarden Mark.

Kronzeuge dieser Anklage war der Pharmakologe Peter Schönhöfer, der u.a. beim "arzneitelegramm" mitarbeitet und nun als Berater eines neuen Medikamenten-Ratgebers fungiert hat. "Kursbuch Medikamente und Wirkstoffe" heißt das vor einer Woche erschienene Buch.

Die zeitgleiche Veröffentlichung der Panorama-Geschichte dürfte kein Zufall gewesen sein... Die Fernsehleute behaupteten: "Der Kunde gibt sich in der Apotheke einer fragwürdigen Sicherheit hin." Begründet wird diese Aussage mit den ungeprüften "Altlasten" unter den deutschen Pillen und Säften, bestätigt wird diese Medikamenten-"Halde" durch das Bundesinstitut für Arzneimittel. Der Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller kommentierte die NDR-Rechnung als "unseriös".

Der neue Ratgeber (erscheint im Verlag "Zabert-Sandmann" in München) will - so die Eigenwerbung - Alternativen zu Medikamenten aufzeigen und Wechselwirkungen erläutern. Die Autoren Andreas von Maxen (Internist aus Bremen), Gabi Hoffbauer (Internistin aus München) und Andreas Heeke (Apotheker) beschreiben Wirkungen von rund 4000 Präparaten, Krankheitsbildern und geben Tipps zur Selbsthilfe. Und sie raten auch eindeutig ab. Als Motivation für ihren Ratgeber führen die drei u. a. die nicht gewährleistete Unabhängigkeit der Arzneimittelinformation an: Der Pharmaunternehmer will verkaufen. Der Apotheker ist ebenfalls primär am Umsatz interessiert und deshalb nicht immer unabhängige Info-Quelle. Und in den Medien findet man immer weniger qualifizierte und kritische Information- aus zwei Gründen: einmal werden modische Strömungen des Neo-Obskurantismus gepflegt, zum anderen wird die PR-Arbeit der Anbieter effektiver. Das Buch bemüht sich um Verständlichkeit, bietet aber nichts wesentlich Neues. Auch, dass von Medikamenten abgeraten wird, ist nicht neu - auch wenn der Verleger Sandmann in Berlin sagte: "Das ist Zündstoff!" Wie Apotheker Heeke noch anmerkt, gibt's hierzulande rund 60 000 Arzneimittel auf dem Markt, da verlieren selbst Fachleute den Überblick".

("Kursbuch Medikamente und Wirkstoffe", Verlag Zabert Sandmann, 640 Seiten, Preis: 58 DM)

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