DAZ aktuell

Der Fall Stange: Vernehmung des Steuerberaters geplatzt

BIELEFELD (vs). Das Verhalten der Zeugen des von Stange beauftragten Steuerberaterbüros und die Strategie der Verteidigung erhitzt allmählich die Gemüter der Prozessbeteiligten. Die Anspannung steigt. Neue Fakten offenbarte der 20. Verhandlungstag im Mammutprozess gegen Stange am vergangenen Montag allerdings nicht.

Eine Kehrtwende in der Strategie der Verteidigung Stanges scheint sich abzuzeichnen. Hatte es bislang den Anschein, dass sich die Verteidigung bei der Beweisaufnahme kooperativ zeigte, scheint sie sich nunmehr zurückzuziehen. Direkt zu Beginn der Verhandlung eröffnete Stange, dass er seine Erklärung, den Steuerberater Vogt und dessen Mitarbeiter von ihrer Schweigepflicht zu entbinden, widerrufe. Zeigte sich der Vorsitzende Richter Schild über diese Kehrtwende Stanges bereits überrascht, so wurde dessen Erstaunen noch größer, als sich auch die zu diesem Termin geladene Zeugin, Ehefrau und Mitarbeiterin des Steuerberaters Vogt, auf ein Aussageverweigerungsrecht berief. Im Termin zuvor hatte bereits Vogt, der mit Stange verschwägert ist, das Zeugnis verweigert. Im Beistand ihres Anwalts, welcher sich zum Teil heftige Gefechte mit dem Vorsitzenden Richter Schild lieferte, erklärte sie, dass sie im Falle ihrer Aussage ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen sich befürchte. Zwar sei seinerzeit ein gegen sie eingeleitetes Ermittlungsverfahren eingestellt worden, was allerdings die Wiederaufnahme staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen nicht ausschließe. Das Gericht war anderer Meinung und beschloss, als die Zeugin Fragen zu einem offenbar brisanten Gewinnansprüche-Formblatt einer Apothekerin nicht beantworten wollte (lässt es vielleicht Rückschlüsse auf eventuelle Gewinnabschöpfungen zu?), dass ihr ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 Strafprozessordnung nicht zustehe, weil eine Strafverfolgung zweifellos ausgeschlossen sei. Nun tritt das Gericht auf der Stelle, weil sich die Zeugin wegen jeder einzelnen Frage auf ihr Verweigerungsrecht berufen muss und das Gericht wegen jeder Aussageverweigerung zu beschließen hat. Ob ihr tatsächlich ein Verweigerungsrecht zusteht, wird demnächst das Oberlandesgericht Hamm zu klären haben. Richter Schild, offenbar verärgert, ließ verlautbaren, die Zeugin solange vorzuladen, bis alle Themenkomplexe abgehandelt seien, auch wenn sie sich jedes Mal auf ihr angebliches Verweigerungsrecht berufe. Mit der dabei gefallenen Äußerung "wir haben unendlich viel Zeit" verursachte er dabei jedoch ebenso Empörung seitens der Verteidigung wie mit seiner weiteren Bemerkung, dass er die Zuverlässigkeit des Anwalts der Zeugin aufgrund des bisherigen Verlaufs der Vernehmung in Zweifel ziehe. Der Anwalt war hierüber so empört, dass er verlangte, die Äußerung in die Verhandlungsniederschrift aufzunehmen, um ggf. später strafrechtliche Schritte gegen den Vorsitzenden einzuleiten. Ob nun strafbar oder nicht: Sachdienlich ist ein solches Verhalten, auch wenn einem der Angeklagte und die Zeugin die Laune verdirbt, wohl eher nicht. Einen gewissen Unterhaltungswert hatte das Schauspiel am vergangenen Montag dagegen schon.

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