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E-Commerce: Wer hat Angst vor dem Internet?

Während sich die Kritiker des Internet-Handels mit Arzneimitteln hinter den geltenden Gesetzen verschanzen und - mit Recht - auf die unseriösen Praktiken vieler "Pillenshops" im Internet hinweisen, gibt es in verschiedenen europäischen Ländern Bemühungen, mit dem Trend Schritt zu halten und Online-Apotheken aufzubauen - ein aktuelles Beispiel ist der niederländische Anbieter 0800DocMorris.com.

Polarisierung

E-Commerce polarisiert: Für die einen ist er die einzig erfolgreiche Wirtschaftsform der Zukunft. Für die anderen ist er ein Konkurrent, der die alte Ordnung stört und den es daher zu verteufeln gilt. Auch im Arzneimittelmarkt gibt es diese Extrempositionen. Eine stärker differenzierte Sichtweise ist beim Thema Online-Medikamente notwendig, so die Meinung des BVA (Bundesverband der Angestellten in Apotheken). Fakt ist: Die deutschen Kunden werden sich auf Dauer nicht völlig vom Internethandel abschirmen lassen. Schon gar nicht, wenn andere europäische und insbesondere deutschsprachige Länder wie die Schweiz zeigen werden, wie es gehen kann. Je mündiger und kritischer Kunden werden, je stärker sich der Trend zu Selbstmedikation durchsetzen wird, desto mehr Argumente sprechen für die Online-Bestellung. Vorausgesetzt, die Beratungsqualität und der Verbraucherschutz sind mindestens ebenso gut wie in der "realen" Apotheke um die Ecke.

Jetzt die Initiative ergreifen

Dass dies bei den derzeitigen Anbietern überwiegend nicht gegeben ist, das ist dem BVA durchaus bewusst. Umso wichtiger ist es, jetzt von Seiten der Apotheker offensiv patientenfreundliche Regelungen für den Online-Handel zu fordern und mitzugestalten. Denn nur so werden deutsche Apotheken auf Dauer wettbewerbsfähig bleiben. Ein zentraler Punkt ist nach Ansicht des BVA, dass auch beim Online-Handel von Arzneimitteln die bestehende Beratungsverpflichtung umgesetzt wird, wie sie in der Apothekenbetriebsordnung festgelegt ist. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, schnell aktiv zu werden. Daraus folgt weiter, dass die strengen Anforderungen an die Ausbildung des Apothekenpersonals auch für virtuelle Apotheken gelten müssen.

Auslieferung: ideale Infrastruktur

Was den Online-Handel für manche Branchen schwierig macht, ist der Aufbau eines schnellen, zuverlässigen Vertriebsnetzes. Hier haben die deutschen Apotheken ideale Ausgangsbedingungen: Das flächendeckend engmaschige Apothekennetz ermöglicht extrem kurze Lieferzeiten. Erfolgt die Auslieferung durch entsprechend qualifizierte Mitarbeiter, dann wird es sogar möglich sein, neben den freiverkäuflichen und den nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel Medikamente auf Rezept zu liefern. Denn die Verschreibungen könnten bei der Übergabe entgegengenommen und geprüft werden.

Zentrale Anlaufstelle im Netz

Telefonische Bestellungen von Stammkunden bei "ihrer" Lieblingsapotheke sind heute schon Normalität. Auch online wird es Kunden geben, die nur bei ihrer Stammapotheke bestellen werden. Für die anderen sollte jedoch nach Meinung des BVA eine zentrale Stelle im Netz geschaffen werden, die die Bestellungen annimmt und an die geographisch nächstgelegene Apotheke verteilt - eventuell auch nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel. Die technische Umsetzung dürfte kein Problem sein. Über diese Zentralstelle könnten sich auch Kunden aus anderen Ländern bequem über das Angebot der deutschen Apotheken informieren und bestellen. Um den Schutz der Verbraucher sicherzustellen, sollten anonyme Bestellungen ausgeschlossen sein. Ein Problempunkt ist der Bezug bei Anbietern aus dem Ausland. Ideal wäre sicherlich eine EU-weite Regelung, die den strengen Anforderungen in Deutschland entspricht. Die direkte Bezugsmöglichkeit für Privatpersonen aus Ländern, die keine Beratungsverpflichtung vorschreiben, sollte wie bisher über entsprechende Einfuhrbestimmungen beim Zoll unterbunden werden.

Zusätzlicher Vertriebsweg

Fazit: So wie der Online-Lieferservice für Blumensträuße den Blumenladen mit der wunderbaren Schaufensterdekoration nicht verdrängt, sondern ergänzt, so wird auch der Internet-Handel mit Medikamenten nur ein zusätzliches Angebot für Patienten sein. Wer gerade vom Arzt kommt, wird ein Rezept eher in die Apotheke neben der Praxis tragen, als zu Hause den Computer anzuwerfen und dann mehrere Stunden auf die Anlieferung zu warten. Wer dagegen wenig Zeit hat und gerade am PC sitzt, für den ist es vielleicht einfacher, sich am Bildschirm für die Sorte Johanniskrautdragees zu entscheiden, die ihm vom Preis-Leistungs-Verhältnis am meisten zusagt.

Neue Arbeitsfelder: Chance und Herausforderung

Die Notwendigkeit von qualifiziert beratendem Apothekenpersonal wird mit Sicherheit auch in Zukunft nicht entfallen. Vielleicht wird es mittelfristig jedoch einige neue Arbeitsfelder geben. Diese hinsichtlich Anforderungsprofil und leistungsgerechter Vergütung zu sichern, wird das Hauptaugenmerk des BVA sein.

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