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Rückgang von Phytopharmaka-Verordnungen: Bei pflanzlichen Präparaten scheide

MÜNCHEN (ms). Pflanzliche Arzneimittel sind Umfragen zufolge bei den Patienten wegen ihrer Wirksamkeit und guten Verträglichkeit sehr beliebt. Doch ihr Anteil an den Verordnungen zu Lasten der GKV nimmt kontinuierlich ab. Auf diesen Missstand machte das "Komitee Forschung Naturmedizin" (KFN) am 20. September 2000 im Münchener PresseClub aufmerksam.

Als Hauptursache prangerte das Komitee die uneinheitliche Erstattungspraxis der GKVen an, was zur Verunsicherung der Ärzte führe. Als Konsequenz davon würden die Ärzte ihren Patienten immer öfter die Verordnung pflanzlicher Arzneimittel auf Kassenrezept verweigern.

Wurden 1998 pflanzliche Arzneimittel im Wert von 1,95 Mrd. DM zu Lasten der GKV verordnet, sank dieser Betrag 1999 auf 1,68 Mrd. DM ab. Diese Abnahme in der Verordnung pflanzlicher Arzneimittel lasse sich nicht mit allgemeinen Sparmaßnahmen begründen, sagte Prof. Dr. Michael Habs, Vorstandsmitglied des KFN. Denn die Solidargemeinschaft habe in diesem Zeitraum nicht weniger, sondern mehr Geld für Medikamente ausgegeben (1998: 33,37 Mrd. DM; 1999: 36,2 Mrd. DM). Als wesentliche Ursache für den Rückgang pflanzlicher Arzneimittel nannte Habs die Verunsicherung der Ärzte. Denn die Ärzte wüssten oftmals nicht, "inwieweit sie Phytopharmaka tatsächlich verordnen dürfen beziehungsweise bei welchen Verordnungen sie Regresse zu befürchten hätten". Die Patienten, so Habs, berichteten, dass Ärzte immer öfter die Verordnung eines pflanzlichen Präparats mit dem Hinweis ablehnten, "die Krankenkasse erstattet dies nicht".

KFN-Fragebogen - von den Kassen häufig ignoriert

Um einen Überblick über die derzeitige Erstattungspraxis bei Phytopharmaka zu gewinnen, hat das KFN einen standardisierten Fragebogen entworfen, der an alle AOK Landesverbände, an alle Ersatz- und Innungskrankenkassen, an 27 Betriebskrankenkassen und an die Bundesknappschaft geschickt wurde. Wie Habs berichtete, antworteten 27 der insgesamt 86 angeschriebenen Kassen (31,4%).

  • 18 Krankenkassen erklärten, Phytopharmaka generell zu erstatten, es sei denn das Präparat ist nach § 34 SGB V oder aufgrund der gültigen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen von der Erstattung ausgeschlossen.
  • Drei Krankenkassen erklärten, Phytopharmaka nur in Ausnahmefällen zu erstatten.
  • Zwei Krankenkassen erklärten sich nicht für zuständig.
  • Vier Krankenkassen weigerten sich ausdrücklich, den Fragebogen zu beantworten.

Mythos Erstattungsfähigkeit

Bedenklich nannte es Habs, dass "die Erstattungspraxis nicht bei allen GKVen gleich gehandhabt wird". Es gebe genug GKV-Versicherte, die Probleme hätten, ihre verordneten pflanzlichen Arzneimittel bezahlt zu bekommen. Nachdenklich müsse zudem stimmen, dass "viele der gefragten Krankenkassen keine Aussagen dazu machen wollten oder konnten, wie sie mit Phytopharmaka verfahren". Es sei nämlich zu befürchten, dass sich hinter einer solchen Haltung mehr ideologische als sachliche Gründe verbergen würden. Zum "Mythos, dass rationale Phytopharmaka nicht verordnungsfähig sind", steuere auch der Budgetdruck bei, meinte Habs. So könne man zum Beispiel im Entwurf des Vorwortes des für diesen Herbst geplanten Arzneimittel-Aktionsprogramms der Kassenärztlichen Bundesvereinigung lesen, mild wirkende Arzneimittel dürften nicht zu Lasten der GKV verordnet werden.

Gleiches Recht für Phytopharmaka

Im Auftrag des KFN hat der Jurist Prof. Dr. Heinrich Friauf die rechtliche Situation der Versicherten bezüglich der Verordnung von Phytopharmaka geprüft. Die restriktive Praxis einzelner Krankenkassen, mit der die Verordnung von Phytopharmaka zurückgedrängt werde, so Friaufs Fazit, sei mit den Vorschriften des SGB V unvereinbar und verstoße zugleich gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz des Artikel 3 Absatz 1 GG. Unzulässig seien auch Versuche, Ärzte und Patienten zu verunsichern und damit mittelbar die Verordnung pflanzlicher Präparate zurückzudrängen.

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