Arzneimittel und Therapie

Mukoviszidose: Eine Krankheit wird erwachsen

Mukoviszidose (zystische Fibrose, CF) ist die häufigste autosomal rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung. Als Auslöser wurden 1985 Mutationen im cystic fibrosis transmembrane conductance regulator (CFTR-)Gen auf dem langen Arm des Chromosoms 7q31.2 identifiziert. Heute sind rund 900 krankheitsauslösende Mutationen des CFTR-Gens bekannt, und über 150 sind auch bei deutschen Patienten nachgewiesen worden.

Innerhalb des Mutationsspektrums wurde DF508 als die mit Abstand häufigste Störung auf rund 70% aller deutschen CF-Chromosomen identifiziert. Diese tritt mit regional unterschiedlicher Prävalenz auf: Im Norden und Süden Deutschlands beträgt sie 74%, im Westen des Landes und in Sachsen oder Thüringen hingegen nur rund 66% bzw. 61%.

Diagnostik der Mukoviszidose

Die Diagnosestellung bei klassischen Symptomen der zystischen Fibrose ist in den meisten Fällen problemlos, während sie bei der atypischen oder monosymptomatischen Form aufgrund des variablen Multiorganbefalls schwierig sein kann. In diesen Fällen kann sie neben dem klassischen Schweißtest mit Pilocarpin - mit elektrophysiologischen Methoden wie der nasalen Potenzialdifferenzmessung (nPD) oder der intestinalen Kurzschlussstrommessung (ICM) differenzialdiagnostisch gesichert werden.

Bei der nasalen Potenzialdifferenzmessung handelt es sich um eine schmerzfreie Methode, bei der die Spannungsdifferenz zwischen zwei Elektroden - im unteren Nasengang und am Unterarm platziert - gemessen wird. Gesunde verfügen über eine Spannungsdifferenz von etwa 30 mV. CF-Patienten hingegen haben deutlich negativere Potenziale. Die intestinale Kurzschlussstrommessung (ICM) wird als Rektumsaugbiopsie durchgeführt. Die Vorteile sind auch hier das schmerzlose Prozedere sowie die Tatsache, dass der Patient weder vorbereitet sein muss, noch eine Narkose oder Schmerzmedikation benötigt.

Antibiotikatherapie bei Mukoviszidose

Wie eine optimale Antibiotikatherapie auszusehen hat, ob sie als Frühtherapie, Dauertherapie oder Intervallbehandlung, und wenn ja, wie lange sie eingesetzt werden soll, darüber herrscht zwar noch keine Einstimmigkeit, doch zeichnen sich inzwischen Tendenzen ab. Der Leitkeim Pseudomonas aeruginosa (PSA) steht im Zentrum der Therapie.

Bei chronischer Besiedlung haben neue Therapiemethoden, wie die vom klinischen Bild unabhängige, routinemäßig durchgeführte intravenöse Antibiotikatherapie über 14 Tage im 3-Monats-Intervall, im Vergleich zur Bedarfstherapie bessere Erfolge gezeigt. Parallel dazu wird eine Colistin-Inhalation als Dauertherapie verordnet. Fluorchinolone oder die Verkürzung der intravenösen Intervalle können je nach Schweregrad ergänzend hinzu kommen.

Inzwischen darf man davon ausgehen, dass mit einer Frühtherapie, also einem Antibiotikaeinsatz bei PSA-Erstnachweis und ohne Symptomatik, eine chronische PSA-Besiedlung verzögert werden kann. Auf diese Weise können fast 80% der Patienten vor einer Chronifizierung geschützt werden. Das Konzept beinhaltet eine dreiwöchige Inhalationstherapie mit Colistin 2 x 1 Mio E/Tag plus 2 x 25-50 mg/kg KG/Tag Ciprofloxacin. Bei mehrmaligem Nachweis wird die Colistin-Dosis auf 2 Mio E zweimal täglich erhöht. In einem dritten Schritt (PSA-Nachweis innerhalb sechs Monaten dreimal positiv) wird die Therapie auf drei Monate ausgeweitet. Unter dieser Behandlung konnte im Vergleich zu einer Kontrollgruppe eine deutlich bessere Lungenfunktion und eine verbesserte Vitalkapazität erzielt werden.

Nicht-antibiotische Therapie der Mukoviszidose

Die symptomatische Therapie der Mukoviszidose zielt vor allem auf die Umgehung von Organinsuffizienzen und die Vermeidung von Folgesymptomen ab und umfasst als nicht-antibiotische Maßnahmen z.B. Schutzimpfungen (Masern-, Pertussis-, Influenza-, Pneumokokken-, Hepatits-A- und -B-Impfungen, PSA-Impfung). Bei rund 85% aller CF-Patienten tritt eine exokrine Pankreasinsuffizienz in den ersten zwei bis drei Lebensjahren auf. In diesem Fall müssen Pankreasenzyme substituiert werden, wobei heute verträgliche polydisperse Mikropellets eingesetzt werden.

Bei Untergewicht sollte der Patient zunächst eine schriftliche Dokumentation seiner Ernährung über sieben Tage anfertigen. Eine hochkalorische und fettreiche Ernährung soll das Gewicht steigern. Liegt dieses aber unter 85% des Längensollgewichts, reichen Schulung und orale Zusatzernährung nicht mehr aus; hier muss mittels perkutaner endoskopischer Gastrostomie interveniert und Sondennahrung verabreicht werden. Die früher kaum gesehene "Spätkomplikation" Diabetes mellitus tritt mit dem Erreichen eines höheren Lebensalters bei 30 bis 40% der Patienten auf. Hier gilt das Motto: "Hochkalorisch und fettreich essen steht im Vordergrund, und erst danach wird mit Antidiabetika reguliert."

Inhalative Therapie bei Mukoviszidose

Einen erheblichen Anteil am Verlauf der zystischen Fibrose hat die inhalative Therapie zur Verbesserung der obstruktiven Ventilationsstörungen, Entzündungen und Infektionen ein. Die lokale Wirkung am Zielort durch Inhalation lässt eine niedrigere Dosierung bei hoher Wirksamkeit zu. Standardtherapie ist dabei die Feuchtinhalation mit Düsenverneblern. Inhalatoren mit einem Unterbrecherknopf, der die Verneblung auf die Einatmungsphase beschränkt, ermöglichen zudem eine Einsparung der Wirkstoffmenge.

Kinder ab zwei Jahren sollten mittels Mundstück inhalieren, und bei der Wahl des Gerätes sollte darauf geachtet werden, dass möglichst wenig Restinhalat zurückbleibt. Zur Verneblung können beispielsweise Mukolytika wie DNAse, hypertonische und isotonische Kochsalzlösung, Acetylcysteinpräparate und Antibiotika wie Colistin oder Tobramycin eingesetzt werden.

Oszillierende Physiotherapie in der Behandlung von Mukoviszidose

Bei der zystischen Fibrose kommt es zur Bildung von zähem Sekret, das einen günstigen Nährboden für pathogene Keime darstellt. Dies begünstigt die Entwicklung von Entzündungen, chronischen Infektionen und obstruktiven Veränderungen im Lungengewebe. Die Lungenfunktion wird dabei erheblich beeinträchtigt. Oszillierende Physiotherapie mit einer Frequenz von z.B. 22 Hz scheint die Viskoelastizität des Mukus in den Atemwegen zu reduzieren und die Lungenclearance zu verbessern. So lauten die Ergebnisse einer Untersuchung.

Signifikant überlegene Ergebnisse wurden mit Untersuchungen erzielt, wenn auf die Oszillationstherapie zunächst die Inhalation mit einem Mukolytikum und anschließend eine Mobilisation erfolgte. Danach konnte nicht nur die Wirkung verbessert, sondern auch die Therapiezeit verkürzt werden.

Zusammenarbeit von Ambulanz und Selbsthilfegruppen

Auf eine kooperative Zusammenarbeit zwischen Selbsthilfegruppen und Behandlungsteams ist ganz besonders bei der Mukoviszidose nicht mehr zu verzichten. Vielmehr wären sogar zahlreiche Forschungsaktivitäten und Betreuungsmodelle ohne die finanzielle Unterstützung der Gruppen nicht möglich. Selbsthilfegruppen unterstützen unter anderem die Schaffung neuer Strukturen, damit alle CF-Patienten heute nach Qualitätsstandards therapiert werden können. Für die Therapie nach solchen Behandlungskonzepten müssen verstärkt Mukoviszidosezentren und -ambulanzen eingerichtet werden. Hier sind die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Krankenkassen gefordert, eine für alle Beteiligten zufriedenstellende finanzielle Regelung auch im ambulanten Bereich zu schaffen.

Zur Zeit bleiben die Bemühungen um Arbeitsplätze und Einrichtungen sowie die finanzielle Unterstützung von wissenschaftlichen Hilfskräften noch zum großen Teil den privaten Initiativen der Selbsthilfegruppen wie Mukoviszidose e.V., Bonn, CF-Selbsthilfe Bundesverband, Bonn, und Christiane-Herzog-Stiftung, München, überlassen. daz

Quelle: Workshop Mukoviszidose (6. Lerbacher Gespräch), 29. Juni bis 1. Juli 2000, Schloss Lerbach bei Köln, veranstaltet von Grünenthal GmbH, Aachen.

Mukoviszidose (zystische Fibrose) ist die häufigste autosomal rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung. Als Auslöser wurden 1985 Mutationen im cystic fibrosis transmembrane conductance regulator (CFTR-)Gen auf dem langen Arm des Chromosoms 7q31.2 identifiziert. Heute sind rund 900 krankheitsauslösende Mutationen des CFTR-Gens bekannt und über 150 sind auch bei deutschen Patienten nachgewiesen worden.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.