Arzneimittel und Therapie

Calciumantagonisten: Diltiazem nach Fibrinolyse bei frischem Herzinfarkt

Die INTERCEPT-Studie untersuchte die Wirkung von 300 mg retardiertem Diltiazem, nach einem Herzinfarkt sechs Monate lang einmal täglich eingenommen, auf die Häufigkeit erneuter Koronarereignisse. Das Besondere im Vergleich zu älteren Studien war: Alle Patienten hatten eine frühe Fibrinolyse erhalten. Die Ergebnisse weisen auf eine mögliche Eignung des Calciumantagonisten für die Sekundärprävention des Herzinfarktes im Rahmen der heute üblichen Post-Infarkt-Therapie hin.

Die Fibrinolyse bei frischem Herzinfarkt senkt die Frühsterblichkeit um etwa 20%. Erneute Koronarereignisse treten trotzdem mit einer Häufigkeit von 40% im ersten halben Jahr nach dem Infarkt auf. Mit verschiedensten Therapiestrategien versucht man ihre Häufigkeit zu senken: mit neuen Fibrinolytika, Antikoagulanzien, Thrombozytenaggregationshemmern und mit der perkutanen transluminalen Koronar-Angioplastie (PTCA).

Sekundärprävention mit antiischämischen Substanzen

Wenig Erfahrung liegt bislang für die Sekundärprävention mit antiischämischen Substanzen - Betablockern oder Calciumantagonisten - nach primärer Fibrinolyse vor. Fast alle Studien, in denen nach einem Herzinfarkt Calciumantagonisten gegeben wurden, fanden statt, bevor die Reperfusionstherapie weit verbreitet war.

Wie wirkt Diltiazem?

In der INTERCEPT-Studie wurde jetzt untersucht, ob der Nicht-Dihydropyridin-Calciumantagonist Diltiazem die Rate erneuter Herzereignisse nach einem fibrinolytisch behandelten Herzinfarkt senkt. INTERCEPT bedeutet Incomplete Infarction Trial of European Research Collaborators Evaluating Prognosis post-Thrombolysis. Der früh fibrinolytisch behandelte Herzinfarkt ähnelt dem Non-Q-Infarkt (leichter Infarkt ohne Ausbildung infarkttypischer Q-Zacke im EKG; Gewebsuntergang betrifft nur begrenzte Wandbereiche). Der fibrinolytisch behandelte Herzinfarkt ist ebenfalls ein unvollständiger Infarkt mit lebensfähigem, aber weiterhin gefährdetem Herzmuskelgewebe.

874 Patienten mit frischem Infarkt

An der prospektiven Doppelblindstudie INTERCEPT nahmen in den Niederlanden, Großbritannien, Belgien und Dänemark 874 Patienten mit frischem Herzinfarkt,aber ohne Herzinsuffizienz teil. Alle hatten innerhalb von 12 Stunden nach Infarktbeginn ein Fibrinolytikum und Acetylsalicylsäure erhalten.Zwischen 36 und 96 Stunden nach Infarktbeginn bekamen die Patienten randomisiert ein Retardpräparat mit 300 mg Diltiazem oder ein Plazebo zur einmal täglichen oralen Einnahme. Die Patienten nahmen dieses Präparat sowie die Acetylsalicylsäure bis zu sechs Monate lang ein. Primärer Endpunkt war die kumulative Erst-Ereignisrate für Herztod, nicht tödlichen Reinfarkt oder medikamentös nicht behandelbare (therapierefraktäre) Ischämie. Sekundäre Endpunkte waren unter anderem:

  • Ereignisrate für nicht tödlichen Reinfarkt oder therapierefraktäre Ischämie
  • Ereignisrate für nicht tödlichen Reinfarkt oder erneute Ischämie
  • Ereignisrate für Herztod, nicht tödlichen Herzinfarkt oder Notwendigkeit einer Revaskularisationsmaßnahme am Herzen (PTCA oder Bypass)

Alle Ischämien und die Notwendigkeit einer Revaskularisationsmaßnahme wurden anhand eines EKGs objektiviert. Die Studie wurde in zeitlichen Abständen auf Intention-to-treat-Basis mehrfach ausgewertet. 444 Patienten nahmen Plazebo ein, 430 Diltiazem. Nur ein kleiner Teil der Patienten wurde bereits vor dem Infarkt mit einem Betablocker behandelt und setzte die Behandlung während der Studie fort (14 bzw. 13%).

Primäre Endpunkte

In der Plazebogruppe traten 131 primäre Endpunkt-Ereignisse auf, in der Diltiazem-Gruppe 97. Damit war die Erstereignis-Rate mit Diltiazem nur tendenziell, aber nicht signifikant verringert (um 23%). In beiden Gruppen traten jeweils sechs Herztodesfälle auf, in der Plazebogruppe außerdem ein nicht kardial bedingter Tod.

Sekundäre Endpunkte

Bei sekundären Endpunkten, die ausschließlich nicht tödliche Herzereignisse betrafen, schnitten die Patienten mit Diltiazem deutlich besser ab als die Patienten mit Plazebo:

  • Die Häufigkeit eines nicht tödlichen Herzinfarktes oder einer therapierefraktären Ischämie sank gegenüber Plazebo um 25%.
  • Die Häufigkeit eines nicht tödlichen Herzinfarktes oder einer erneuten Ischämie war gegenüber Plazebo um 21% verringert.
  • Die Häufigkeit eines nicht tödlichen Herzinfarktes oder einer notwendigen Revaskularisationsmaßnahme war gegenüber Plazebo um 35% reduziert.

Weniger Revasularisation nötig

Besonders stark verringerte der Calciumantagonist die Häufigkeit einer notwendigen Revaskularisationsmaßnahme: um 42%. Die sechsmonatige einmal tägliche Gabe von 300 mg retardiertem Diltiazem nach fibrinolytischem Herzinfarkt senkte also die Häufigkeit des primären Endpunktes (Herztod, nicht tödlicher Reinfarkt oder therapierefraktäre Ischämie) nicht signifikant, aber die Häufigkeit verschiedener nicht tödlicher Herzereignisse signifikant. Die Wirkung war unabhängig von der Einnahme eines Betablockers.

Diltiazem nützt

Die Ergebnisse weisen also zumindest auf einen möglichen Nutzen von Diltiazem in der Sekundärprävention des Herzinfarktes nach Fibrinolyse hin. Weitere Studien müssen die Rolle der Nicht-Dihydropyridin-Calciumantagonisten (Diltiazem und Verapamil) nach Fibrinolyse oder PTCA weiter überprüfen.

Die INTERCEPT-Studie untersuchte die Wirkung von 300 mg retardiertem Diltiazem, nach einem Herzinfarkt sechs Monate lang einmal täglich eingenommen, auf die Häufigkeit erneuter Koronarereignisse. Das Besondere im Vergleich zu älteren Studien war: Alle Patienten hatten eine frühe Fibrinolyse erhalten. Die Ergebnisse weisen auf eine mögliche Eignung des Calciumantagonisten für die Sekundärprävention des Herzinfarktes im Rahmen der heute üblichen Post-Infarkt-Therapie hin.

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