Arzneimittel und Therapie

Partydroge: So schädigt Ecstasy das Gehirn

Ecstasy kann Hirnstrukturen und -funktionen schädigen. Betroffen ist vor allem das Serotonin-System. Ein hohes Risiko haben Anwender, die sich nicht mit der gelegentlichen niedrig dosierten oralen Einnahme begnügen.

Ecstasy wird seit mehr als zehn Jahren von vielen Jugendlichen als Partydroge benutzt. Chemisch handelt es sich um ein Amphetamin-Analogon: um 3,4-Methylendioxy-methamphetamin (MDMA). Es wirkt euphorisierend und stimulierend. Beim Anwender stellt sich ein Gefühl von Nähe und Verbundenheit mit anderen ein.

Die übliche Dosis besteht aus ein bis zwei Tabletten mit je 60 bis 120 mg MDMA. Die meisten Anwender nehmen Ecstasy höchstens alle 14 Tage ein. Bei häufigerer Anwendung kommt es rasch zu Toleranz. Dann müssen größere Dosen eingesetzt werden, um die gewünschten Wirkungen zu erzielen. Gleichzeitig treten wesentlich häufiger Nebenwirkungen auf.

Viele Anwender betrachten Ecstasy als sichere Droge: Weder löst es ein Verlangen ("Craving") aus wie Opiate oder Cocain, noch führt es bei der Mehrzahl der Konsumenten zu starken oder anhaltenden Funktionsstörungen. Dennoch sollten die Gefahren der Modedroge nicht unterschätzt werden. Mittlerweile gibt es eine Reihe von Todesfällen durch Ecstasy, die durch maligne Hyperthermie oder idiosynkratische Reaktionen ausgelöst worden sind. Außerdem mehren sich die Hinweise auf neurotoxische Wirkungen der Droge - sowohl in Tierexperimenten als auch bei Hochdosis-Anwendern.

Nervenschäden im Tierexperiment

Die Gabe von Ecstasy an Ratten und nicht menschliche Primaten führt zu großen, möglicherweise dauerhaften Schäden der Nervenzellfortsätze (Axone) und Nervenendfasern, die Serotonin enthalten. Besonders auffällig nimmt die Dichte serotonerger Axone in Hirnrinde (Kortex), Hippokampus und Striatum ab. Noch sieben Jahre nach Ecstasy-Gabe wurde bei Totenkopfäffchen eine verminderte Dichte serotonerger Axone im Gehirn festgestellt. Die Axone wachsen zwar in gewissem Umfang nach, aber unvollständig und abnorm.

Auch die Dichte der Serotonin-Aufnahmestellen und die Konzentration des Serotonin-Metaboliten 5-Hydroxyindolylessigsäure - beides Marker serotonerger Hirnfunktionen - sinken. Die tierexperimentellen Ergebnisse sind schon wegen der höheren Dosierungen und der oft subkutanen Injektion nicht mit der gelegentlichen oralen Ecstasy-Einnahme des Menschen vergleichbar. Dennoch gilt auch für Ecstasy, dass größere Tiere (und damit auch Menschen) meist empfindlicher für die toxische Wirkung einer gegebenen Dosis sind als kleine. Ecstasy verursacht bei nicht menschlichen Primaten stärkere Nervenschäden als bei Ratten oder Mäusen.

Veränderte Anwendungsmuster

Eine beachtliche Minderheit der Konsumenten nimmt Ecstasy öfter als alle 14 Tage ein. Auch wird die Dosis häufig erhöht, und es wird von der oralen Anwendung abgewichen. In einer australischen Untersuchung hatte sich einer von sechs "Usern" Ecstasy schon injiziert. Zwei von fünf hatten Ecstasy in den vergangenen sechs Monaten schon einmal 48 Stunden oder länger angewendet. Häufig kommt Ecstasy in heißer Umgebung zum Einsatz, wo zu wenig Wasser getrunken wird. So besteht die Gefahr einer Überwärmung (Hyperthermie). Bei Ratten steigert die Hyperthermie die Neurotoxizität der Droge.

Neurotoxische Wirkungen beim Menschen

In mehreren Studien an Ecstasy-Anwendern wurden erniedrigte Konzentrationen des Serotonin-Metaboliten 5-Hydroxyindolylessigsäure in der Zerebrospinalflüssigkeit festgestellt. Andere Studien ergaben bei den Drogenkonsumenten eine abgeschwächte Prolactin-Antwort auf Serotonin-Agonisten. In einer Studie zeigte sich in der Positronen-Emissions-Tomographie bei Ecstasy-Usern eine verringerte Dichte von Serotonin-Aufnahmestellen. Im Vergleich zu Kontrollpersonen mit ähnlichem Alkohol-, Tabak- und Cannabis-Konsum war die Dichte der Serotonin-Aufnahmestellen im Gehirn von Personen mit hohem Ecstasy-Konsum deutlich verringert.

Zwei Studien wiesen auf andere Veränderungen im Gehirn von starken Ecstasy-Konsumenten hin: einen verringerten Glucose-Stoffwechsel im linken Hippokampus und ein EEG-Muster, wie es sonst erst im Alter oder bei Demenzerkrankungen auftritt.

Mögliche Symptome der Neurotoxizität

Wenn Ecstasy das Serotonin-System schädigt, kann dies Funktionsausfälle zur Folge haben. In Tierexperimenten waren die Verhaltens- und Wahrnehmungsausfälle unter neurotoxischen Ecstasy-Dosen meist nur gering ausgeprägt. Beim Menschen gibt es mittlerweile zahlreiche Fallberichte und einige kontrollierte Studien zu neuropsychiatrischen Folgen des Ecstasy-Konsums.

Beispielsweise sollen einem Bericht zufolge Ecstasy-Anwender häufig impulsiver sein als Kontrollpersonen, die andere Drogen anwenden. Niedrige Liquorkonzentrationen der 5-Hydroxyindolylessigsäure scheinen beim Menschen mit Gewalttätigkeit, Impulsivität, Alkoholismus und kriminellem Verhalten verknüpft zu sein.

Nach Einnahme von Ecstasy kann es für einige Tage zu einem Stimmungstief kommen. In einer australischen Untersuchung wurde bei Ecstasy-Anwendern eine hohe Prävalenz depressiver Symptome festgestellt, die unter anderem mit der Anwendungshäufigkeit und der Dosierung der Droge korrelierten.

Ecstasy kann beim Menschen einerseits das Kurzzeitgedächtnis unterbrechen, andererseits aber auch langfristig (im drogenfreien Zustand) Gedächtnis und kognitive Leistungen beeinträchtigen. Zukünftige Beobachtungsstudien müssen klären, ob Ecstasy auch bei seltener Anwendung neurotoxisch wirkt. Bei der Langzeit-Anwendung von Ecstasy sollte vorrangig untersucht werden, ob Depressionen und Selbstmordgefahr gefördert werden. Einige Anwender kombinieren Ecstasy bereits mit einem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, wie Fluoxetin, um Stimmungstiefs zu mildern. Hier sollten Wechselwirkungen genauer untersucht werden.

Literatur: Boot, B. P., et al.: MDMA (Ecstasy) neurotoxicity: assessing and communicating the risks. Lancet 355, 1818-1821 (2000).

Ecstasy kann Hirnstrukturen und -funktionen schädigen. Betroffen ist vor allem das Serotonin-System. Ein hohes Risiko haben Anwender, die sich nicht mit der gelegentlichen niedrig dosierten oralen Einnahme begnügen. 

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