Berichte

Pflanzen der Bibel und der Renaissance

Pharmaziegeschichte macht es möglich, solch gegensätzliche Themen wie Pflanzen aus der Bibel und Pflanzen, die in den Kräuterbüchern des 16. Jahrhunderts zur Abtreibung erwähnt wurden, unter einen Hut zu bringen. Das bewies die Wochenendveranstaltung der Landesgruppen Nordrhein und Rheinland-Pfalz der Deutschen Gesellschaft für Geschichte Pharmazie am 9. und 10. September 2000.

Die Veranstaltung fand im Niederbergischen Museum, Wülfrath, statt, wo Apothekeneinrichtungsgegenstände, Laborgeräte und Gefäße aus dem 18. und 19. Jahrhundert ausgestellt sind. Eine Exkursion führte ins Neandertal bei Mettmann zur Ausgrabungsstätte des erst kürzlich entdeckten Jochbeinknochens eines Neandertalers.

Was ist Manna?

Dr.Frank Leimkugel, Mülheim/Ruhr, referierte zusammen mit Pfarrer Gerhard Bennertz über "Pharmakobotanisches aus der Heiligen Schrift". Manna, das Brot der Wüste, stellte lange Zeit die Forscher vor große Rätsel. Erst 1925 wurde die Entstehung von Manna geklärt. Die beiden Insektenforscher Simon Bodenheimer und Oscar Theodor beobachteten, dass Schildläuse an Tamariskenbüschen saugen und an den Saugstellen ein klarer Saft aus den Siebröhren heraustritt. Dieser verändert sich an der Luft zu den gelblichen Mannastücken, wie man sie als offizinelle Droge kennt. Zwar ist immer noch nicht geklärt, wie sich so viele Menschen während des Auszuges in das heilige Land von Manna ernähren konnten; vielfach werden jedoch - darauf wies Pfarrer Bennertz hin, der die Texte auf Hebräisch vortrug - diese Beschreibungen auch metaphorischen Charakter haben.

Leimkugel stellte eine Vielzahl weiterer Gewächse vor, wie beispielsweise Citrus medica als Hauptfrucht des Laubhüttenfestes oder die damals beliebten Gewürze Aloe, Myrrhe und Cassia.

Abortiva

Kräuterbücher und Hebammenbücher sind die literarischen Quellen abortiver Drogen, die Dr.Larissa Leibrock-Plehn, Brackenheim, den Zuhörern vorstellte. Bei der Literatur ist zwischen deutschen - laiengerechten - und wissenschaftlichen Werken in lateinischer Sprache zu unterscheiden. Verfasser von Kräuterbüchern und Hebammenschriften im 16.Jahrhundert waren Brunfels, Bock, Fuchs und Ryff.

Meist hatten die Autoren zunächst ein wissenschaftliches Werk in Latein verfasst, gespickt mit zahlreichen Angaben zur abortiven Wirkung vieler Arzneipflanzen bzw. -drogen. Darin beschrieben sie die Anwendung der Abortiva zur Austreibung von Totgeburten; viele der genannten Drogen eigneten sich aber auch zur Abtreibung von lebenden Föten.

In den deutschsprachigen Ausgaben finden sich meist nur Hinweise, dass Schwangere beim Gebrauch vorsichtig sein sollen oder auf den Genuss komplett verzichten sollten.

Bei allen Autoren spielt der Arzneischatz von Dioskurides eine große Rolle. Zum Teil sind die bereits in der Antike bekannten Drogen in ihrer Anwendung erweitert worden, manche wurden gestrichen, andere ergänzt.

Als das wirksamste, aber auch recht giftige Abortivum findet sich in fast allen Schriften der Sadebaum, Juniperus sabina. Die Anwendung von Sadebaumextrakten war weit verbreitet. Die Pflanze wirkt stark schleimhautreizend und toxisch und hatte deshalb sicher nicht nur eine fruchtaustreibende, sondern auch eine fruchttötende Wirkung.

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