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Kopfschmerzen und Migräne

Nun schon zum sechsten Mal hatte die Apothekerkammer Sachsen-Anhalt ihre Mitglieder in diesem Jahr in den Harz, nach Alexisbad, zu einem intensiven Fortbildungswochenende eingeladen. Mit dem Rahmenthema Kopfschmerz und Migräne war ein Gebiet gewählt worden, das viele Apotheker persönlich betrifft. In der Apotheke gehören die Kopfschmerzpatienten zum Alltag, oft sind sie Poblempatienten, die einer intensiven Betreuung bedürfen.

Arzneimittel bei Migräne

In seinem Einführungsvortrag sprach Dr. Hartmut Lins, Oberarzt an der Klinik für Neurologie der Universität Magdeburg, zur Migräne, einer schon im Altertum beschriebenen Erkrankung. Zunächst definierte er die Migräne als eine Erkrankung der Gerhirnzellen und erläuterte Schmerzsymptome sowie vegetative Begleitsymptome.

Nach kurzen Ausführungen zur Pathophysiologie der Migräne – auch heute gibt es noch kein schlüssiges Konzept über alle ablaufenden Pathomechanismen – und zur Diagnostik, die im Wesentlichen auf dem Gespräch mit dem Patienten beruht und durch apparative Maßnahmen nur unterstützt wird, ging der Referent auf die Arzneimitteltherapie ein.

Die Therapieempfehlungen für Migräne folgen in Abhängigkeit von der Schmerzstärke einem Stufenschema.

  • Mit Acetylsalicylsäure, Paracetamol oder Ibuprofen und einem Motilitätshemmer lassen sich in den meisten Fällen gute Erfolge erzielen. Entscheidend ist eine ausreichend hohe Dosierung.
  • Die neueren, spezifisch migränewirksamen Arzneimittel, die Triptane, haben Vorteile gegenüber der herkömmlichen Therapie, aber auch Probleme (Nebenwirkungen, Indikationseinschränkungen).

    Prophylaktische Maßnahmen sollten sich zunächst auf eine gesunde Lebensweise und das Meiden auslösender Faktoren beschränken. Treten dennoch sehr häufig Migräneattacken auf, ist eine medikamentöse Prophylaxe in Erwägung zu ziehen. Ob Betablocker, Flunarizin oder andere Arzneistoffe – in jedem Fall sind Nutzen und Risiken abzuschätzen und vorhandene Begleiterkrankungen einzubeziehen.

    Ätherische Öle bei Spannungskopfschmerz

    Über nicht medikamentöse Möglichkeiten, Kopfschmerz und Migräne zu bekämpfen, referierte Dr. Claus-W. Wallesch, Direktor der Klinik für Neurologie der Universität Magdeburg. Er arbeitete die unterschiedlichen Kopfschmerztypen heraus und betonte, dass in jedem Fall versucht werden muss, die Ursache zu ergründen. Ob schmerzmittelinduziert, Nebenwirkung anderer Arzneimittel, ein "ganz normaler" Spannungskopfschmerz oder Migräne – eine möglichst kausale Therapie ist besser als jede symptomatische Therapie. Deshalb sollte vor jeglicher Arzneimittelanwendung die Verhaltenstherapie – als vielleicht wichtigste "Alternative"– stehen.

    In der Literatur werden zwar naturheilkundliche Maßnahmen zur Kopfschmerzbekämpfung – von Schröpfen über Bioresonanzmethoden bis hin zu Bachblüten – beschrieben, gesichert sind jedoch nur wenige Maßnahmen.

    Nach Meinung des Referenten sind weder Schröpfen, noch Physiotherapie noch Homöopathie erfolgreiche Migränetherapien. Andererseits belegen Studien die Wirksamkeit ätherischer Öle (insbesondere Pfefferminzöl) bei Spannungskopfschmerz. Diese Erkenntnisse werden selbst im klinischen Bereich – bei entsprechender Indikation – neben verhaltenstherapeutischen Maßnahmen genutzt.

    Erfahrungen aus der Apothekenpraxis

    Zu Möglichkeiten und Grenzen der Selbstmedikation des Kopfschmerzes diskutierte Dr. Lins als Kliniker mit den Apothekerinnen und Apothekern. Ausgehend von den wichtigsten Kopfschmerztypen wurden die bevorzugten Therapiestrategien vorgestellt. Die Teilnehmer nutzten intensiv die Möglichkeit, Fragen des Alltages wie Einflussmöglichkeiten des Apothekers auf die Reduzierung des Schmerzmittelgebrauches, Plazebo in der Schmerztherapie oder Stellenwert der Akupunktur zu besprechen.

    Dass auch der Migräne-Patient in der Apotheke speziell beraten und pharmazeutisch betreut werden kann, zeigte Apothekerin Peggy Münch, Hamburg, eindrucksvoll. An Hand von Fallbeispielen wurden Beratungsempfehlungen diskutiert, Erfahrungen der Teilnehmer eingebracht und eigene Handlungsweisen auch einmal kritisch hinterfragt. Einig war man sich darin, dass der Apotheker viele Tipps und Hinweise für den Migräneoder aber auch den Kopfschmerzpatienten bereithält, dass es aber schwierig ist, diese wirkungsvoll zu vermitteln.

    Mit Schmerzmittelmissbrauch ist wohl jeder Apotheker schon konfrontiert worden. Dr. Christiane Hermann, Lehrstuhl für Klinische Psychologie der Humboldt-Universität Berlin, legte den Schwerpunkt ihres Seminares auf den medikamenteninduzierten Kopfschmerz. Die Teilnehmer erhielten Kriterien an die Hand, mit denen sich eine erste Einschätzung zur Wahrscheinlichkeit eines Missbrauches von Schmerzmitteln vornehmen lässt. Der Apotheker kann dem Patienten einen Anstoß und Hinweise geben, wie dieser sein Problem bewältigen kann. Aber nur fachärztliche, in der Regel stationäre Betreuung mit Schmerzmittelentzug und psychologischer Begleitung führt letztlich zum Erfolg, meinte die Referentin.

    Was bringt die Pharmazeutische Betreuung?

    Da in diesem Jahr in Sachsen-Anhalt ein neuer Weg in Richtung Pharmazeutische Betreuung von Diabetes-Patienten beschritten wurde, waren die Chancen dieser Aktivitäten der Apotheker auch Gegenstand des berufspolitischen Forums. Für dieses Thema konnte Dr. Frank Verheyen, Referent für Pharmaceutical Care im Zentrum für Arzneimittelinformation und Pharmazeutische Praxis der ABDA, gewonnen werden. Er stellte in kurzer Form die Ergebnisse der Hamburger Asthma- Studie vor, die – als erste Untersuchung dieser Art – den Nachweis der Wirksamkeit der Pharmazeutischen Betreuung zum Ziel hatte. Durch die Intervention der Apotheker konnte das anfangs relativ geringe Wissen der Asthmatiker zu ihrer Erkrankung, zu den anzuwendenden Arzneimitteln und zu den Inhalationstechniken wesentlich verbessert werden. Bei Studienende meinten die Patienten, dass sich ihre Lebensqualität und ihr Gesundheitszustand verbessert hätten – die Patienten hatten gelernt, ihre Erkrankung besser zu managen. Der Referent machte deutlich, dass diese erste Studie selbstverständlich nicht auf alle heute anstehenden Fragen eine Antwort geben kann. In eine nächste Studie über den Nutzen der Pharmazeutischen Betreuung werden mehrere Bundesländer einbezogen.

    Die Apotheker sind – das zeigte auch das 4. ABDA-Symposium zur Pharmazeutischen Betreuung in Hamburg – hochmotiviert. Sie bereiten sich aktiv auf die neuen Aufgaben vor. Noch ist es schwierig, Patienten zur "Mitarbeit" zu gewinnen und mit den Ärzten ins Gespräch zu kommen. Auch die Dokumentation zum Patienten, seiner Medikation und den wesentlichen Gesprächsinhalten ist für den Nachweis der Aktivitäten in der Apotheke zwingend erforderlich.

    Durch EDV-Unterstützung wird dies zunehmend einfacher. Dr. Verheyen schloss mit dem Ausblick, dass die Pharmazeutische Betreuung ein wichtiger Teil der Tätigkeit der Apotheker werden wird. Auf dem Weg dahin hat die Apothekerschaft den Gipfel zwar noch nicht erklommen, ist diesem Ziel in den letzten Jahren jedoch schon ein ganzes Stück nähergekommen.

    Bei einer zweitägigen Fortbildung durfte auch Entspannung nicht fehlen. Wichtig waren ebenso die kollegialen Gespräche am Rande der Veranstaltung – wie beim Samstagabend, der in gemütlicher Runde mit heiterer kultureller Umrahmung und Tanzmusik ausklang.

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