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AOK prangert Überkapazitäten an

BONN (im). Der AOK-Bundesverband hat sich strikt gegen Kern- und Wahlleistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgesprochen und stattdessen den Abbau der Überkapazitäten bei den Leistungserbringern angemahnt.

Überkapazitäten sieht Dr. Hans-Jürgen Ahrens, AOK-Vorstandsvorsitzender, in fast allen Versorgungsbereichen. Das Überangebot an Leistungserbringern stimuliere zusätzliche Nachfrage nach Gesundheitsleistungen. Neben den deutlich gestiegenen Arztzahlen nannte Ahrens die erhöhte Zahl an Herzkatheteruntersuchungen als Beispiel. In Deutschland würden 160 Prozent mehr Herzkatheter gelegt als in Frankreich. Seit Beginn der 90er Jahre seien die Ausgaben für Gesundheit in Deutschland spürbar angestiegen. Der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands setzt aus Kassensicht auf Steuerung über den Wettbewerb zum Beispiel bei der Bedarfsplanung der Zahl der niedergelassenen Ärzte.

Wahlleistungen falsch

Ein falscher Weg sei jedoch die Einführung von Wahl- oder Ergänzungsleistungen. Dies würde den Trend zur Risikoselektion verstärken, sagte Ahrens übereinstimmend mit Peter Kirch, dem Vorsitzenden des AOK-Verwaltungsrates. Viele Menschen sind laut Kirch nicht in der Lage, sich privat abzusichern. Da Wahlleistungen nur mit einer Gesundheitsprüfung und nach den wirtschaftlichen Regeln der privaten Krankenversicherung angeboten werden könnten, würden vor allem ältere Bürger mit Vorerkrankungen nicht mehr versicherbar sein, prognostizierte der Vorsitzende des AOK-Verwaltungsrates. Seiner Ansicht nach wird die Gentechnik den Ausschluss von Versicherten aus privaten Versicherungen noch verstärken. Aus diesem Grund seien künftig angesichts nachweisbarer defekter Gene immer mehr Menschen auf eine solidarische Absicherung ihres Krankheitsrisikos angewiesen, schätzte er.

Kirch wandte sich darüber hinaus gegen das Argument, medizinische Innovationen bewirkten eine besorgniserregende Kostendynamik. Als Beispiel dafür, dass diese nicht automatisch kostentreibend seien, nannte er die minimal invasive Chirurgie. Diese schonenden Eingriffe seien wegen der kürzeren Verweildauer der Patienten im Krankenhaus und kürzerer Arbeitsunfähigkeitszeiten wirtschaftlicher als die herkömmlichen Methoden.

Ärzte kritisieren AOK

Unterdessen hat der Präsident der Bundesärztekammer Professor Jörg-Dietrich Hoppe Agenturmeldungen zufolge die Einschätzung von Ahrens, es könnten bis zu 25 Milliarden Mark im Gesundheitswesen eingespart werden, als "polemische Agitation" scharf kritisiert. Zeitungsberichten zufolge hatte der AOK-Vorstandsvorsitzende Wirtschaftlichkeitsreserven im Markt der gesetzlichen Krankenversicherung (der 250 Milliarden Mark ausmacht) in Höhe von bis zu zehn Prozent vermutet. Beispielsweise durch den weiteren Umstieg auf Generika halten die Ortskrankenkassen Einsparungen von mehr als zwei Milliarden Mark jährlich für möglich.

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