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10 Jahre Thüringer Apothekerverband: Ein Grund zum Feiern

SUHL (tmb). Am 9. September beging der Thüringer Apothekerverband in Suhl sein zehnjähriges Bestehen im Rahmen einer feierlichen Jubiläumsveranstaltung mit zahlreichen Gästen. Standespolitiker aus Ost und West erinnerten in zum Teil sehr persönlich geprägten Festreden, wie sie die Zeit der politischen Wende und die Umgestaltung des Apothekenwesens in Thüringen erlebt haben. So ergab sich ein vielschichtiger Rückblick auf ein spannendes Stück Pharmaziegeschichte und auch mancher Ansatz für die Gestaltung der Zukunft.

Das Grußwort des Thüringer Ministers für Soziales, Familie und Gesundheit Dr. Frank-Michael Pietzsch überbrachte Ministerialrat Dr. Jürgen Keiner. Er dankte für die gute Zusammenarbeit mit Kammer, Verband sowie den Apotheken und ihren Beschäftigten in den zurückliegenden zehn Jahren. Die Apotheker seien für die Mitmenschen da und versuchten ihnen zu helfen. Als wichtige Zukunftsaufgabe betonte er die Beratung einschließlich der Hinweise auf gesunde Ernährung und Lebensweise. Die Zukunft stelle eine große Herausforderung dar, für die das Gesundheitswesen auf Bundesebene eine Strukturreform benötige, die den Namen verdiene.

Für den Bundesverband der freien Berufe sprach der Mediziner Dr. Andreas Braunsdorf, der die Reformbedüftigkeit noch stärker betonte. Er lobte das besonders aktive Engagement der Apothekerschaft im Bündnis für Gesundheit in Thüringen und hob die Freiberuflichkeit als entscheidenden Unterschied zur Berufsausübung vor der Wende hervor.

Erinnerung an die Zeit der Wende

Der Präsident der Landesapothekerkammer Thüringen Dr. Egon Mannetstätter zeichnete in seiner Festrede die Entwicklung der Thüringer Apotheken in den zurückliegenden zehn Jahren anhand persönlicher Erlebnisse nach. Er erinnerte an die ersten Begegnungen mit Kollegen im Westen, besonders in Bayern, und an manche experimentelle Ideen zur Umgestaltung des Apothekenwesens im Osten. Doch sei ihm mit der sich abzeichnenden Einheit klar geworden, dass die Lösung nur in der Übernahme des bewährten Apothekensystems der westlichen Bundesländer liegen konnte.

So wurde noch vor der Wiedervereinigung das Thüringer Heilberufegesetz erlassen. Die Privatisierung der Apotheken warf vielfältige Fragen wie etwa nach Vorkaufsrechten oder ungeklärten Eigentumsverhältnissen auf, die über die Zukunft der Beschäftigen entschieden. Die Umgestaltung wäre nach Einschätzung von Mannetstätter nicht gelungen, wenn sich die Apothekerschaft nicht so schnell zu einem Verband zusammengeschlossen hätte. Denn nur gemeinsam könnten die Apotheker Forderungen in der Politik durchsetzen. Er erinnerte an verschiedene Stationen der weiteren Entwicklung und dankte den Beteiligten für ihr Engagement.

Herausforderungen der Zukunft

Mit Blick auf die Zukunft betonte Mannetstätter die Bedeutung der Fortbildung, da die Beratung in der Apotheke die Grundlage für das Überleben als freier Beruf schaffe. Das bestehende Apothekensystem sei für eine flächendeckende Versorgung mit Beratung kostengünstig. Sicher könnten einzelne Segmente durch Internethandel billiger angeboten werden, aber dies würde die Gesamtversorgung eher verteuern, weil dann verschiedene Systeme nebeneinander existieren müssten.

Zur Gelassenheit forderte Mannetstätter bezüglich der Einführung von QMS auf. Dies bringe Nutzen für die Apotheken, wenn mit dem QMS gezielt die zu verbessernden Aspekte angegangen würden. Dagegen äußerte er sich kritisch zum vielzitierten Begriff der "pharmazeutischen Leistungsgemeinschaft". Dies erinnere ihn an die pharmazeutischen Zentren vor der Wende, die dem Konzept der freien Berufsausübung entgegenstanden. Es sei zu bezweifeln, dass sich dies in der Marktwirtschaft umsetzen lasse. Letztlich bringe die integrierte Versorgung die Freiberuflichkeit in Gefahr.

Systemfragen in Ost und West

Die Grüße der ABDA überbrachte der DAV-Vorsitzende Hermann Stefan Keller. Auch er erinnerte an die Vielfalt der Vorschläge für die Umgestaltung der Apotheken, die unmittelbar nach dem Fall der Mauer kursierten. So wurde vorgeschlagen, verschiedene Eigentumsformen nebeneinander bestehen zu lassen, private, kommunale und staatliche Apotheken. Dagegen habe die ABDA erfolgreich argumentiert. Auch im Westen wurde die Situation als Gelegenheit zum Ausprobieren neuer Konzepte angesehen, beispielsweise die Honorierung über Festzuschläge oder das Auseinzeln. So hätten auch die Apotheken im Westen vor gefährlichen systemverändernden Maßnahmen geschützt werden müssen, wodurch sich ein Kampf nach zwei Seiten ergeben habe.

Bahnbrechend für das Zusammenwachsen von Ost und West sei die schon 1990 früh erhobene Forderung nach gleichen Regeln für die Berufsausübung gewesen. Im Zuge dessen seien schon 1990 viele Vorschriften aus dem Westen übernommen worden.

Klare Rahmenbedingungen statt Modellversuche

Dr. Hermann Vogel, Ehrenpräsident der Bayerischen Landesapothekerkammer und Vize-Präsident der Bundesapothekerkammer, hob die frühen Kontakte zwischen Apothekern aus Thüringen und Bayern hervor. Aus der Hilfe zur Selbsthilfe seien Freundschaften entstanden. Die Kollegen aus dem Osten hätten von Anfang an einen starken Drang zu beruflicher Selbstverantwortung gezeigt. Die positive Entwicklung der Apotheken im Osten sei der Beweis, dass klare staatliche Rahmenbedingungen ausreichten, um ein funktionsfähiges Arzneiversorgungssystem aufzubauen.

Die entscheidenden Merkmale der Freiberuflichkeit würden heute oft nicht gesehen, insbesondere von den Krankenkassen. Freiheit bedeute nicht Ungebundenheit, vielmehr seien die freien Berufe an die Gemeinschaft gebunden. Das Vertrauen der Bürger in die Freiberufler dürfe nicht Schaden nehmen, weil der Laie die erbrachte Leistung nicht prüfen könne. So müsse sich der Bürger auch auf die Beratung des Apothekers verlassen können.

Die Arbeit der Apotheken nur als Distribution zu betrachten, sei eine "bösartige Verkürzung" der Tätigkeit und stelle "billige Polemik" dar. Die Apotheken hätten es nicht nötig, sich "auf die Ebene der Distribution herunterziehen zu lassen". Sogar das Bundesverfassungsgericht habe formuliert, das Arzneimittel sei keine Ware, sondern eine medizinische Problemlösung. Doch warteten manche Politiker darauf, dass die Apotheker ihr eigenes System selbst zerstören würden. So sei vor Modellversuchen zu warnen, die nur um des Versuchens willen durchgeführt würden. Jeder Versuch müsse die Rückkehr zum bewährten System zulassen. Anstelle von Versuchen sei ein verlässlicher ordnungspolitischer Rahmen gefragt.

Mühsame Einheit im Detail

ABDA-Geschäftsführer Dr. Frank Diener beschrieb die Entwicklung der Arzneimittelpreisverordnung im Zuge der Wiedervereinigung. 1989 war die ABDA mit der praktischen Umsetzung der damaligen Blümschen Reformen sehr beschäftigt. Dann fiel die Mauer, und – wie Diener es gegenüber den Thüringer Apothekern formulierte – "Sie waren plötzlich da, einfach so."

Mit der Währungsunion zum 1. Juli 1990 wurde in den neuen Ländern die Arzneimittelpreisverordnung in Kraft gesetzt. Kurz vor Verabschiedung des Einigungsvertrages wurde ein 55%iger Preisabschlag für Arzneimittellieferungen in den Osten zum 1. Januar 1991 eingeführt.

Zum Jahreswechsel stellten viele Herstellerunternehmen ihre Lieferungen ein. Am 4. Januar 1991 wurde daraufhin ein Verbändemodell mit komplizierten Abschlagsregelungen auf allen Handelsstufen ausgehandelt. Dies drohte noch an der Regelung für Arzneimittel, die sowohl verordnet als auch zur Selbstmedikation eingesetzt werden, zu scheitern. Die Erinnerung an solche Einzelheiten machte deutlich, welche vielfältige Mühe im Detail damals geleistet wurde. Diener dankte den Kollegen in den neuen Ländern für das Vertrauen in diese Arbeit der ABDA sowie für ihren Mut und das Mitmachen.

Erfolge durch freie Entscheidung

Dr. Helmut Wittig, Vorsitzender des Thüringer Apothekerverbandes, betrachtet als wesentlichen Grund für den Erfolg bei der Gestaltung des Apothekenwesens in den neuen Ländern, dass alle Beteiligten ihre Ideen eingebracht hätten. Die Rolle der Basis der Apothekerschaft für diese Entwicklung sei daher zu betonen. Auch Wittig erinnerte an die große Unsicherheit, die für die Apotheker in der Wendezeit bestanden hätten. Viele seien anfangs ängstlich und unsicher gegenüber der Privatisierung gewesen.

Doch bringe die Zukunft möglicherweise noch größere Herausforderungen. Dafür wolle er den jüngeren Kollegen die eine Erfahrung mitgeben, dass nichts so sehr motiviere wie das, was selbst frei und unabhängig aus eigener Entscheidung erreicht wurde.

Am 9. September beging der Thüringer Apothekerverband in Suhl sein zehnjähriges Bestehen im Rahmen einer feierlichen Jubiläumsveranstaltung mit zahlreichen Gästen. Standespolitiker aus Ost und West erinnerten in zum Teil sehr persönlich geprägten Festreden, wie sie die Zeit der politischen Wende und die Umgestaltung des Apothekenwesens in Thüringen erlebt haben. So ergab sich ein vielschichtiger Rückblick auf ein spannendes Stück Pharmaziegeschichte und auch mancher Ansatz für die Gestaltung der Zukunft. 

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