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Bundessozialgericht: Festbeträge für Ovulationshemmer rechtswidrig

BONN (bah/daz). Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 31. August 2000 festgestellt, dass das gegenwärtige Verfahren, wonach die GKV-Spitzenverbände Festbeträge für Arzneimittel alleine festsetzen, verfassungswidrig ist.

Der mit den Festbeträgen verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit der Arzneimittelhersteller dürfe nicht durch eine allenfalls in einem beschränkten Umfange demokratisch legitimierte Körperschaft wie die Krankenkassen vorgenommen werden.

Die derzeitige Festbetragspraxis bezogen auf orale Kontrazeptiva sei, so das Gericht, in zweifacher Hinsicht rechtswidrig: Empfängnisverhütende Mittel seien keine Arzneimittel i. S. v. § 35 SGB V, weil sie - in aller Regel - nicht zur Behandlung von Krankheiten dienten. Die Leistungspflicht der Krankenkassen für empfängnisverhütende Mittel sei in § 24 a SGB V besonders geregelt.

Danach haben Versicherte bis zum vollendeten 20. Lebensjahr Anspruch auf Versorgung mit diesen Mitteln. § 24 a SGB V verweise aber nicht auf § 35 SGB V. Auch aus den Gesetzesmaterialien ließe sich nicht entnehmen, dass die Spitzenverbände der Krankenkassen ermächtigt werden sollten, Festbeträge auf einem Markt festzusetzen, an dem sie nur zu etwa 20% beteiligt seien. Eine solche Ermächtigung sei auch wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit verfassungsrechtlich bedenklich, weil sie ganz überwiegend eine Kostenentlastung der Verbraucherinnen, nicht aber der Krankenkassen bewirken würde.

In einer ersten Stellungnahme zu diesem Urteil begrüßt der Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) diese Entscheidung des BSG, weil damit nach der ersten Entscheidung aus dem Jahr 1995 erneut ein oberstes Bundesgericht die gegenwärtigen Festbetragsregelungen für verfassungswidrig hält. Selbst die Bundesministerien der Justiz, des Inneren und für Wirtschaft hätten in Gutachten festgestellt, so der BAH, dass das gegenwärtige Verfahren zur Festsetzung von Festbeträgen verfassungs-, europarechts- und kartellwidrig sei. Auch die Bundesregierung wird bei ihren anstehenden Entscheidungen zu den Festbeträgen das BSG-Urteil berücksichtigen müssen.

Der BAH fordert Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer deshalb auf, aus dem Urteil des Bundessozialgerichts die notwendigen gesetzgeberischen Konsequenzen zu ziehen. Zunächst hatten Ministerin Fischer und die Gesundheitspolitiker der Regierungskoalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen entschieden, nur für den Fall, dass das Landessozialgericht Berlin das gegenwärtige Festbetrags-Festsetzungsverfahren für rechtswidrig hält, vor einer erwarteten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in dieser Frage gesetzgeberisch tätig zu werden.

Auf Basis dieser eigenen politischen Festlegung bleibt Ministerin Fischer nunmehr keine andere Alternative, als das Festbetragsverfahren sofort und ohne weitere Verfahrensverzögerungen gesetzlich neu zu regeln. Denn auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin kann es jetzt politisch nicht mehr ankommen, so der BAH in einer Pressemitteilung. Rechtssicherheit, die auch den Interessen der Arzneimittelhersteller Rechnung trage, müsse nun die politische Maxime für Ministerin Fischer sein.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 31. August 2000 festgestellt, dass das gegenwärtige Verfahren, wonach die GKV-Spitzenverbände Festbeträge für Arzneimittel alleine festsetzen, verfassungswidrig ist. Der mit den Festbeträgen verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit der Arzneimittelhersteller dürfe nicht durch eine allenfalls in einem beschränkten Umfange demokratisch legitimierte Körperschaft wie die Krankenkassen vorgenommen werden. Die derzeitige Festbetragspraxis bezogen auf orale Kontrazeptiva sei, so das Gericht, sogar in zweifacher Hinsicht rechtswidrig. 

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