Dermatologie

A. T. TeichmannHormonelle Behandlung der Akne bei Fr

Bei der Behandlung der Akne wirken Östrogene antigonadotrop, sie vermindern die Talgproduktion und erhöhen die Spiegel des sexualhormonbindenden Globulins, wodurch die Konzentration des freien Testosterons im Serum vermindert wird. Synergetisch mit den Östrogenen haben Gestagene eine antigonadotrope Wirkung, sie vermindern daher die ovarielle Produktionsrate von Testosteron. Antiandrogen wirksame Gestagene, namentlich Cyproteronacetat, vermindern auch die periphere Aktivität der 5alpha-Reductase in der Haut, zudem ist Cyproteronacetat in der Lage, die Spiegel des adrenocorticotropen Hormons und damit die adrenale Androgenbildung zu reduzieren. Alle oralen Kontrazeptiva haben aufgrund der beschriebenen Wirkmechanismen günstige Effekte auf akneiforme Hauteffloreszenzen, wobei ein Vergleich ihrer relativen Effektivität aufgrund unterschiedlicher Definitionen der Akne und ihrer Schweregrade nur eingeschränkt möglich ist. Sie sind indiziert bei milden Formen, während klinisch auffällige Manifestationen der Erkrankung gezielter Therapie mit Antiandrogenen bedürfen. Der Behandlungserfolg stellt sich mitunter erst nach Monaten ein.

Ätiologie der Akne

Die Akne vulgaris ist nicht nur ein verbreitetes Krankheitsbild, sie ist auch Gegenstand zahlreicher experimenteller und klinischer Studien, sodass heute die Kenntnis ihrer pathogenetischen Zusammenhänge als relativ gesichert angesehen werden kann. Eine wichtige Rolle spielen die zirkulierenden Serumandrogene. Ihre Synthese wird stimuliert durch das luteinisierende Hormon (LH) in den Ovarien sowie durch das adrenocorticotrope Hormon (ACTH) in der Nebennierenrinde. Ovarielle Theka- und Stromazellen sind in der Lage, Cholesterol zu Androgenen zu konvertieren. In der Haut sind vor allem die Talgdrüsen Zielorgane der Androgene. Wichtig bei der klinischen Erscheinung der Akne ist es zu wissen, dass Androgene ihre Effekte nicht allein auf die Talgdrüse selbst ausüben, sondern auch Wirkungen hinsichtlich der Sebumzusammensetzung haben. Erhöhte Androgenspiegel können zu einer abnormalen Keratinisierung führen, welche die Poren der Talgdrüsen verschließt und deren Produkt inkludiert. Im Inneren der Drüse sind Bakterien, z. B. Propionibacterium acnes, in der Lage zu wachsen und immunologische Reaktionen auszulösen. Im Falle der Akne der Frau gibt es verschiedene ätiologische Hypothesen:

  • eine Hypersensitivität der Talgdrüsen gegenüber der Androgenwirkung,
  • eine erhöhte Enzymaktivität in den Talgdrüsen, welche die Umwandlung von wenig aktiven Präkursoren in biologisch aktive Androgene fördert,
  • eine vermehrte Konzentration freier Androgene im Blut und
  • eine erhöhte periphere Androgenproduktion in Ovarien und/oder Nebennierenrinde.

Rolle der Androgene

Obwohl Androgene eine Schlüsselrolle in der Pathogenese der Akne spielen, ist die Frage kontrovers diskutiert, ob pathologisch erhöhte Androgenspiegel im Blut eine wesentliche Bedeutung haben. Allerdings gibt es Beobachtungen, dass androgenetische Störungen der Haut nur auftreten, wenn eine vermehrte Androgenproduktion, z. B. in der Pubertät, vorliegt. Darüber hinaus treten Akne, Seborrhö und androgenetische Alopezie bei Eunuchen oder Frühkastraten nicht auf. Damit wird deutlich, dass Androgene, wenn auch keine hinreichende, so doch eine notwendige Bedingung für die Entstehung der Akne sind. Die Funktion der Talgdrüsen ist androgenabhängig, sodass sich als ein logisches Therapieprinzip die Konterkarierung und Aufhebung der Androgeneffekte am Zielorgan anbietet. Die Minderung der Androgenwirkung kann über eine Rezeptorblockade erfolgen, sie kann aber auch in der Beeinflussung und Reduktion der Synthese von Androgenen und schließlich in der Verhinderung der Metabolisierung von Androgenen in den potentesten Rezeptorstimulator 5alpha-Dihydrotestosteron (DHT) bestehen. In seltenen Fällen ist die Akne der Frau zusammen mit anderen androgenetischen Symptomen Ausdruck eines ovariellen oder adrenalen androgenproduzierenden Tumors, einer kongenitalen Hyperplasie oder des Syndroms der polyzystischen Ovarien (PCOS). Eine entsprechende Differenzialdiagnostik ist bei Verdacht auf ein komplexeres Geschehen stets angezeigt.

Gegenspieler der Androgene

Aufgrund ihres Wirkmechanismus können Östrogene den Anteil freier Androgene im Serum vermindern. Gestagene können diese Effekte aufgrund ihrer antiöstrogenen Wirkung in unterschiedlichem Maße reduzieren oder aber selbst durch Suppression der endokrinen Ovarialaktivität zu einer verminderten Gesamtandrogenwirkung beitragen. Spezielle antiandrogen wirksame Gestagene, wie Chlormadinonacetat (CMA), Dienogest (DNG) und das bei weitem wirksamste Cyproteronacetat (CPA), haben über den ovariellen Effekt hinaus die Fähigkeit, die periphere Androgenwirkung zu hemmen.

Therapie mit Östrogenen

Bereits die alleinige Gabe von Östrogenen stellt ein antiandrogenes Therapieprinzip dar. Östrogene reduzieren die Talgproduktion, indem sie die glanduläre Aktivität hemmen und einen antigonadotropen Effekt ausüben. Des Weiteren vermindern sie die Aktivität der 5alpha-Reductase in der Haut und damit die Konversion von Testosteron zu 5alpha-Dihydrotestosteron. Östrogene wirken weiterhin der Bindung von DHT an den Androgenrezeptor entgegen und vermehren die Produktion und Serumkonzentration des sexualhormonbindenden Globulins (SHBG), welches den Anteil ungebundenen Testosterons im Blut mitbestimmt. Wenngleich eine Erhöhung der SHBG-Konzentration im Blut und damit Verminderung der Konzentration des freien Testosterons durchaus eine Bedeutung haben mag, wird dadurch die Konzentration des Dihydroepiandrosterons, des Dihydroepiandrosteronsulfates (DHEAS) und Androstendions aufgrund der Affinität dieser Androgene zum Albumin nicht vermindert. Nicht nur aus diesem Grunde sollte die Bedeutung des SHBG-Anstiegs unter Östrogenen, wie in der Vergangenheit gelegentlich geschehen, nicht überschätzt werden. Besonders erhebliche Vermehrungen der SHBG-Konzentrationen gehen nicht mit einer entsprechend umfänglichen Reduktion des Spiegels freien Testosterons einher. Auch wenn eine Östrogenmonotherapie in der Behandlung androgenetischer Symptome, so auch der Akne, theoretisch sinnvoll erscheint, limitiert die nicht opponierte Wirkung der Östrogene auf das Endometrium ihre praktische Umsetzung. Es kommt daher im Allgemeinen nur eine kombinierte Östrogen-/Gestagentherapie in Frage.

Therapie mit Gestagenen

Auch Gestagene offerieren in ihrer Wirkung eine sinnvolle therapeutische Strategie. Sie vermindern die Gonadotropinsekretion, vor allem die des luteinisierenden Hormons, mit entsprechender Reduktion der Androgenproduktion und -sekretion in den Ovarien. Allerdings kommt es nicht selten zu Blutungsstörungen, wenn eine Gestagentherapie ohne Zusatz von Östrogenen durchgeführt wird. Spezielle Gestagene haben neben den Wirkungen auf die endokrine Aktivität des Ovars auch periphere Wirkungen. Das Progesteronderivat Cyproteronacetat als klassisches Antiandrogen ist zu 100% bioverfügbar. Es hat neben den gestagenen und antiandrogenen Eigenschaften eine schwache glucocorticoide Wirkung und ist das zur Zeit stärkste und am meisten verwendete Antiandrogen. In niedriger monophasischer Dosierung (2 mg) wird es in der Regel in Kombination mit 35 µg Ethinylestradiol zyklisch oder kontinuierlich angewandt. Eine Vermehrung der antiandrogenen Wirkung wird durch Zugabe von 10 mg Cyproteronacetat und mehr auf der Basis des kontinuierlich kombinierten Therapieregimes erzielt, wobei das klinische Ausmaß der Akne für das Regime entscheidend ist. Wie im Falle aller Ethinylestradiol-/Gestagenpräparate sollte eine sorgfältige Familienanamnese und Evaluierung von Risikofaktoren vor der Rezeptur erfolgen. Cyproteronacetat bindet an Serum-Albumin und wird im Fettgewebe deponiert, sodass eine Halbwertzeit von zwei bis acht Stunden resultiert. Wichtigster Metabolit von Cyproteronacetat ist 5alpha-Hydroxycyproteronacetat, welches auch eine starke antiandrogene Wirkung besitzt. In der oben genannten Kombination bewirken Ethinylestradiol und Cyproteronacetat typische östrogene Effekte, abzulesen an der Erhöhung der Spiegel der Lipoproteine hoher Dichte (HDL) und der Erniedrigung der Konzentrationen der Lipoproteine niedriger Dichte (LDL), wobei ein Ansteigen der Triglyceridkonzentrationen wie bei allen östrogenbetonten Hormonkombinationen erwartet werden kann. Antiandrogene mit progestagener Wirkung (CPA, CMA, DNG) interagieren selektiv und kompetitiv mit dem Androgenrezeptor, wobei sie Bindung und Wirkung von Androgenen verhindern. Die Aufnahme von Testosteron in die Zelle wird durch steroidale Antiandrogene blockiert. Kondo und Mitarbeiter vermuten, dass steroidale Antiandrogene extrazellulär mit dem Transportsystem von Testosteron interferieren. Für Cyproteronacetat ist die gegenüber Testosteron und 5alpha-DHT kompetitive Bindung am nukleären Rezeptor nachgewiesen. Weiterhin vermehrt es möglicherweise die metabolische Androgenclearance in der Leber, während gleichzeitig die periphere Aktivität der 5alpha-Reductase in der Haut vermindert wird. Es wird angenommen, dass die Androgenproduktion bei der Hyperandrogenämie der Frau im Allgemeinen mehr LH- als FSH-abhängig ist. Als Antigonadotropin hemmt CPA, wie alle anderen Gestagene auch, vorzugsweise die LH-Sekretion. Gleichzeitig darf angenommen werden, dass CPA die ACTH-Sekretion vermindert, sodass auch adrenale Produktionsstätten für Androgene seinem Einfluss unterliegen. Es konnte gezeigt werden, dass Cyproteronacetat zusammen mit Ethinylestradiol signifikant die Plasmaspiegel des DHEAS erniedrigen kann. Auch klinische Beobachtungen sprechen dafür, dass die Kombinationen aus 2 mg Cyproteronacetat und 35 µg Ethinylestradiol sowie die biphasische Gabe von 1 bis 2 mg Chlormadinonacetat und 50 µg Ethinylestradiol bei der Akne vulgaris ein wirksames Therapieprinzip darstellen. Nach sechs Monaten der Behandlung kam es zu einem Rückgang der Hauterscheinungen von 92% in der CPA-behandelten Gruppe, um 72% bei den mit CMA behandelten Patientinnen. Eine zusätzliche topische Behandlung mit Benzoylperoxid bei einigen der Patientinnen hatte keinen Einfluss auf das Therapieergebnis. Die meisten der vorliegenden Studien zeigen, dass mit klinischen Effekten der Antiandrogenbehandlung der Akne erst nach dem 3. Therapiezyklus zu rechnen ist. Eine nahezu 100%ige Erfolgsrate stellt sich allerdings erst bei relativ langen Behandlungssequenzen ein.

Therapie mit oralen Kontrazeptiva

Wenige Studien liegen vor, in denen unterschiedliche orale Kontrazeptiva und ihr Effekt auf die Akne vulgaris nachvollziehbar verglichen werden. In diesen Untersuchungen werden oft sehr unterschiedliche Definitionen der Akne verwendet, sodass ein Vergleich der Ergebnisse im Allgemeinen nicht möglich ist. Der Effekt oraler Kontrazeptiva auf die Talgproduktion beruht im Wesentlichen auf der östrogenen Gesamtwirkung des Präparates und ist nicht direkt abhängig von Art und Dosis des verwendeten Gestagens. Coenen und Mitarbeiter vermuten sogar, dass selbst, wenn die verwendeten Gestagene eine eigene androgene Wirkung hätten, dies angesichts der Gesamtveränderungen im endokrinen Milieu kaum von Bedeutung wäre. Gleichwohl spielt das Gestagen eine Rolle hinsichtlich der Gesamtöstrogenität des Kontrazeptivums.Der SHBG-Anstieg korreliert negativ mit der Antiöstrogenität der in den Präparaten enthaltenen Gestagene. Orale Kontrazeptiva haben daher sowohl hinsichtlich direkter Wirkungen auf die Talgdrüse als auch ihrer Effekte auf die Spiegel des sexualhormonbindenden Globulins günstige Einflüsse auf androgenetische Symptome in dem Maß, in dem sie eine prädominante östrogene Gesamtwirkung ausüben. Die derzeit auf dem deutschen Markt verfügbaren kombinierten oralen Kontrazeptiva sind mithin alle in gewissem Umfang als wirksame Therapeutika einer milden oder moderaten Akne anzusehen, wobei sich die Östrogenwirkung und die überwiegend gestagenbedingte Reduktion der ovariellen Testosteronsynthese und -freisetzung synergistisch verhalten. Mittelschwere und schwere Formen der Akne sind allerdings der Therapie mit wirksamen Antiandrogenen, namentlich Cyproteronacetat, vorbehalten.

Schlussbetrachtung

Hauterscheinungen wie Akne vulgaris stellen eine erhebliche Einschränkung der psychosozialen Befindlichkeit der Patientinnen dar. Akne hat erhebliche negative Einflüsse auf das körperliche Selbstkonzept, das Selbstwertgefühl und die Kommunikationskompetenz betroffener Patienten mit der Folge deutlich erhöhter Unsicherheit und Irritation. Damit ist die Herstellung eines normalen und unbeeinträchtigten Äußeren ein Therapieziel ersten Ranges. Die vielen Facetten der Wirkung weiblicher Sexualhormone, namentlich synthetischer Gestagene mit antiandrogener Wirkung, resultieren in einem Stufenkonzept der Behandlung, an dessen Ende das wirksamste Antiandrogen Cyproteronacetat steht, welches auch tierexperimentell als effektivste Substanz profiliert werden konnte. Für viele Patientinnen mit milden Krankheitserscheinungen sind die auf dem Markt befindlichen Ovulationshemmer hinreichende Therapeutika. Zusammen mit einer guten Hautpflege und Hygiene kann eine oft befriedigende Reduktion der Hauterscheinungen erreicht werden. Dass auch Plazeboeffekte eine Rolle spielen können, ist in mehreren Studien nachgewiesen worden. Dennoch ist die Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva sowohl klinisch gut dokumentiert als auch pathophysiologisch plausibel. Mittelschwere und schwere Fälle bedürfen einer gezielteren Behandlung. Hier kommt den antiandrogen wirksamen Gestagenen auf dem Boden einer hinreichenden Östrogenisierung eine besondere Rolle zu.

Mehrere Faktoren tragen zur Entstehung der Akne bei, einer davon ist ein erhöhter Androgenspiegel im Blut. Zur Behandlung der Akne bei Frauen empfehlen sich Kombinationen des Östrogens Ethinylestradiol mit verschiedenen Gestagenen, wie sie in oralen Kontrazeptiva enthalten sind, oder mit dem noch stärker antiandrogen wirksamen Cyproteronacetat. Entsprechende Präparate senken die Androgenproduktion in den Ovarien und Nebennierenrinden und erhöhen die Spiegel des sexualhormonbindenden Globulins, das die Konzentration des freien Testosterons vermindert.

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