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Technologie: Extrudierte Stärke als Hilfsstoff

Am 25. Mai hielt Dr. Hubert Rein, Universität Bonn, im Pharmazeutischen Kolloquium der Universität Düsseldorf einen Vortrag zum Thema "Neue Arzneiformen durch die Extrusion von Stärken".

Die Extrusion spielt im Bereich der Pharmazeutischen Technologie immer noch eine untergeordnete Rolle. Verwendung finden Extruder z.B. bei der Herstellung von Fettmatrizes oder vorverkleisterter Stärke. Bekannt sind auch die Arbeiten der Fa. Knoll zur Verarbeitung von diversen Kunststoffen. Aufgrund der verschiedenartigen Technologien sollte es jedoch möglich sein, jede bisher gebräuchliche feste Arzneiform kostengünstig durch entsprechende Extrudate zu ersetzen.

Transparente, amorphe Stärke

Ziel ist es zunächst gewesen, mittels Extrusion von Stärke Arzneiformen mit ausgeprägter Retardierung zu entwickeln. Aus der Lebensmitteltechnologie ist die Extrusion von Stärke seit langem bekannt. Wird z.B. bei der Herstellung von sog. Erdnussflips der Extruder nicht im korrekten Temperaturbereich gefahren, entsteht eine glasartige, transparente, amorphe Form der Stärke, die bei hoher Dichte eine außerordentliche Stabilität im physiologischen pH-Bereich zeigt.

Die reproduzierbare Herstellung dieser amorphen Form der Stärke erfordert Extruder (im Deutschen auch als Strangpressen bezeichnet) von ausreichender Leistung, damit die während des Herstellungsprozesses auftretende hohe Friktion nicht zum Festfahren der Schnecke(n) führt.

In den meisten Fällen ist es notwendig, die durch die hohe Reibung während des Produktionsprozesses entstehende Wärme abzuführen. Typischerweise verfügt ein zur Stärkeextrusion geeigneter Extruder über mehrere voneinander unabhängige, flüssigtemperierte Heizzonen. Erfolgreiche Versuche konnten mit Zweischneckenextrudern der Firmen Leistritz und Werner & Pfleiderer sowie einem Einschneckenextruder der Fa. Brabender durchgeführt werden.

Retardierte Freisetzung

Hergestellt wurde amorphe Stärke aus Kartoffel-, Weizen- und Tapiokastärke sowie diversen Formen der Maisstärke. Dabei zeigte sich, dass bei vergleichbaren Extrusionsparametern besonders Stärken mit einer niedrigen Verkleisterungsenergie zu gut retardierenden Systemen führen. Die Freisetzung folgt zumeist dem Quadratwurzelgesetz. Als Modellarzneistoffe wurden Coffein und Theophyllin verwendet.

Einen besonders guten Retardierungseffekt liefern aus Kartoffelstärke hergestellte Extrudate (90%ige Freisetzung > 24 Stunden, Coffein 30 mg bei zehnprozentiger Beladung), jedoch sind diese aufgrund der ausgeprägten Strangaufweitung nicht ohne abschließende Formgebung anwendbar. Extrudate mit angenehm glatter Oberfläche erhält man bei Verwendung von Tapioka- und Weizenstärke.

Da die Freisetzungsrate bei fehlerfrei hergestellten Produkten exakt der Gleichung nach Lapidus m = cL • A • CFt (cL = Lapiduskonstate, m = freigesetzte Wirkstoffmasse, A = Oberfläche der Arzneiform und t = Freisetzungszeit) folgt, kann die abgegebene Arzneistoffmasse genau vorausgesagt werden.

Vermindertes Wasserbindungsvermögen

Beeinflussen lässt sich die Freisetzungsrate durch die verwendete Stärkesorte sowie den Wassergehalt während der Extrusion. Dies war zunächst überraschend, da die Restfeuchte der hergestellten Extrudate nach Lagerung sich unabhängig vom Wasserzusatz während der Extrusion auf ca. 9% einstellt. Die Gleichgewichtsfeuchte der verwendeten Extrusionsmischung lag in diesem Fall vor der Wasserzugabe bei ca. 11%, d.h., im amorphen Zustand kann die Stärke wesentlich weniger Wasser binden als in ihrer nativen Form.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass amorphe Stärke als Matrix zur Herstellung retardierender Arzneiformen geeignet ist. Der Vorteile der Extrusion liegt u.a. darin, dass zur Herstellung der beschriebenen Arzneiformen lediglich Stärke und ein geeigneter Wasserzusatz erforderlich ist. Bei entsprechender Auslegung des verwendeten Extruders können die Prozesse des Mischens, Extrudierens, die Formgebung und - falls erforderlich - die Trocknung innerhalb eines Gerätes vereinigt werden.

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