Arzneimittel und Therapie

Postmenopause: Hormonersatztherapie mit Tibolon

Das synthetische Steroid Tibolon (Liviella), das schwach östrogen, gestagen und androgen wirkt, wird in Deutschland seit letztem Jahr zur Therapie menopausaler und postmenopausaler Beschwerden eingesetzt. Die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit der Substanz wurde in einer kürzlich abgeschlossenen Phase-IV-Studie mit 981 Frauen bestätigt. Darüber hinaus scheint der Einsatz der Hormonersatztherapie bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorteilhaft zu sein.

Oft Bedenken gegen klassische Hormonersatztherapie

Frauen, die während und nach der Menopause Hormonpräparate erhalten, erwarten sich vor allem eine Reduktion ihrer klimakterischen Beschwerden sowie eine Besserung des Befindens und der Leistungsfähigkeit. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen, bundesweiten Umfrage. Von den 1038 befragten Frauen im Alter zwischen 50 und 70 Jahren verwendeten 270 (26 Prozent) Hormonpräparate, davon am meisten in der Untergruppe der 50- bis 59-jährigen Frauen (38 Prozent). Mehr als die Hälfte der befragten Frauen nahmen Hormonersatzpräparate weniger als 5 Jahre. Die Ursachen dafür waren zum einen die Beschwerdefreiheit, zum anderen aber Unverträglichkeit und die Furcht vor Nebenwirkungen.

Angst vor Gewichtszunahme und Brustkrebs

Während sich die 270 Frauen, die zum Zeitpunkt der Umfrage Hormonersatzpräparate bekamen, vor Nebenwirkungen der Medikamente weniger fürchteten als die Gesamtstichprobe, und ein Viertel von ihnen überzeugt war, man müsse bei einer Hormonersatztherapie mit keinen ernsthaften Nebenwirkungen rechnen, ergab sich bei den 173 Frauen, die in der Vergangenheit eine Hormonersatztherapie erhalten hatten, ein anderes Bild: 72 Prozent bewerteten die Gewichtszunahme als wesentliche Nebenwirkung einer Hormonersatztherapie, 40 Prozent nannten Blutungen als mögliche Nebenwirkungen und 28 Prozent befürchteten ein erhöhtes Brustkrebsrisiko.

Besserung klimakterischer Beschwerden

Angesichts dieser Bedenken gegenüber der Hormonersatztherapie wurde die Wirksamkeit und Verträglichkeit des synthetischen Steroids Tibolon in einer Phase-IV-Studie geprüft. An der Multizenter-Studie nahmen 981 Frauen im Alter von 45 bis 70 Jahren mit postmenopausalen Beschwerden teil, die zuvor keine Hormonsubstitution erhalten hatten. Nach einer viermonatigen Therapie mit Tibolon wurden die Frauen anhand einer modifizierten "Menopause-Rating-Skala (MRS)" nach ihren typischen klimakterischen und postmenopausalen Beschwerden gefragt und die Ergebnisse mit den Werten vor Studienbeginn verglichen. Der mittlere MRS-Wert der Teilnehmerinnen betrug anfangs 15, nach der Behandlung mit Tibolon 6 Punkte. 70 Prozent der Teilnehmerinnen bewerteten die Wirksamkeit von Tibolon mit "sehr gut" oder "gut", nur 10 Prozent waren unzufrieden. Die Verträglichkeit von Tibolon stuften 80 Prozent der Teilnehmerinnen mit "sehr gut" oder "gut" ein, als häufigste unerwünschte Wirkung traten in 50 Fällen unspezifische neurologische Symptome auf. Seltener waren genitale Blutungen, Gewichtszunahmen, psychische Befindlichkeitsstörungen oder Hautprobleme. 31 Frauen klagten während der Behandlung über schwerere Nebenwirkungen, vor allem Herz-Kreislauf-Beschwerden.

Hormonersatztherapie bei Depression?

Östrogene verbessern die Hirndurchblutung, fördern die synaptische Plastizität und beeinflussen verschiedene Neurotransmitter wie etwa das Serotoninsystem. Obwohl es Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Östrogenmangel und Depressionen gibt, fehlt der eindeutige wissenschaftliche Beweis dafür. Depressionen haben viele Ursachen, sowohl im physischen als auch im psychischen Bereich. Tritt eine Depression im peri- oder postmenopausalen Alter auf, sollte auch der Hormonstatus bestimmt und gegebenenfalls eine Hormonersatztherapie versucht werden. Im Mittelpunkt der Behandlung sollte jedoch die antidepressive Therapie sowie psychotherapeutische Maßnahmen, zum Beispiel eine Gesprächstherapie, stehen.

Menopause und kardiovaskuläre Erkrankungen

Vor der Menopause leiden Frauen seltener an der koronaren Herzkrankheit als Männer. Nach der Menopause nimmt die Erkrankungsrate bei Frauen deutlich zu, so dass arteriosklerotisch bedingte Gefäßerkrankungen auch bei Frauen die wichtigste Ursache für Krankheit und Tod werden. In der seit 1979 in Münster laufenden prospektiven PROCAM-Studie werden die Daten von etwa 35000 Personen gesammelt, um Risikofaktoren für Herzinfarkt, Schlaganfall und Krebs zu identifizieren. Wie die Daten aus Münster zeigen, erhöht sich mit der Menopause die Anzahl der Risikofaktoren. 45 bis 55 Jahre alte Frauen in der Menopause haben im Vergleich zu gleichaltrigen, prämenopausalen Frauen schlechtere Werte für den Body-Mass-Index, das Gesamtcholesterin, das LDL-Cholesterin, die Triglyzeride, das Fibrinogen, den Faktor VII, das Homocystein und das Lipoprotein (a). Postmenopausale Frauen leiden auch häufiger an Diabetes mellitus, Bluthochdruck und einem erniedrigten HDL-Cholesterin.

Senkung des HDL-Cholesterins

Unter der Therapie mit Tibolon fallen nicht nur die Triglyzerid-Werte um 15 bis 20 Prozent ab, sondern auch die Werte für das HDL-Cholesterin. Die Senkung des HDL-Cholesterins gilt als problematisch, denn HDL-Cholesterin wirkt antiatherogen und besitzt daher eine Schutzfunktion für die Gefäße. Es gibt jedoch Hinweise aus Münster, dass eine Senkung des HDL-Cholesterins nicht zwangsläufig eine Verminderung dieser Schutzfunktion bedeutet.

Das synthetische Steroid Tibolon (Liviella®), das schwach östrogen, gestagen und androgen wirkt, wird in Deutschland seit letztem Jahr zur Therapie menopausaler und postmenopausaler Beschwerden eingesetzt. Die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit der Substanz wurde in einer kürzlich abgeschlossenen Phase-IV-Studie mit 981 Frauen bestätigt. Darüber hinaus scheint der Einsatz der Hormonersatztherapie bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorteilhaft zu sein

1 Kommentar

Liviella Tibolon in hohem Alter

von Jutta Kreibaum am 16.06.2019 um 9:36 Uhr

Ich lebe seit 1973 in Japan. Ich bin 82. Eine Freundin aus Deutschland hat mir vor vielen Jahren Liviella empfohlen.
Ich habe bislang keine Probleme, nehme aber nur ne 1/2 Tablette.Bin ich zu alt für Hormonersatztherapie? Was geschieht , wenn ich absetze. In Japan werden wenig Hormone genommen. Ich brauche Ihren Rat.

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