Seminar

E. LaresWein und Gesundheit - Mäßiger Genuss senkt

Es ist der regelmäßige und mäßige Weinkonsum, der das Herzinfarktrisiko zu senken vermag. Dies ist mittlerweile durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt. Schon lange ist bekannt, dass in Ländern, in denen viel Wein getrunken wird, wie z. B. in Frankreich, die Herzinfarktrate vergleichsweise niedrig liegt. Weißwein scheint in dieser Wirkung dem Rotwein sogar überlegen zu sein. Die Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik e.V. (APV) am 6. und 7. Oktober in der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein und Obstbau in Weinsberg gab einen tieferen Einblick in die Zusammenhänge zwischen Wein und Gesundheit.

In den letzten Jahren sind viele wissenschaftliche Studien über die gesundheitlichen Auswirkungen des Alkohols publiziert worden. Die Erkenntnisse sind auf den ersten Blick oft widersprüchlich, da sie von positiven Wirkungen beim mäßigen Genuss bis hin zu gravierenden Störungen bei übermäßigem Konsum reichen. Dass der tägliche Genuss "in Maßen" das Risiko für einen Herzinfarkt senken kann, scheint mittlerweile wissenschaftlich belegt zu sein. Das Geheimnis liegt also vor allem in der Dosis.

Was ist drin im Wein?

Wein besteht zu etwa 80% aus Wasser und zu 20% aus unterschiedlichen Inhaltsstoffen, deren Zusammensetzung und mengenmäßiger Anteil von der Traubensorte, vom Lesezeitpunkt, von Bodenart, Düngung und Klima und auch von der Art der Weinbereitung abhängen. Der richtige Lesezeitpunkt ist für die Güte eines Weines von entscheidender Bedeutung, da sich im Verlauf der Beerenreife die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe in charakteristischer Weise verändert. Zu Beginn des Beerenwachstums steigt der Gehalt an den Dicarbonsäuren Äpfelsäure und Weinsäure an. Sobald das Säuremaximum erreicht ist, beginnt die Zuckerakkumulation in den Beeren, vorwiegend sind dies Glucose und Fructose. Die Polyphenole, denen die gesunde Wirkung des Weines zugeschrieben wird, befinden sich in der Beerenhaut. Sie spielen somit auch bei der Weinherstellung eine bedeutende Rolle. Werden rote Trauben rasch abgepresst, entsteht ein nahezu weißer Traubenmost. Um Rotwein herzustellen, ist eine Farbstoffextraktion aus der Beerenhaut erforderlich.

Gleichzeitig werden dabei auch Phenole und Flavonoide aus den Beerenhülsen und Kernen extrahiert. Dies erklärt den wesentlich höheren Gehalt an phenolischen Verbindungen im Rotwein im Vergleich zum Weißwein. Der Gehalt an Phenolverbindungen liegt beim Rotwein zwischen 500 und 4000 mg/l. Weißwein enthält nur etwa 150 bis 400 mg/l, wobei die Weißweinphenole als höher wirksam gelten. Im Wesentlichen unterscheidet man bei diesen Phenolen vier Substanzgruppen: Phenolcarbonsäuren, Flavone, Anthocyane und Catechine (Tannine).

Daneben sind in den Beeren und somit auch im Wein viele Mineralstoffe und Spurenelemente enthalten. Im frisch gepressten Traubenmost sind etwa 4 g Mineralstoffe pro Liter enthalten, durch die alkoholische Gärung nimmt dieser Gehalt um etwa die Hälfte ab. Zu den wichtigsten Mineralstoffen zählen dabei Kalium, Magnesium, Calcium und Natrium. Eisen, Bor, Silizium, Mangan und Zink sind nur in geringen Mengen (ppm-Bereich) und Aluminium, Blei, Cadmium, Fluor, Kupfer und Selen nur in Spuren (kleiner als 1 µg/l) enthalten.

Die alkoholische Gärung wird beim Wein mit Hilfe von Hefen, speziell Saccharomyces cerevisiae, durchgeführt. Dabei entstehen aus einem Molekül Glucose zwei Moleküle Ethanol und zwei Moleküle Kohlenstoffdioxid (anaerober Zuckerabbau).

Die Dosis macht's

Eine gesundheitsförderliche Wirkung wird dem Wein nur bei regelmäßigem und mäßigem bzw. risikoarmem Konsum zugeschrieben. "Mäßig" bedeutet - laut internationalen Empfehlungen - für Frauen höchstens 20 g und für Männer 30 bis 40 g reinen Alkohol pro Tag (vgl. WHO, British Medical Association). Drei Beispiele sollen diese Zahlen veranschaulichen: Mit einer Flasche Bier (500 ml) wird eine absolute Alkoholmenge von 24 g aufgenommen, mit einem Glas Wein (250 ml, 11 Vol.%) werden 27,5 g reiner Alkohol konsumiert und in 0,06 l Weinbrand sind etwa 20 g reiner Alkohol enthalten.

Bei regelmäßigem Konsum größerer Mengen Alkohol können verschiedenste alkoholabhängige Störungen auftreten, die sowohl die Gesundheit als auch den sozialen Bereich betreffen. Bei Befragungen wurde festgestellt, dass sich fast jeder bezüglich seiner konsumierten Alkoholmenge unterschätzt. Werden nämlich diese Selbstangaben auf die gesamte Bevölkerung in Deutschland hochgerechnet, machen sie nur etwas mehr als die Hälfte dessen aus, was aufgrund der Produktionsstatistik als Verbrauch geschätzt wird.

Der Übergang von regelmäßigem zu übermäßigem Konsum verläuft oft fließend, da Alkohol für viele Personen ein tägliches Genussmittel ist und auch einen enormen sozialen Stellenwert hat.

Akute Wirkungen des Alkohols ...

Nach dem Genuss von Alkohol steigen die Triglyceridwerte und der Blutdruck an, bei nüchternen Personen sinkt der Blutzuckerspiegel ab. Die starke diuretische Wirkung kann zu einer Störung des Mineralstoffhaushaltes führen. Die Magenschleimhaut wird gereizt, was Übelkeit und Erbrechen verursachen kann. Schwindel entsteht durch direkten Einfluss des Alkohols auf das Gleichgewichtsorgan im Innenohr. Das Blut fließt verstärkt in die Peripherie des Körpers, die Haut wird dadurch rot und warm. Die Muskelleistung wird verringert, und auf das Zentralnervensystem wirkt Alkohol sowohl dämpfend als auch erregend. Bei steigenden Alkoholkonzentrationen kann es außerdem zu Gehstörungen, verlängerter Reaktionszeit und bei über 1,4 Promille zu akuten Vergiftungserscheinungen kommen.

... und Langzeitwirkungen

Chronischer, übermäßiger Alkoholkonsum schädigt viele Organe wie z. B. Bauchspeicheldrüse, Herz und besonders die Leber, da vor allem dort der Alkohol abgebaut wird. Die Folgen sind Fettleber und Leberzirrhose. Auch erhöht sich das Risiko für bestimmte Krebsarten, betroffen sind v. a. Mundhöhle, Rachen, Speiseröhre, Brust und Darm. An oberster Stelle jedoch steht bei übermäßigem Alkoholkonsum das Suchtpotenzial. Als Folge der Sucht können schwerste Organ- und auch Nervenschäden wie Verwirrtheit und psychische Störungen auftreten.

Positive Wirkungen des Alkohols, speziell von Wein, lassen sich nur bei regelmäßigem und mäßigem Konsum feststellen. Belegt scheint mittlerweile die kardioprotektive Wirkung zu sein, die durch einen Anstieg des HDL-Cholesterins im Blut, eine verminderte Blutplättchenaggregation, eine Senkung des Fibrinogens und eine gesteigerte Fibrinolyse gegeben ist. Eine Empfehlung von Alkohol zum Schutz vor Herzinfarkt lässt sich - im Hinblick auf die oben genannten Risiken - jedoch nur unter Vorbehalt vertreten.

Die Mainzer Weinstudie

Ziel der Mainzer Weinstudie war es herauszufinden, wie regelmäßiger und mäßiger Weinkonsum auf die verschiedenen Organsysteme - mit besonderem Augenmerk auf das Herz-Kreislauf-System - wirkt. Geleitet wurde die Studie von Prof. Dr. Klaus Jung, Internist und Sportmediziner an der Universität Mainz.

90 gesunde Männer im Alter zwischen 45 und 60 Jahren wurden dazu über einen Zeitraum von acht Wochen untersucht. Alle Teilnehmer waren bezüglich ihrer Ernährung und der untersuchten Laborwerte vergleichbar, durften während der Studie keine Arzneimittel oder andere Alkoholika einnehmen und nicht mehr als fünf Zigaretten pro Tag rauchen. Sie wurden zufällig auf drei Gruppen verteilt. Jeder Mann trank zum Abendessen entweder 0,375 l deutschen Rotwein, 0,375 l deutschen Weißwein oder - in der Kontrollgruppe - 0,375 l Wasser. Die Teilnehmer wurden nach der ersten, vierten und achten Woche untersucht.

Das Ergebnis: Weiß- und Rotweingenuss kann das Risiko für eine koronare Herzkrankheit (KHK) vermindern. So konnte eine Abnahme der Koronarmortalität um 20 bis 40% und eine Abnahme der Gesamtmortalität um 10 bis 20% festgestellt werden. Der Weißwein veränderte die für die Gefäßprotektion ausschlaggebenden Blutparameter wie Fibrinogen, HDL und LDL sogar noch ausgeprägter als Rotwein und trug stärker zur antioxidativen Kapazität des Körpers bei. Bislang wurde dieser Herz- und Gefäßschutz mehr dem Rotwein zugeschrieben, da er den höheren Anteil an Polyphenolen enthält, den Wirkstoffen, denen die protektive Wirkung am Herzen zugeschrieben wird. Eine Vermutung der Studienleiter ist, dass die im Weißwein enthaltenen Polyphenole aktiver sind als die im Rotwein. Im Gegensatz zu Rot- und Weißwein, die beide das Risiko für eine koronare Herzkrankheit vermindern konnten, war das Risiko in der Wassergruppe erhöht.

Zusätzlich wurden an der Universität in Mainz die Auswirkungen des Weines auf andere Organsysteme untersucht. An den Verdauungsorganen beispielsweise wurde eine verstärkte Freisetzung von Speichel und Magensäure ("Säurelocker"), erhöhte Peristaltik, bessere Durchblutung der Magenschleimhaut und damit erhöhte Resorptionsraten nachgewiesen. Ein Gläschen Wein - zum Essen genossen - kann also die Verdauung fördern. Aufgrund der effektiven Wirkstoffkombination im Wein aus Säuren, Alkohol und teils bakteriziden Phenolen soll vor allem Weißwein Bakterien abtöten und vor Magen-Darm-Infektionen schützen können. In der Lunge soll das Atemzugvolumen und die Durchblutung gesteigert werden.

Alkohol greift auch in den Hormonhaushalt ein, so erhöht er die Insulinsensitivität, verringert den Insulinspiegel und erhöht den Östrogenspiegel. Die im Wein enthaltenen Antioxidanzien sollen die körperliche Aktivität steigern, in den Alterungsprozess eingreifen und das Immunsystem stärken können. Auswirkungen auf das Nervensystem wie erhöhte geistige Leistungsfähigkeit, Kreativitätszunahme und gehobene Stimmungslage sind den meisten Weintrinkern aus eigener Erfahrung bekannt.

Momentan läuft in Mainz eine neue Studie, die genauere Ergebnisse über den Zusammenhang zwischen Wein und körperlicher Leistungsfähigkeit bringen soll, denn bislang konnte nur eine subjektive Zunahme der Muskelleistung festgestellt werden.

Karlsruher Traubensaft-/Weinstudie

Wie gesund ist Rotwein? Mit der Karlsruher Traubensaft- und Weinstudie soll diese Frage beantwortet werden. Die Studie ist noch nicht beendet, bislang sind nur vorläufige Ergebnisse bekannt. Um die Bioverfügbarkeit von Flavonoiden aus Wein (12 Vol.%) im Vergleich mit entalkoholisiertem Wein und Traubensaft zu untersuchen, tranken zwischen 20 und 40 Jahre alte, gesunde Männer einmal morgens auf nüchternen Magen 0,5 l eines dieser drei Getränke. Danach wurden in bestimmten zeitlichen Abständen entnommene Blut- und Urinproben mittels HPLC-Analytik auf ihren Gehalt an Flavonoiden untersucht. Im Blut konnten keine Flavonoide nachgewiesen werden. Im Urin waren zwar Flavonoide enthalten, die gefundenen Werte lagen jedoch um mehr als ein Tausendstel niedriger als die zuvor oral aufgenommene Flavonoidmenge. Dies lässt vermuten, dass Flavonoide aus dem Wein nur in sehr geringer Konzentration in den Körper aufgenommen werden und der größte Teil über den Stuhl ausgeschieden wird.

Die zweite Fragestellung der Studie ist, welche physiologische und immunologische Wirkung ein zweiwöchiger, regelmäßiger und mäßiger Konsum von Wein (12 Vol.%) im Vergleich zu entalkoholisiertem Wein, Traubensaft und einem Alkohol-Wasser-Gemisch (12 Vol.%) aufweist.

Diese Untersuchung läuft seit September an 24 Männern und wird im Dezember beendet sein. Die Teilnehmer wurden in vier Gruppen eingeteilt und müssen jeweils für zwei Wochen eines der vier Getränke zu sich nehmen. Dazwischen liegt immer eine einwöchige Auswaschphase. Während der gesamten Studienzeit dürfen die Teilnehmer keine stark flavonoidhaltigen Lebensmittel verzehren wie Beeren, Multivitaminsäfte, Kakao, schwarzen oder grünen Tee.

Die bisherigen Ergebnisse lassen darauf schließen, dass Rotwein und reiner Alkohol im Gegensatz zu den anderen beiden Getränken das Thromboserisiko innerhalb einer Stunde nach Genuss verringern können. Dieser Effekt scheint also überwiegend mit dem Alkohol und nicht mit den Polyphenolen zusammen zu hängen. Ein additiver Effekt - Alkohol plus Polyphenole - konnte hier bislang nicht festgestellt werden.

Wein in Pillenform?

Rotwein- oder Traubenextrakt gibt es seit längerer Zeit auch als Nahrungsergänzungsmittel in Form von Tabletten zum Kauen, Lutschen oder Auflösen im Handel. Vor allem in den USA werden solche Produkte stark vermarktet. Auf den Packungen wird meist der Gehalt an Anthocyanen oder Oligomeren Proanthocyanidinen (OPC) angegeben. Sie sollen die Gesundheit und das Wohlbefinden fördern. In Deutschland wird mittlerweile sogar ein Jogurt mit Waldfrucht- und Rotweinextrakt angeboten.

Doch über die Wirksamkeit solcher Präparate lässt sich derzeit keine Aussage treffen. Einzelnen, aus dem Rotwein extrahierten Inhaltsstoffen wird bei diesen Produkten die gleiche Wirkung zugeschrieben wie dem Rotwein selbst. Dass derartige Schlussfolgerungen nicht richtig sein müssen, zeigte eine Studie mit Betacarotin, das bei Rauchern das Risiko für Lungenkrebs senken sollte. Diese Wirkung wurde bei Gemüse, das reich an Betacarotin ist wie Karotten, festgestellt und auf die Einzelsubstanz übertragen. Die Studie musste abgebrochen werden, da unter Betacarotin allein in der eingesetzten Dosierung das Lungenkrebsrisiko sogar anstieg.

Wie die Wirkung einzelner, extrahierter Inhaltsstoffe also tatsächlich aussieht, kann aus den Ergebnissen bisheriger Studien, die mit Rotwein durchgeführt wurden, nicht beantwortet werden und sollte vorsichtig bewertet werden.

Ein Inhaltsstoff des Rotweines, das Resveratrol, wird derzeit in Studien auf seine antikarzinogene Wirkung getestet. Sollten die Ergebnisse positiv sein, wäre der Einsatz als Arzneimittel denkbar.

Quelle: Dr. Günther Hanke, Heilbronn, Dr. Günter Bäder, Weinsberg, Dr. Ella Lachtermann, Mainz, Prof. Dr. Dr. Gerhard Rechkemmer, Karlsruhe, Dipl. Önologe Dieter Blankenhorn, Weinsberg, Dr. Hans Lay, Weinsberg, Dr. Gerhard Götz, Obersulm, Dr. Walter Kast, Weinsberg: "Wein und Gesundheit - Qualität, Medizin, Forschung, Züchtung", veranstaltet von der Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik e.V. (APV) am 6. und 7. Oktober 2000 an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau, Weinsberg.

Es ist der regelmäßige und mäßige Weinkonsum, der das Herzinfarktrisiko zu senken vermag. Dies scheint mittlerweile durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt zu sein. Schon lange ist bekannt, dass in Ländern, in denen viel Wein getrunken wird wie z. B. in Frankreich, die Herzinfarktrate vergleichsweise niedrig liegt. Weißwein scheint in dieser Wirkung dem Rotwein sogar überlegen zu sein. Die Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik e.V. (APV) am 6. und 7. Oktober in der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein und Obstbau in Weinsberg gab einen tieferen Einblick in die Zusammenhänge zwischen Wein und Gesundheit.

Das könnte Sie auch interessieren

Studie zu Alkohol, Diabetes und Cholesterol

Ein Glas Wein schadet nicht

Epigenetischer Einfluss der Nahrung auf die Karzinogenese

Warum grüner Tee und roter Wein vor Krebs schützen

Aromatisierte Genussmittel und traditionelle Heiltrünke aus der Apotheke

Weihnachtliche Weinzubereitungen

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.