Berichte

Blumenparadies Monte Baldo

Mitte Juni 2000 führte die APV eine pharmazeutisch-botanische Exkursion zum Monte Baldo, dem vielgerühmten Blumenparadies in Norditalien, durch, die Apotheker Detlev Wiesner aus Buchloe vorbereitet hatte. Dr. Siegfried Springer aus Türkheim erklärte dort die Pflanzenwelt.

Endemitenreiche Flora

Das Monte-Baldo-Massiv erstreckt sich östlich vom Gardasee und westlich der Etsch 40 km lang in Nord-Süd-Richtung bei einer durchschnittlichen Breite von 10 km. Es geht auf die Ablagerungen verschiedener Kalke im Mesozoikum im warmen Tethysmeer zurück, die seit etwa 60 Millionen Jahren hochgefaltet wurden. Hinzu kommen magmatische Gesteine wie Basalt und Tuffstein. Während der Eiszeit überragten seine Gipfel das Eis, das im Norden bei Loppio um die 1300 m und am Südende des Gardasees 300 m mächtig war. Die lange geographische Isolierung führte zur Entwicklung von endemischen Pflanzenarten. Einige Pflanzen, wie das Monte-Baldo-Windröschen Anemone baldensis oder die Baldo-Segge Carex baldensis, wurden erstmalig auf dem Monte Baldo gefunden und erhielten deshalb den wissenschaftlichen Artnamen "baldensis", obwohl sie auch anderswo zu finden sind. Diese Pflanzen mit mehreren sehr kleinen Verbreitungsgebieten in unterschiedlichen Zonen werden auch als Subendemiten bezeichnet.

Monte Vignola

Ausgehend von Polsa sahen wir auf Mähwiesen, die nur mäßig mit Stallmist gedüngt werden, schier unglaubliche Mengen an Paradisia liliastrum - Weiße Trichterlilie und Lilium bulbiferum ssp. Bulbiferum - Brutknöllchen-tragende Feuerlilie. Auch der Zottige Klappertopf - Rhinanthus alectorolophus, ein Halbschmarotzer, war hier in großer Zahl zu sehen. Beim Höhersteigen gingen die Mähwiesen nach und nach in Weiden über. Zunächst waren noch einige Mähwiesen-Pflanzen vorherrschend, wie z. B. Filipendula vulgaris - Kleines Mädesüß, Cruciata laevipes - Gewöhnliches Kreuzlabkraut, Galium mollugo - Wiesen-Labkraut, am Wegesrand Geranium phaeum - Brauner Storchschnabel, Lotus alpinus - Alpen-Hornklee und auch Onobrychis viciifolia - die Saat-Esparsette.

Einige schöne Exemplare von Sambucus racemosa - Roter Holunder säumten den Weg. Auf den höher liegenden Weiden nahe der Malga Vignola (1452 m) und darüber hinaus sahen wir Polygonum bistorta - Schlangen-Knöterich und P. viviparum - Lebendgebärenden Knöterich, außerdem reichlich Traunsteinera globosa - die sehr schöne Kugelorchis. Kaum weniger schön, doch etwas unscheinbar sind Coeloglossum viride - Grüne Hohlzunge und Orobanche gracilis - Schlanker Würger, ein Schmarotzer verschiedener Leguminosen (Fabaceae). Die Leguminosen Anthyllis vulneraria - Gemeiner Wundklee, Trifolium alpestre - Hügelklee und Coronilla vaginalis - Umscheidete Kronenwicke waren jetzt ständige Wegbegleiter.

Einen besonders schönen Farbtupfer bescherten uns bei Erreichen des Sattels in ca. 1500 m Höhe Trollius europaeus - Trollblume, Thalictrum aquilegifolium - Akeleiblättrige Wiesenraute, Helianthemum nummularium ssp. grandiflorum - Großblütiges Sonnenröschen, Veronica teucrium - Großer Ehrenpreis und Pedicularis verticillata - Quirlblättriges Läusekraut.

Der Weg zum Gipfel des Monte Vignola (1607 m) führte durch eine Bergschwingelhalde (Laserpitio-Festucetum alpestris), die charakteristisch für den Südalpenrand ist. Festuca alpestris - Bergschwingel ist schon von weitem an seinen blaugrünen Horsten zu erkennen, die aus borstigen Blättern bestehen. Das sicherste Bestimmungsmerkmal sind die stechenden, kurzen Blätter im Horstinneren - eine Sitzprobe ist nicht zu empfehlen! Seine ständigen Begleiter sind hier Laserpitium siler - Berglaserkraut und Genista radiata - Kugelginster, der ca. 50 cm hoch wird und wunderschön gelb blüht. Daneben sahen wir Knautia baldensis - Baldo-Witwenblume, einen Endemiten der Gegend.

Beim Abstieg kamen wir an schönen, teilweise überhängenden Felsformationen vorbei. Dort fanden wir Botrychium lunaria - Echte Mondraute, ein kleines Natternfarngewächs (Ophioglos-saceae), Senecio rupestris - Fels-Greiskraut, Kernera saxatilis - Kugelschötchen, weißblühend, Sedum montanum - Tripmadam, Sempervivum tectorum - Dach-Hauswurz, Teucrium montanum - Berg-Gamander, Stachys recta - Aufrechter Ziest und auch Thymus praecox - Frühblühender Thymian.

Der südalpinen Felsspalten-Flora angehörend, direkt im Fels hängend und wunderschön anzusehen waren Corydalis lutea - Gelber Lerchensporn und Paederota bonarota - Blaues Mänderle, zu dem sich ein Trauben-Steinbrech - Saxifraga paniculata gesellt hatte. Ein schöner Fund am Wegesrand war Ligusticum lucidum - Glänzender Liebstock.

Unten wieder bei den Paradies- und Feuerlilienwiesen (s. o.) angekommen, gelang dann an einem leicht bewaldeten Wiesenrand der Fund dieses Tages: eine Rosablühende Schwarzwurzel - Scorzonera rosea.

Corna de Bes und Corna Piana

Ab San Valentino (1312 m) führte die nächste Tour uns zunächst durch einen Buchenwald, in dem das Immenblatt - Melittis melissophyllum, das Weiße Waldvögelein - Cephalanthera damasonium und auch das Langblättrige Waldvögelein - C. longifolia blühten. Nach Überschreiten der Corna de Bes (1554 m) standen wir in einer überaus reich blühenden Almweide mit Alpen-Rispengras - Poa alpina und Alpen-Lieschgras - Phleum alpinum ssp. raetica, die schon von weitem an ihrem kräftigen Grün zu erkennen sind. Es sind sehr gute Futtergräser, die fast immer vom Rauen Löwenzahn - Leontodon hispidus und vom Kriechenden Klee - Trifolium repens begleitet werden.

Unter einer imposanten alten "Hutbuche" blühte eine Pfingstrose - Paeonia officinalis. Von mehreren Kreuz- bzw. Greiskräutern sei Gaudins Kreuzkraut - Senecio gaudinii erwähnt, ein Endemit der Ostalpen mit recht häufigem Vorkommen im Monte-Baldo-Gebiet. In der kurzen Zone der Schuttvegetation ließen uns der Schildblättrige Ampfer - Rumex scutatus, die Alpen-Braunwurz - Scrophularia juratensis, der Grüne Alpendost - Adenostyles glabra und die Augenwurz - Athamanta cretensis anhalten, dann im Blaugrasrasen weckten das Blaugras - Sesleria caerulea (varia), die Alpen-Aster - Aster alpinus, das Alpen-Sonnenröschen - Helianthemum oelandicum, ein Zwergstrauch, der Alpen-Hornklee - Lotus alpinus und die Herzblättrige Kugelblume - Globularia cordifolia unsere Aufmerksamkeit.

Am Gipfelgrat blühten das Vielstängelige Fingerkraut - Potentilla caulescens, das Steinbrech-Leimkraut - Silene saxifraga und in einer Felsspalte der Zwerg-Kreuzdorn - Rhamnus pumilus. Zu sehen waren auch der Gemeine Blasenfarn - Cystopteris fragilis ssp. alpina, die Stachelspitzige Segge - Carex mucronata und die Blätter der Schopfigen Teufelskralle - Physoplexis comosa, eines Endemiten voreiszeitlichen Ursprungs.

Bis zum Gipfel der Corna Piana hinauf reicht das subalpine Alpenrosengebüsch. Schneeheide - Erica carnea und die Bergföhre Pinus mugo waren ebenso zu sehen wie die prächtigen Büsche der Bewimperten Alpenrose - Rhododendron hirsutum und der Rostblättrigen Alpenrose - R. ferrugineum, die schon fast in voller Blüte standen.

Da auf der Corna Piana neben dem vorherrschenden Kalkboden auch Basaltböden vorkommen, sind beide Alpenrosen-Arten vertreten. Die Bewimperte Alpenrose, die gern mit der Schneeheide vergesellschaftet ist, liebt kalkhaltige Böden, die Rostblättrige dagegen Basalt- und Silicatböden, weshalb sie sich zu Säureliebenden Arten wie Heidelbeere - Vaccinium myrtillus und Preiselbeere - V. vitis-idaea gesellt. Beide Alpenrosen-Arten kreuzen sich auch!

Beim Abstieg kamen wir durch subalpines Grünerlengebüsch und Borstgrasrasen. Die Grünerle - Alnus viridis lebt wie die Leguminosen in Wurzelsymbiose mit nitrifizierenden Bakterien. Dies erklärt, weshalb im Grünerlengebüsch manche nitrophilen Stauden zu finden sind, die auch in der Umgebung von Almhütten auftreten.

Das Borstgras - Nardus stricta ist eine kalkfliehende Pflanze. Sie kann jedoch auf ursprünglich kalkhaltigem Boden gedeihen, wenn dieser durch Humus versauert ist. Als weitere säureliebende Arten fanden wir Stängellosen Enzian - Gentiana kochiana, Scheuchzers Glockenblume - Campanula scheuchzeri und die Bärtige Glockenblume - C. barbata. Besondere Funde beim Nachhauseweg waren Nigritella nigra - Schwarzes Kohlröschen und N. miniata sowie Lychnis flos-jovi - Jupiter-Nelke.

Die vollständige Pflanzenliste der Exkursion kann bei Heinz Krausenberger, Boxberger Apotheke, Untere Marktstraße 12, 97688 Bad Kissingen, angefordert werden. Ein adressierter DIN-A4-Umschlag und ein 5-DM-Geldschein für Porto und für das Fotokopieren der Florenliste sind erbeten. Siehe auch den Bericht in DAZ 34, S. 51.

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