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BAK-Präsident Schmall: Versandhandel mit Arzneimitteln gefährdet den Patienten

WESTERLAND (diz). "Wir Apotheker lehnen den Versandhandel mit Arzneimitteln ab, da er die Arzneimittelsicherheit und damit den Patienten gefährdet und keine wirtschaftlichen Vorteile im Sinne einer Entlastung der Solidargemeinschaft bietet." Mit dieser Kernaussage verdeutlichte Dr. Hartmut Schmall, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), in seiner berufspolitischen Eröffnungsrede zum BAK-Fortbildungskongress in Westerland/Sylt erneut die Position der Apotheker zum Thema Internet-Apotheke. Der Herbst-Fortbildungskongress der Bundesapothekerkammer findet in diesem Jahr vom 11. bis 15. September statt und ist der 26. seiner Art.

Für den Verbraucher wird der Bezug von Arzneimitteln über das Internet von den Betreibern der Internetapotheken einfach, schnell und preiswert dargestellt. Das Hochgefühl des Kunden bekomme jedoch gleich einen Dämpfer, so Schmall, wenn nämlich der Kunde auf die Anlieferung seiner Bestellung warten müsse – akute Erkrankungen allerdings erlaubten kein Warten. Hinzu komme, dass bei Versandapotheken nicht selten der Austausch wirkstoffidentischer Arzneimittel praktiziert werde. Irritationen des Patienten sind hier vorprogrammiert, wenn er ein anderes als sein gewohntes Arzneimittel zugesandt bekommt.

Der Aut-idem-Austausch von Arzneimitteln sei jedoch nur die Spitze eines Eisbergs. Gefahren beim Internet-Bezug von Arzneimitteln lägen auch darin, wie der BAK-Präsident ergänzte, dass der Kunde letztendlich überhaupt nicht sicher sein könne, "dass das in der Packung ist, was draufsteht" und dass es qualitativ einwandfrei sei.

Gerade im Internet-Handel gebe es viele schwarze Schafe, die nur das schnelle Geld witterten. Eine weitere Gefahr liege darin, dass unter dem Deckmantel der Information für vermeintlich Heilung oder Linderung bringende Substanzen geworben würde, die therapeutisch für ganz andere Indikationen eingesetzt würden. Dies berge schwerwiegende Risiken.

Vor diesem Hintergrund verbiete auch das Arzneimittelgesetz jeglichen Versandhandel mit Arzneimitteln an den Endverbraucher und erlaubt als Abgabeweg nur die Apotheke. Schmall wörtlich: "Auch wenn es gerne unterstellt wird – das Arzneimittelgesetz ist nicht ein Apothekenschutzgesetz, sondern ein Verbraucherschutzgesetz."

Auch finanziell böten Internetapotheken keine Vorteile, auch wenn dies interessierte Kreise in Deutschland, beispielsweise die Krankenkassen, gerne behaupteten. Die von Versandapotheken vertriebenen Arzneimittel sind in der Regel teurer, hinzu kommt der Versandkostenanteil. Nur wenn Rosinenpickerei betrieben wird, ergibt sich vereinzelt ein Vorteil.

Auch wenn den Apothekern vorgeworfen wird, dass sie Internethandel sowie Fremd- und Mehrbesitz ablehnen, um ihre eigenen Interessen zu schützen, so ist dies einerseits legitim, da hier die eigene wirtschaftliche Existenz betroffen ist, andererseits sogar auch notwendig, dass sich die Apotheker als Fachleute für das Arzneimittel äußern.

Aber, so ergänzte Schmall, Apotheker sollten darüber nachdenken, wie sie sich aktiv ins Internet einbringen könnten, denn "das Internet geht auch an den Apothekern nicht vorbei". Vorstellbar wäre für ihn, dass Patienten ein Arzneimittel per Internet (statt per Fax oder Telefon) bestellen, dies aber in ihrer gewünschten oder benachbarten Apotheke abholen. Und einen Schritt weiter: man könne auch überlegen, so Schmall, ob in solchen Fällen auch eine Zustellung durch pharmazeutisches Personal der Apotheke erfolgen könne.

Schmall erinnerte an die Vorteile der Versorgung durch die Apotheke: flächendeckend, ortsnah, zeitnah, sofortige Lieferung oder innerhalb weniger Stunden, Gewährleistung der Arzneimittelqualität und Kompetenz in Arzneimittelfragen. Und vor allem: die Apotheke kann – im Gegensatz zur Versandapotheke – individuell auf die Bedürfnisse des Patienten eingehen, beispielsweise in Bereich Rezeptur oder bei der Information und Beratung.

Schmall rief dazu auf, gerade diesen Punkt der Information und Beratung nicht zu vernachlässigen, denn dies sei ein wichtiger Unterschied zum Versandhändler. Nicht nur in der Selbstmedikation, auch bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel sei die Information des Apothekers gefragt. Immerhin werden schätzungsweise 50 Prozent der verordneten Arzneimittel nicht oder nicht richtig angewandt.

Sinnvolle Angebote ans Netz

Zum Thema integrierte Versorgung merkte Schmall an, dass derzeit intensiv darüber diskutiert wird, ob und wie Apotheker sich hier einbringen sollen. Während manche Apotheker vernetzte Strukturen rundweg ablehnen, überlegen andere, sich als Hoflieferant für Netze einzubringen.

Vor dieser Position warnte Schmall, da dies das System des Apothekenwesens gefährden würde. Stattdessen sollten die Apotheker im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen ihr pharmazeutisches Leistungsangebot und ihre individuellen Dienstleistungen einbringen, so z. B. Netz-Arzneimittelkommissionen einrichten, interne Verordnungslisten erstellen, die ökonomische Verordnungskontrolle übernehmen, bei Budgetproblemen beraten und pharmazeutische Betreuung umsetzen. Die Berufsorganisationen erarbeiten zur Zeit entsprechende Unterlagen, die Hilfestellung und Anregung für die Kooperation mit Netzen geben sollen.

Gefährliche Entwicklung

Als "gefährliche Entwicklung" bezeichnete Schleswig-Holsteins Kammerpräsident Ernst-Heinrich Wehle in seinen Grußworten zum BAK-Kongress die Entstehung von Praxisnetzen. Bei der integrierten Versorgung sehe er einen starken staatlichen dirigistischen Einfluss.

Wehle beklagte auch die nach seiner Auffassung starke Diskrepanz zwischen dem wissenschaftlichen Anspruch des Apothekerberufs und der "Brutalität im beruflichen Alltag", dies passe nicht mehr zusammen: die gesetzliche Verpflichtung, auch angesichts der Generikaflut ein Rezept buchstabengetreu beliefern zu müssen, ohne die Erlaubnis zu haben, austauschen zu dürfen, könne nicht mehr lange gut gehen.

"Die Gängelung ist nicht mehr auszuhalten", so Wehle. Er wundere sich auch über die Duldsamkeit der Apotheker: einerseits umarme einen die Industrie, wenn es um die Selbstmedikation gehe, andererseits spreche sie dem Apotheker jegliche Kompetenz ab, wenn es um aut idem gehe.

"Wir Apotheker lehnen den Versandhandel mit Arzneimitteln ab, da er die Arzneimittelsicherheit und damit den Patienten gefährdet und keine wirtschaftlichen Vorteile im Sinne einer Entlastung der Solidargemeinschaft bietet." Mit dieser Kernaussage verdeutlichte Dr. Hartmut Schmall, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), in seiner berufspolitischen Eröffnungsrede zum BAK-Fortbildungskongress in Westerland/Sylt erneut die Position der Apotheker zum Thema Internet-Apotheke. Der Herbst-Fortbildungskongress der Bundesapothekerkammer findet in diesem Jahr vom 11. bis 15. September statt und ist der 26. seiner Art. 

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