Die Seite 3

Spätestens im Herbst eines jeden Jahres zeichnet es sich mehr und mehr ab: Unser Gesundheitswesen steuert auf Rationierung, Unterversorgung und eine Zwei-Klassen-Medizin zu. Seit es die Budgetierung der Arzneimittelausgaben gibt, wird es im Herbst eng für die Ärzte, denn in vielen Bezirken der Kassenärztlichen Vereinigungen ist das Budget nahezu erschöpft. Da im Herbst aber die Krankheiten der Patienten nicht schlagartig weniger werden, muss äußerst sparsam mit dem verbleibenden Arzneibudget umgegangen werden. So ruft auch in diesen Tagen die Kassenärztliche Bundesvereinigung alle niedergelassenen Ärzte zu einem neuen Sparprogramm auf, um Arzneikosten einzusparen. Im Mittelpunkt: die Verordnung von noch mehr Generika, strikte Beachtung der Verordnungsausschlüsse, kritischer Umgang mit Entlassungsempfehlungen aus dem Krankenhaus.

Dies wird bedeuten, dass sich Ärzte jede Arzneiverordnung genau überlegen werden, womöglich gerne ins Krankenhaus einweisen, schon mal eher ein Privatrezept ausstellen, ständig die Generika wechseln und sich zur Verordnung innovativer und hochpreisiger Arzneimittel nur entschließen werden, wenn es gar nicht mehr anders geht. Die eine oder andere moderne Therapie wird den Patienten vorenthalten, sie erhalten nur noch die billigsten und nicht immer besten Medikamente, möglicherweise unterbleibt sogar eine Arzneitherapie. Ein kranker Mensch, der heute die Sprechstunde eines Arztes aufsucht, kann nicht mehr damit rechnen, die optimale Arzneitherapie zu erhalten - Deutschlands Gesundheitswesen 2000.

Wird hier kein Lösung gefunden, sprich das Budget erhöht oder abgeschafft, wird sich für die Patienten die Situation dramatisch verschlechtern. Denn die Forschung bringt immer bessere und teurere Arzneimittel auf den Markt, die allerdings unter den heutigen Voraussetzungen kaum noch von unserem Sozialversicherungssystem zu finanzieren sind. Das Rheumamittel Etanercept beispielsweise kostet ein Vielfaches der gängigen Antirheumatika, bringt aber für den Rheumakranken auch erhebliche Fortschritte.

Ein anderes Beispiel: Herceptin, das neue Präparat bei fortgeschrittenem Mammakarzinom, das in diesen Tagen bei uns auf den Markt kommt, scheint eine deutliche Lebensverlängerung für Frauen zu bringen, die an metastasierendem Brustkrebs erkrankt sind. Pro Woche wird die Therapie allerdings rund 1800 DM kosten. Zahlreiche weitere Beispiele für innovative Präparate ließen sich anführen. Man muss kein Hellseher sein, um sich auszumalen, dass dies auf Dauer unser Gesundheitssystem überfordert.

Selbst wenn demnächst wieder eine neue Stufe der Negativliste in Kraft tritt, mit der etwa 400 Arzneistoffe nicht mehr zu Lasten der GKV verordnet werden dürfen und damit rund 360 Mio. DM eingespart werden - es wird nicht reichen, unseren Fortschritt zu finanzieren.

Meine Prognose: die Beiträge müssen steigen und die GKV wird auf Dauer nur noch die Grundleistungen und das Lebensnotwendige finanzieren können. Ähnlich wie in der Rentenversicherung wird der Bürger auch in der Krankenversicherung auf eigene Vorsorge setzen müssen.

Und noch eins: auch in Deutschland werden wir um den Einsatz der Pharmakoökonomie und den daraus abgeleiteten Konsequenzen nicht herum kommen. Die Pharmakoökonomie, mit deren Hilfe analysiert wird, ob - leger gesagt - ein Arzneimittel seinen Preis wert ist und im Vergleich zu einem anderen Arzneimittel oder einer anderen Therapie überlegen ist, wird auch in Deutschland Einzug halten und möglicherweise sogar ein Zulassungs- und Erstattungskriterium werden, wie bereits in einigen anderen Ländern. Experten prophezeien, dass sich der Apotheker der Pharmakoökonomie annehmen muss, wenn er überleben will. Er wird sich mit den Analysen und Studien auseinandersetzen müssen, er wird wahrscheinlich auch sein eigenes Handeln zum Beispiel im Rahmen der pharmazeutischen Betreuung nach pharmakoökonomischen Ergebnissen ausrichten müssen. Ein Vortrag auf dem Fortbildungskongress in Westerland befasste sich mit dem Neuland der Pharmakoökonomie.

Fazit dieses Vortrags: Pharmakoökonomie ist ein neues Gebiet, das dringend auf die Mitarbeit des Apothekers wartet. Die Referentin war sogar der Ansicht, dass die Beschäftigung mit pharmakoökonomischen Studien für das Überleben des Apothekers essenziell sein wird. Informieren Sie sich! Es geht ums Geld.

Peter Ditzel

Money, money... oder warum es immer mehr ums Geld geht

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.