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BfArM steht vor großen Herausforderungen

BONN (hb). Fast genau vor einem Jahr wurde in Bonn die Deutsche Gesellschaft für Regulatory Affairs (DGRA), eine Fachgesellschaft, die sich speziell mit den regulatorischen Anforderungen an Arzneimittel (Fragen zur Zulassung) befasst, gegründet. Am 14./15. Juni 2000 hielt sie nun an gleicher Stelle ihren ersten Jahreskongress ab. Mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgten die rund 150 teilnehmenden Zulassungsexperten die Ausführungen des Leiters des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Prof. Dr. Alfred Hildebrandt. Er beleuchtete die Stellung des BfArM im nationalen und europäischen Zulassungssystem.

Hildebrandt rekapitulierte eingangs, mit welchen Herausforderungen die Zulassungsbehörde in den vergangenen fünfzehn Jahren habe fertig werden müssen, angefangen vom Zulassungsstau im Jahr 1987 über die neuen Aufgaben im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung in den Jahren 1989/90, gefolgt vom AIDS-Skandal im Jahr 1993, der Umstrukturierung des Bundesgesundheitsamtes, die in 1994 zur Gründung des BfArM geführt habe, bis hin zur Nachzulassung und dem Umzug, den die Behörde derzeit zu bewältigen habe. Daneben habe es statistisch gesehen alle 1,2 Jahre eine Novellierung des Arzneimittelgesetzes gegeben.

Deutscher Arzneimittelmarkt besonders groß

Der BfArM-Leiter unterstrich den Umfang und die Bedeutung des deutschen Arzneimittelmarktes in Europa. So kämen 30% aller Produkte auf dem europäischen Markt aus Deutschland. Auffällig für den deutschen Markt sei die im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten große Anzahl an Stärken und Darreichungsformen. Seit 1997 habe das BfArM jährlich rund 2000 Zulassungsanträge entgegengenommen, auch dies ein erheblich höherer Schnitt als in anderen Staaten.

Output des BfArM gar nicht so schlecht

Anhand des Mitarbeiterbestandes, der Zahl der Antragseingänge und der Erledigungszahlen stellte Hildebrandt den "Output" des BfArM, der in den 90er Jahren vielfach bemängelt wurde, dem der europäischen Arzneimittelagentur EMEA gegenüber. Während in Berlin/Bonn in den Jahren 1997 bis 1999 etwa 4900 Anträge bei der Behörde eingegangen seien, habe man in London rund 220 Anträge bearbeitet, und das mit einer Mitarbeiterzahl von 181 bei der EMEA gegenüber 840 beim BfArM. So schlecht stehe die deutsche Behörde im übrigen auch bei den Bearbeitungszeiten gar nicht da, meinte Hildebrandt.

Rolle der Behörde in den europäischen Zulassungsverfahren

Im zentralen europäischen Zulassungsverfahren stehe das BfArM als Berichterstatter oder Mitberichterstatter gleichauf mit Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien und auch im dezentralen Anerkennungsverfahren werde die deutsche Behörde zunehmend in Anspruch genommen. Zwar habe Großbritannien als Koordinator (Reference Member State) in den letzten fünf Jahren seit Bestehen des Verfahrens mit Abstand die größte Rolle gespielt, aber auch hier verzeichne Deutschland einen Gleichstand mit den Niederlanden, Frankreich und Dänemark.

Die Zukunftsfähigkeit der europäischen Zulassungsbehörden und damit auch des BfArM ruht aus Hildebrandts Sicht auf drei Säulen: einem guten wissenschaftlichen Standard, der Flexibilität der Ressourcen und der Vernetzung der Behörden untereinander.

Phytopharmaka als besonderes Anliegen

Nicht unerwähnt ließ er auch das besondere Engagement des BfArM für die Phytopharmaka auf europäischer Ebene. Dies werde verständlich vor dem Hintergrund, dass 47% des europäischen Marktes pflanzlicher Arzneimittel auf Deutschland entfielen. Die deutschen Behördenvertreter setzten sich nachhaltig dafür ein, dass die Phytopharmaka den gleichen Zulassungsstatus wie andere Arzneimittel behalten sollten, während andere für eine europäische "Traditionsregelung" plädierten.

Umzug und Personalbestand

Last not least schilderte und kommentierte Hildebrandt den Umzug der Behörde von Berlin nach Bonn, der in zwei großen Schritten vollzogen wird. Von den derzeit 850 Mitarbeitern seien bereits 440 in Bonn, unter anderem der Bereich Nachzulassung, um speziell hier "für stabile Verhältnisse" zu sorgen, so Hildebrandt, wenngleich sich auch die dazugehörige Fachregistratur nach wie vor in Berlin befinde.

Wegen des Umzugs seien zahlreiche Mitarbeiter aus dem BfArM ausgeschieden. Ein weiterer Personalschwund habe durch einen Personaltausch mit ehemaligen Mitarbeitern vorwiegend aus dem Deutschen Bundestag, aber auch aus dem Bundeskanzleramt, dem Auswärtigen Amt und aus den Ministerien, wie dem Bundesbauministerium, ausgeglichen werden können. Bei der Schulung des neuen Personals, das vorwiegend im mittleren Dienst angesiedelt sei, habe das Deutsche Institut für medizinische Dokumentation und Information hilfreich zur Seite gestanden. Im übrigen freute sich Hildebrandt, mitteilen zu können, sei die Finanzsituation des BfArM besser als erwartet, und es könnten noch Mitarbeiter befristet eingestellt werden.

Die Arbeiten am Institutsneubau in der Bundesstadt gingen gut voran, so dass der erste Gebäudeteil aller Voraussicht nach gegen Jahresende übergeben werden könne.

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