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Eine spannende Frage, auf die heute keiner eine sichere Antwort weiß. Denn es gibt gleich mehrere Faktoren, die das Verhalten des Verbrauchers mitbestimmen werden:

Gesundheitspolitische Entwicklungen. Noch ist immer nicht sicher, ob es eine Positivliste geben wird. Sollte sie aber tatsächlich kommen, kann dies einerseits zu Substitutionseffekten kommen, es könnte allerdings auch mit einem Anstieg des Selbstkaufs von Arzneimitteln einhergehen, wenn Ärzte ein gewünschtes Präparat nicht mehr verordnen dürfen oder wollen. Der zunehmende Budgetdruck wird die Ärzte ohnehin dazu anhalten, weniger zum Rezeptblock zu greifen. Denkbar ist aber auch, dass OTC-Arzneimittel generell aus der Erstattungsfähigkeit zu Lasten der Krankenkassen ausgegrenzt werden. Dies allein deutet schon darauf hin, dass die Selbstmedikation wachsen wird.

Warenangebot. Es gibt Anzeichen dafür, dass weitere Arzneimittel aus der Verschreibungspflicht entlassen werden. Der Markt an potenten, apothekenpflichtigen Stoffen, die für die Selbstmedikation zur Verfügung stehen, weitet sich aus. So gut wie sicher ist aber auch, dass das Angebot an freiverkäuflichen Arzneimitteln und an Nahrungsergänzungsmitteln größer wird. Das "Arzneimittelsortiment" bei Aldi, Schlecker, dm & Co. wird wachsen. "Konkurrenz" bekommen die Freiverkäuflichen und das Warenangebot der Apotheke durch Functional Food und Nutraceuticals, also Lebensmitteln, die mit Gesundheitsversprechen antreten (Johanniskraut im Joghurt) sowie durch Cosmeceuticals, also Kosmetika, die sich verstärkt einen medizinisch-therapeutischen Anstrich geben.

Vertriebskanäle. Drogeriemärkte und das Mass-market-Geschäft rüsten ihre Gesundheitsregale auf, auch die Versandhäuser erweitern und stärken ihr Arzneisortiment. Die Preise in diesen Märkten sind nahezu konkurrenzlos günstig (z. B. Preisverfall bei Vitamin-Brausetabletten). "Smart shopper" lassen solche Produkte, die sie kennen und die ohne Beratungsbedarf sind, bei Aldi in den Einkaufswagen wandern.

Hinzu kommen die virtuellen Drogeriemärkte und Apotheken im Internet. Im Ausland ansässige Apotheken versuchen, auch in Deutschland Kunden zu gewinnen (z. B. 0800DocMorris.com in den Niederlanden) und sich die Rosinen heraus zu picken. Drogeriemärkte im Internet (z. B. vitago.de) haben bereits in Deutschland Fuß gefasst und stehen in den Startlöchern, sollte in Deutschland das Versandhandelsverbot mit Arzneimitteln gelockert werden oder fallen.

Und dann Europa! Mittlerweile ist die EU für Entwicklungen im deutschen Gesundheitswesen zum Unsicherheitsfaktor Nr. 1 geworden. Wer will heute seine Hand dafür ins Feuer legen, dass nicht irgendeine Klage vor dem europäischen Gerichtshof doch noch Fremd- und Mehrbesitzverbot, Versandhandelsverbot und die Arzneimittelpreisverordnung zu Fall bringen wird?

Bei allen möglichen dunklen Szenarien: auch wenn die eine oder andere Veränderung denkbar ist oder sich gar abzeichnet, letztendlich wird der Kunde und sein Verhalten den Ausschlag geben. Und da sehe ich für die Apotheke, wie sie heute existiert, beste Chancen - wenn sie das beherzigt: Service, Beratung und Freundlichkeit. Hinein in Beratungsnischen. Im Mittelpunkt steht der Kunde, der Patient und seine Betreuung. Kein Preiskampf mit den Dromärkten, lieber auf Premiummarken setzen. Und: keine Angst vorm Internet - die Apotheke um die Ecke hat unschlagbare Vorteile im Vergleich zur Internetapotheke in Holland, USA oder sonst wo. Denn jeder Versand kostet Zeit und Geld und birgt Unsicherheiten.

Also: Grund zum Feiern, heute am Tag der Apotheke! Die Selbstmedikation wächst, Apotheken werden gebraucht. Und falls Sie einen Blick in die nahe Zukunft der Apotheke werfen möchten, besuchen Sie die Pharmaxie auf der Expo.

Peter Ditzel

Selbstmedikation - wo und wie kauft man morgen seine Arzneimittel?

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