Arzneimittel und Therapie

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa bei Kindern: Immunsuppressiva statt Stereoide?

Prinzipiell werden Kinder mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa nach den gleichen Kriterien behandelt wie auch Erwachsene mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung. Allerdings besteht fast immer eine Wachstumsstörung. Deshalb sind konsequent Steroide zu reduzieren. Als therapeutische Alternative bieten sich Immunsuppressiva und notfalls die Operation an.

Jeder dritte Patient mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung erkrankt vor dem 18. Lebensjahr, ein weiteres Drittel von ihnen sogar vor dem zehnten Lebensjahr. Da die Patienten dank der modernen Therapiestrategien eine durchaus normale Lebenserwartung haben, fallen Nebenwirkungen der Therapie bei ihnen besonders ins Gewicht. Zwar werden Kinder und Jugendliche mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen nach den gleichen Standards behandelt wie Erwachsene, einige Besonderheiten wie die voraussichtlich längere Krankheitsdauer sind jedoch zu berücksichtigen.

Dazu gehört auch die deutlich längere diagnostische Latenz im Vergleich zu erwachsenen Patienten. So dauert es bei Kindern im Durchschnitt ein halbes Jahr, bis eine Colitis ulcerosa und sogar zwei Jahre, bis der Morbus Crohn diagnostiziert wird. Bei der Diagnosestellung ist in 30Prozent der Fälle allerdings schon eine manifeste Wachstumsstörung festzustellen, die sich selbst bei rasch einsetzender effektiver Therapie nicht immer voll aufholen lässt. Die Wachstumshemmung beruht auf der Krankheitsaktivität selbst, so dass primär für eine effektive antientzündliche Behandlung gesorgt werden muss.

Alternativen zu Steroiden: Immunsuppressiva

Mittel der Wahl sind üblicherweise Steroide, doch ist gerade dies bei Kindern wegen des wachstumshemmenden Nebeneffektes dieser Medikation nicht unproblematisch. Deshalb muss frühzeitig nach therapeutischen Alternativen gesucht werden. Hier bieten sich Immunsuppressiva wie Azathioprin an, die in ihrer Bedeutung aber noch oft unterschätzt werden. Auch bei Erwachsenen werden die therapeutischen Optionen, die Immunsuppressiva bieten, oft noch unzureichend genutzt. Dies gilt unter anderem für den Remissionserhalt beim Morbus Crohn, bei dem Steroide nur einen begrenzten Effekt haben.

Remission mit Azathioprin erhalten

Noch fehlen kontrollierte Langzeitstudien, doch deuten die vorliegenden Daten an, dass mit Azathioprin ein Remissionserhalt bei Morbus Crohn besser möglich ist als mit anderen Therapieregimen. So ergab eine postoperative Beobachtungsstudie, in der Morbus-Crohn-Patienten mit 2 mg/kg Körpergewicht Azathioprin täglich behandelt wurden, eine mit 9Prozent im ersten Jahr vergleichsweise niedrige Rezidivrate. Diese lag nach zwei Jahren bei 19 und nach drei Jahren bei 26Prozent und war damit geringer als erwartet. Dies trifft auch auf die endoskopische Rezidivrate zu, die mit 21Prozent nach ein und bei 31Prozent nach zwei Jahren ermittelt wurde. Deshalb sehen die Experten mittlerweile bei allen Patienten mit kompliziertem Crohn und mehreren vorangegangenen Resektionen eine klare Indikation für das Immunsuppressivum.

Engmaschige Kontrollen sind notwendig

90 Prozent der Patienten vertragen Azathioprin dabei ohne relevante Nebenwirkungen. Bei jedem Zehnten aber ist mit Nebenwirkungen wie allergischen Reaktionen, Fieber, Hautausschlägen, Übelkeit, einer Pankreatitis und in seltenen Fällen einer Hepatitis oder sogar einer Leukopenie zu rechnen. Allergische Nebenwirkungen sowie die Leukopenie sind nicht dosisabhängig und können nicht verhindert werden. Auch eine Leukopenie ist durch prätherapeutische Enzymbestimmungen nur im Ausnahmefall vermeidbar, so dass eine engmaschige Überwachung der Patienten mit entsprechenden Blutbildkontrollen unverzichtbar ist.

Darmresektion ist oft unvermeidbar

Zeichnet sich bei Kindern und Jugendlichen ab, dass eine Darmresektion unvermeidbar ist, was nach fünfjähriger Krankheitsdauer bei 35 bis 45 Prozent der Patienten der Fall ist, so sollte mit dem Eingriff nicht gezögert werden. Denn nach der Darmresektion erleben die Kinder fast immer einen erheblichen Wachstumsschub, sie wachsen dann weit stärker als ihre Altersgenossen und holen unter Umständen so weit auf, dass sie eine fast normale Endgröße erreichen.

Quelle

Nach Vorträgen von Privatdozent Dr.R. Behrens, Erlangen, Prof. Dr. E. Stange, Lübeck, und Prof. Dr. V. Groß, Amberg, beim 11. Interdisziplinären Symposium über chronisch entzündliche Darmerkrankungen: "Aktuelle therapeutische Strategien bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn" am 28. April 2000 im Rahmen des Internistenkongress in Wiesbaden, veranstaltet von der Falk Foundation.

Christine Vetter, Köln

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